Allzuleicht macht es das Treibhaus seinen möglichen Besuchern wirklich nicht. Mehr als in einer Weise steht es abseits vom Innsbrucker Tourismustrampelpfad und der diesen unterwürfig ebnenden Kultur. Zwar zentral in der Innenstadt gelegen, weisen keine Schilder den richtigen Weg. Man muss das Treibhaus, wie alle schönen Plätze, suchen. Wer es allerdings gefunden hat, der findet im und um den achteckigen Turm eine Heimat für die Künstler des Landes und der Welt und diejenigen, die als Gäste hierher kommen, eine Stätte der freien Phantasie und der unbeengten Kreativität, einen verspielten Platz für Eltern, einen Spiel-Platz für Kinder jeden Alters und einen Ort des Gesprächs für alle.
RUDOLF SCHOLTEN.
im Jahre Schnee, als Österreich noch einen Kulturminister hatte.
Ich kenn keinen Platz in ganz Österreich, der so einmalig und bunt ist wie das Treibhaus in Innsbruck.
Wo Mütter und Kleinkinder, Jazzstars und Nachwuchsmusiker, Punks und Primarärzte, Schauspieler und Zeitungsleser ein- und ausgehen.
Wohlgemerkt: mit Respekt voreinander.
Üblich sind die Kabarettlokale. Dort sind die Kabarettisten mit ihrem Publikum.
In den Jazzclubs sind die Jazzer unter sich.
Die Mütter sind entweder daheim oder auf dem eingezäunten Kinderspielplatz.
Das Treibhaus dagegen ist alles in einem und noch viel mehr:
Ein einmaliger Spielplatz für kleine und für grosse Menschen.
So entsteht etwas,
das allen in die Kindheit scheint
und worin noch niemand war: HEIMAT
(ernst bloch)
Wir singen
die Geschichte der Liebe
das Drama der Dummheit
die Hoffnungslosigkeit des Geizes
die Zärtlichkeit der Gefühle
die Grausamkeit des Hungers
die Heiterkeit des Lachens
die Schönheit der Freundschaft
und den Zorn der Gerechten
LASSET UNS SINGEN
TANZEN UND SPRINGEN
Es wird erlassen,
dass von nun an die Wahrheit zählt
und dass das Leben zählt
un dass wir alle Hand in Hand
für das wahre Leben arbeiten
Es wird erlassen,
dass jeder Wochentag,
auch der Dienstag
der aschfarbenste von allen,
das Recht hat,
sich in einen Sonntagmorgen
zu verwandeln
Es wird erlassen,
dass von nun an in allen Fenstern
Sonnenblumen stehen
und dass Sonnenblumen
das Recht haben
sogar im Schatten aufzublühen;
und alle Fentster
müssen den Ganzen Tag
dem Grünen zu geöffnet bleibe,
dorthin wo die Hoffnung wächst
Es wird erlassen,
dass der Mensch niemals mehr
am Menschen zu zweifeln braucht,
dass der Mensch
dem Menschen vertraut,
dass die Palme dem Wind vertraut
wie die Luft dem blauen Feld vertraut.
Es wird erlassen,
dass die Menschen
frei vom Joch der Lüge sind.
Niemals wird es mehr vonnöten sein,
den Harnisch des Schweigens zu gebrauchen,
noch die Waffen der Wörter.
Der Wolf und das Lamm
werden gemeinsam weiden,
und die Nahrung beider wird nach Morgenröte schmecken.
Es wird erlaubt,
dass das tägliche Brot
das Brandmal des Schweißes
im Menschen trägt;
vor allem aber soll es immer
den warmen Geschmack
der Zärtlichkeit haben
Es wird erlassen,
dass nichts mehr erzwungen
noch untersagt sein wird.
alles wird erlaubt sein,
vor allem
mit dem Rhinozeros zu spielen
und am Nachmittag
mit einer riesengroßen Begonie im Knopfloch
spazieren zu gehen.
Er gibt so viel Mais zu pflanzen
so viele Kinder zu unterrichten
so viele Kranke zu heilen
so viele Lieder zu singen
so viel Gesang
Ich singe ein Land,
das bald geboren wird
verkündet es auf den Inseln
die Mädchen werden sich freuen beim Tanz.
• Das Treibhaus ist unabhängig.
Unabhängig von Parteien, Kirchen, Körperschaften aber offen allen kreativen, künstlerischen, sozialen und politischen Äußerungen, die den Mitmenschen respektieren und die Würde des Menschen als Mitmensch definiert.
• Die kulturelle Zielsetzung
geht davon aus, dass Kultur gestaltender Beitrag zur Lebensbewältigung sein soll. Nach Maßgaben technischer und finanzieller Möglichkeiten sollen möglichst relevante Kulturformen und kulturelle Inhalte vermittelt werden: um ein vielfältiges Spektrum von Auseinandersetzung stattfinden zu lassen.
• Die künstlerische Zielsetzung
geht davon aus, dass Menschen, die sich kreativ und künstlerisch betätigen, ganz besonders im Treibhaus gefördert werden und ganz besonders dann, wenn sie innovativ und experimentierfreudig sind. Dass sie sich dort ein Publikum und damit einen Ort des Ernst-Genommen-Werdens erarbeiten können und damit auch einen Teil der Finanzierung ihrer Projekte und ihrer Lebenssicherung.
• Die kulturpolitische Zielsetzung
ist darauf ausgerichtet, gesellschaftliche Zusammenhänge und Gegensätze bewusst zu machen, die eigenen und die Interessen Benachteiligter politisch zu vertreten und solidarisches Handeln einzuüben
• Die sozio-kulturelle Zielsetzung
geht davon aus, dass Kultur allen "gehört", KULTUR FÜR ALLE ist mehr als Schlagwort. Auf persönlichen Gewinn ausgerichteter Kommerz ist ausgeschlossen, dafür sollen die Angebote im Treibhaus billiger und kommunikationsfreudiger ausgerichtet sein, um damit allen sozialen Schichten die Möglichkeit einzuräumen, an der kulturellen Realität teilzuhaben
Das Treibhaus: von Anfang an verpflichtet den Kreativen im Land
und musikalisch-künstlerisches Fenster in der rundum bestimmenden Nordkette.
Ein Fenster aus Satire, Jazz und Weltmusik, abseits der Moden und manchmal sogar selbst in Mode gekommen.
Das Treibhaus bleibt seinen Wurzeln treu, macht Platz für einen Platz.
Ein Platz definiert durch die umliegenden Gebäude. im Bestreben, Zäune und Mauern abzubauen, auch Zäune in den Köpfen.
Das wär dann der Volksgarten.
Das ganze Treibhaus als Platz am Volksgarten:
offen, tolerant, mitten in Innsbruck eine Brücke zwischen den Generationen und den sozialen Schichten.
1975 Kulturreferat der Hochschülerschaft an der Universität Innsbruck
1977 Eröffnung des KOMM - Kommunikations & Kulturzentrum der ÖH als größtes autonomes, selbstverwaltetes Kulturhaus West-österreichs
1981 Aufbau des ersten Treibhauses im Innsbrucker Stadtteil Pradl - gedacht als als Stadtteil-Kulturzentrum:
Eröffnung: Werner Pirchner und das Vienna Art Orchestra. Eintritt: ein Blumenstock
1986 Nach der Erstbesteigung des Bergisels mit Gianna Nannini Neubau des Treibhauses als achteckiger Theaterturm am Rande der Altstadt (Architekten: Rainer Köberl, Gerhard Manzl, Raimund Rainer)
1993 Ausbau des Tagesbetriebes zum Treffpunkt mit kulturellen und kommunikativen Einrichtungen für Kinder und ihre Erwachsenen. Das ist der Dschungel, mein Lieber.
1995 OPEN AIR KINO im Zeughaus (gemeinsam mit dem Cinematograph) - ein Monat "cinema sotto le stelle" mit alljährlich weit über 10.000 Besuchern
1996 Neben dem alltäglichen ganzjährigen Kultur- und Veranstaltungsbetrieb: PROJEKT VOLKSGARTEN als soziokulturelle und stadtplanerische Vision eines Kulturparks, das die Innsbrucker Innenstadt verändert. ist nach 3 Jahren sanft entschlafen - doch als Wachtraum lebendig.
2001 Generalsanierung. Erweiterung. Nach drei Jahren zähem Kampf und ständigem Umplanen (Architekt Reinhardt Honold und das Treibhausteam)
NOVEMBER 2001: eröffnet nach achtmonatigen Umbauarbeiten DAS NEUE TREIBHAUS als Platz am Volksgarten.