Wenigen österr. Musikern ist es gelungen, in den USA, "Footprints" zu hinterlassen. Neben Joe Zawinulist: Karl Ratzer. Karl Ratzer: guitar, vocals / / Peter Herbert: bass / / Howard Curtis: drums.
Liner Notes zur CD KARL RATZER TRIO / MY TIME von Christoph Huber / Porgy & Bess:
Der große Meister des entschleunigten Saitenspiels präsentiert sich nun erstmals im Trio-Format. Gemeinsam mit dem genialen Bassisten Peter Herbert und dem fantastischen Schlagzeuger Howard Curtis spielt und singt er sich durch das Great American Songbook, dass es eine wahre Freude ist. Nach seiner bemerkenswerten vorletzten Veröffentlichung mit dem bezeichnenden Titel „You’ve Changed“ (2011), auf der Ratzer seine „favorite standards“ interpretiert, stellt „My Time“ die logische Fortsetzung dar – nur noch reduzierter und noch fokussierter. Derart relaxt und „laid back“, so subtil und „leise“, so feinfühlig und -sinnig hat man Karl Ratzer wohl noch nie gehört. Alle Songs sind dem Balladenfach zuzuordnen, auch wenn der Opener (ein Ratzer-Original) den Titel „Down for R & B“ trägt (das einzige Instrumental des Albums übrigens). Es folgt eine berührende Version des Ellington-Hits „Come Sunday“, die den Sänger Karl Ratzer in den Mittelpunkt rückt, und – Chapeau! – Ton sowie Phrasierung sind einzigartig und seinem Gitarrenspiel prinzipiell nicht unähnlich, weil beide (Stimme und Instrument) die außergewöhnliche Musikalität des Künstlers unter Beweis stellen. Karl Ratzer ist ein Weltklasse-Musiker, der völlig zu Recht von Instrumental-Kollegen hoch geschätzt wird und allgemein als „musician’s musician“ gilt. Auf „Time“ sei verwiesen, die zweite Eigenkomposition auf diesem Album, eine Hymne an die Vergänglichkeit und ein Hohelied auf „seine Zeit“, die hoffentlich noch lange nicht vorbei sein wird. Und natürlich der wunderbare Song „Nature Boy“, komponiert von einem gewissen Eden Ahbez (einem frühen Beatnik, der eine Zeitlang unter dem „L“ des berühmten Hollywood-Schriftzugs in Los Angeles lebte) und bekannt geworden durch die Version von Nat King Cole. In diesem Lied geht es um einen Suchenden, der weit umherreist, um letzten Endes festzustellen, dass „zu lieben und geliebt zu werden“ das „größte Geschenk“ sei ... Lauscht man Herrn Ratzer, glaubt man, das Stück wäre für ihn geschrieben worden!
Die Schlussnummer „Love Is a Many-Splendored Thing“ ist ebenfalls ein Juwel, nicht nur weil das Trio um die charmante Cellistin Margarethe Deppe erweitert wird. Im zweiten Teil verbindet Ratzer dieses Stück mit „Splendid Bandid“, einer Komposition von Fritz Pauer, als Verbeugung vor seinem geschätzten musikalischen Partner und Freund.
Es gibt nicht viele österreichische Musiker, die von sich behaupten können, einen auch international hervorragenden Ruf zu genießen. Der Jazzgitarrist Karl Ratzer ist einer davon. Egal ob in Amerika oder hierzulande, überall wird der Wiener wegen seines außergewöhnlichen Gitarrenspiel geschätzt.
Ratzers Karriere begann im zarten Alter von 15. Jahren. Als Mitglied der legendären Band Gypsy Love, bei der er neben Jano Stojka, Kurt Hauenstein und Peter Wolf spielte, machte er sich bereits in frühen Jahren einen Namen. Anfang der 70er Jahre zog es den Ausnahmemusiker in die USA, wo es ihm innerhalb kürzester Zeit gelang, Fuß zu fassen. Die Liste der Namen mit denen Karl Ratzer zusammenarbeitete, liest sich wie das "Who is who" der jüngeren Musikgeschichte.
So war er gleich in ein Projekt mit dem Namen "High Voltage" involviert, in dem er sich gemeinsam mit der heute weltberühmten Chaka Khan die ersten Sporen verdient hat. Gefolgt von zahlreichen Kooperationen mit internationalen Größen wie Jeremy Steig, Art Farmer, Clark Terry, Lee Konitz oder Steve Grossman, kehrte Ratzer schließlich 1980 in seine Heimatstadt Wien zurück. Seither war er als Gastprofessor an diversen Hochschulen für Musik und darstellende Kunst tätig.
Einem Europäer unüblich, besitzt Karl Ratzer die Gabe, seinem Blues jene Tiefe zu verleihen, die dem Zuhörer das Gefühl vermittelt, als stamme der Musiker selbst aus dem Mississippi-Delta. Wie alle großen seines Genres beherrscht der Wiener "Enttäuschungen genießbar zu machen, das Widrige und Niedrige nicht bloß auszuhalten, sondern es musikalisch zu vergolden."