Zm 20-Jahrjubiläum und speziell für die DIAGONALE feiert die Kultband aus dem Jahre 1996 ihre Reunion und lebt für eine kleine Tournee wieder auf.
Als Christof Kurzmann 1996 gemeinsam mit Christian Fennesz sein Orchester 33 1/3 zusammenstellte, wurde der vorgelegte Sound als künstlerisches Mittel des politischen Dissenses gefeiert. Offenheit ohne Beliebigkeit, lautete das Credo. Ähnliches ließe sich für das Video-Porträt des Orchesters vermerken, das 1998 von Peter Hörmanseder (heute Teil der Kabarett-Formation Maschek) realisiert wurde und die Partituren des Orchesters ins Filmische übersetzte. (eine nachbearbeitung des Portraites ist zuvor im LEO-KINO zu sehen.)
Fritz Ostermayer, Katalog Diagonale’98: Bedenkt man die ökonomischen Voraussetzungen für die Existenz einer zeitgenössischen Big Band, grenzt es an ein Wunder, dass es das Orchester 33 1/3 überhaupt gibt. Liest man die Besetzung dieses heterogenen Klanghaufens, dann fragt man sich, wie das alles zusammengehen soll. Hört man schließlich die göttlich wundersame CD des Orchesters, kommt das einer akustischen Marienerscheinung gleich: Wunder über Wunder! Ein Wunder aber muss dokumentiert werden, zur Sammlung der Gläubigen und Bekehrung der Ungläubigen. Peter Hörmanseders Film leistet diese Aufgabe.
Die Revisited Besetzung:
Christof Kurzmann - Saxophon, Klarinette, Elektronik
Thomas Berghammer - Trompete
Franz Hautzinger - Trompete
Viola Falb - Saxophon, Bassklarinette
Susanna Gartmayr - Saxophon, Bassklarinette
Günther Castanetti - Percussion, Octopad
Johanna Forster - Gitarre
Klaus Filip - Elektronik
Michael Krupica - Akustikbass
Michael Moser - E-Bass
Katharina Ernst - Schlagzeug
plus 2 lokale heroes.
„Rock mit Improvisation, Jazz und Jungle, Akustisches und Elektronisches, Easy Listening und Breakbeats, Bläsersätze und Sampler, Ambient und Arrangements.“
Als Christof Kurzmann 1996 gemeinsam mit Christian Fennesz sein Orchester 33 1/3 zusammenstellte, wurde der vorgelegte Sound als künstlerisches Mittel des politischen Dissenses gefeiert. Offenheit ohne Beliebigkeit, lautete das Credo. Eine Offenheit also, die zwar mit der Leichtigkeit des „anything goes“ verwandt, aber dennoch nicht mit dem weichgezeichneten Crossover der Hotel-Lounges und Buddha-Bars zu verwechseln war, wie Ueli Bernays damals punktgenau anmerkte. Ähnliches ließe sich für das Video-Porträt des Orchesters vermerken, das 1998 von Peter Hörmanseder (heute Teil der Kabarett-Formation Maschek) realisiert wurde und die Partituren des Orchesters ins Filmische übersetzte.
Davon, wie sehr sich die Trias Pop, Musik und Film seither – abseits der Technikgeschichte – gewandelt hat, erzählt schon der Orchester-Name, der für jüngere „post-analoge“ Generationen nur mehr schwer decodierbar ist. Es bleibt der Technik vorbehalten, den Fortschritt voranzutreiben, während es Inhalte und Ästhetik sind, die den naiven Fortschrittsglauben in die Schranken zu weisen. „Retromania“ nennt der amerikanische Pop-Diagnostiker Simon Reynolds den Zeitgeist und verweist auf einen Großteil der Gegenwartsmusik(en), die – getrieben von der Sehnsucht nach Innovation – längst ein neoliberales Credo mitschleifen und das Immergleiche in vermeintlicher neuer Aufmache anpreisen. Ein Denken, das auch die Wahrnehmung von Kunst und Kultur penetriert und formt. Ein Denken, das das Orchester 33 1/3 beharrlich zu verweigern sucht(e):
Schon am Anfang der Orchestergeschichte wurde Christof Kurzmann als hellwach gelobt – gegenüber der Musik/den Musiken seiner Zeit, gegenüber dem vermeintlichen Zeitgeist. Tatsächlich ist es erstaunlich, wie gegenwartspointiert die Materialästhetik des Orchester 33 1/3 noch heute ist. Einiges, was damals aufgenommen wurde, blieb unveröffentlicht. Im Herbst 2015 erscheint dieses Ungehörte auf einer neuen LP.
20 Jahre nach dem Zusammenkommen des Orchester 33 1/3 lädt die Diagonale zu einem umfangreichen Revisited in Bild und Ton:
Peter Hörmanseder wird den damals im Rahmen der Diagonale 1998 uraufgeführten Film einer Neubearbeitung unterziehen und erneut in Graz als Welturaufführung präsentieren. Auch in der neuen Schnittfassung werden die typischen Eigenheiten der Video-Technik kenntlich sein und wird man dem Orchester seinen historischen Index anhören, was wiederum mit der Neuformation des physischen Orchesters korrespondiert:
Schon Ende der Neunziger war es eine Besonderheit des Orchester 33 1/3, jeden Live-Auftritt mit Gästen aufzuwerten. Beim Konzert im Alten Schl8hof (Wels) – jenes Konzert, das Peter Hörmanseder filmisch gebannt hat – verstärkte etwa der legendäre Peter Brötzmann das Ensemble. Zumeist waren die Gastmusiker Männer, wie auch das Orchester selbst ausschließlich aus Musikern bestand. Es ist naheliegend, notwendig und stimmig, dass aktuell sämtliche Neubesetzungen und Gäste des Orchesters Musikerinnen sind, die mit ihrer musikalischen Sozialisation und ihrem Spiel einer anderen Generation angehören. Erneut verschreibt sich das Orchester 33 1/3 also jener Technik, von der schon damals Faszination und Begeisterung ausgingen: dem Experiment und dem Aufbrechen von Konventionen.