Als Duo KOENIGLEOPOLD hat LUKAS KŒNIG bereits hinlänglich unter Beweis gestellt, wier vielseitig er ist. Mittelweile reüssiert der JazzMusiker mit der rauen Rap-Stimme als Soloartist zum RisingStar. Prädikat Großartig!
Mit dem Duo KOENIGLEOPOLD hat LUKAS KÖNIG bereits hinlänglich unter Beweis gestellt, dass er äußerst vielseitig ist. Mittelweile agiert der Jazzmusiker mit der rauen Rap-Stimme als Soloartist KŒNIG und begleitete BILDERBUCH als Support auf ihrer Tour.
MICA: Sie haben im Spätherbst 2015 eine Solo-EP unter dem Namen kœnig veröffentlicht. Die Rap-Elemente auf der EP sind durchaus von koenigleopold bekannt. Was macht nun den speziellen Sound von kœnig aus?
Lukas König: In den letzten Jahren waren Leo Riegler und ich als Duo koenigleopold irrsinnig viel unterwegs, und so wollten wir uns mal eine Auszeit gönnen, da wir beide auch anderweitig sehr beschäftigt waren. Ich beschloss, meinen Computer zu durchstöbern, um nachzusehen, was da an von mir produzierten Beats so alles en passant entstanden ist. Leo Riegler, Manu Mayr von Kompost 3 und ich betreiben ein gemeinsames Studio. Dort saß ich nächtelang, probierte und nahm auf. Beispielsweise auch, wie synthetisch man als Schlagwerker klingen kann. Es ist spannend, mit unterschiedlichen Instrumenten wie Schlagzeug und Synthesizern zu arbeiten. Auch Themen wie Pop und Loudness War interessierten mich.
ICH HABE EINFACH EINEN HAU FÜR SYNTHESIZER.
Lukas König: Ich kehrte dann zu einem Set-up wie bei koenigleopold zurück. Mir war wichtig, dass dabei sehr wenig programmiert war und ich alles selbst einspielte, also das Schlagzeug und die Synthesizer-Basslines. Ich habe einfach einen Hau für Synthesizer. Ein paar Field Recordings habe ich auch eingebaut. Und in den letzten Jahren habe ich auch gerne mit Soul-Chören herumexperimentiert. Ich hörte zu der Zeit viel Soul und das Schema, wie Chöre dort angelegt sind, gefiel mir gut. Das habe ich übernommen und versucht, den Gesang Schicht für Schicht anzulegen.
MICA: MC Flavor Flav, der ja angeblich den Ton beim Singen genau treffen kann, versucht beim Sprechgesang, den Ton absichtlich etwas „rauer“ anzulegen. Bei Ihnen hört man das auch, oder? Es gibt raue Passagen und dann sind einige Parts wieder soulig falsettiert.
Lukas König: Meine Rap-Stimme entwickelte sich bei der Zusammenarbeit mit Bilderbuch für ihren Song „Softdrink“. Durch die vielen Takes war meine Stimme schon richtig kaputt, was aber extrem zu der Nummer passte, und so nahmen wir den letzten Take mit der überstrapazierten Stimme. Danach war ich auch drei Wochen krank. Die Aufnahme der Rap-Passagen für meine EP habe ich ebenfalls sehr oft und intensiv wiederholt. Je später es im Studio wurde, desto extremer wurde meine Stimme. Wenn ich jetzt auf die Bühne gehe, mime ich diesen aggressiven Rapper mit der rauen Stimme. Viele Leute, die mich besser kennen, meinen, dass das schizophren wirkt, weil ich auf der Bühne so ganz anders als privat bin.
MICA Sie haben also eine spezielle Bühnenfigur entwickelt?
Lukas König: Das kommt mit Sicherheit auch durch die Routine, die ich mir bei den 20 Gigs der Support-Shows für die Bilderbuch-Tour erarbeitetet habe. Je mehr Bühnenerfahrung man hat, desto sicherer wird man. Aber auch amerikanische Stand-up-Comedians wie Dave Chapelle, George Carlin oder Louis C.K. waren hilfreich für die Entwicklung meiner Bühnenfigur und ihre absurden, ironischen Zwischenansagen. Gerade bei so riesigen Hallen, wo du niemanden kennst, fällt mir das leichter. Diesen Jänner spielte ich auch im brut: Die Beziehung zum Publikum war dann plötzlich wieder ungewohnt intim, da viele Bekannte, Freundinnen und Freunde, Kolleginnen und Kollegen dort waren.
MICA Was bei Ihren Aufritten auffällt: Sie spielen alles selbst live zu.
Lukas König: Ja. Es gibt die vorhin genannten Chöre, da habe ich ein paar Samples, aber es gibt keine Playbacks oder Loops. Ich spiele alles selbst.
MICA In einem Interview verwendeten Sie den Begriff „Morphing“. Könnten Sie diese Technik ein wenig erklären?
Lukas König: Vor vier oder fünf Jahren entwickelte der Schweizer Pianist Malcolm Braff bestimmte rhythmische Konzepte, um sich als Musikerin beziehungsweise Musiker außerhalb von binären oder ternären Systemen bewegen zu können – und eben nicht nur Achtel oder Triolen einzusetzen. Er entwickelte Computerprogramme, mit denen man zwischen zwei Stimmungen hin- und herwechselt, eben morpht. Bei gleichbleibendem Rhythmus und Tempo werden aber verschiedene Akzente gesetzt. Das erzeugt eben jenen eigenartigen Shift, man zieht bestimmte Schläge vor oder nach und daraus ergibt sich ein anderes Feeling.
MICA Seit wann ist Hip-Hop für Sie ein wichtiger Einfluss? Wenn man Ihre Musik hört, würde man nicht vermuten, dass ein Österreicher dahintersteckt. Wo haben Sie Anleihen genommen?
Lukas König: Insgesamt wurde mein Interesse für Hip-Hop eher spät geweckt, sagen wir, als ich so 20 Jahre alt war. Leo Riegler, der früher auch als DJ arbeitete, zeigte mir Sachen, die er spannend fand. Auch Rania Moslam, die mit anderen die Veranstaltungsreihe Brutto veranstaltet, war in Sachen Hip-Hop immer gut informiert und prägend. Das war meist von der Ostküste: Busta Rhymes, KRS-One, Madlib, The Roots. Hier gefiel mir der Stil von Black Thought von den Roots. Sein Groove, wie er die Wörter und Phrasen zieht, fasziniert mich. Darüber hinaus sind aber auch Hip-Hop-Produzenten wie J Dilla oder Questlove zu nennen. Dazu kamen dann Musiker, die diese „Wonky Beats“ produzieren, ich höre gerne Run the Jewels oder Jonwayne. Selbst zu rappen begann ich erst mit „Eure Armut kotzt mich an“, der letzten Platte von koenigleopold. Ich wollte nicht plötzlich ernsthaft Rapper werden. Ich dachte mir, dass ich es halt mal ausprobiere.
MICA Sie sind früh mit dem Theater in Berührung gekommen. Bitte erzählen Sie uns über diese Erfahrungen.
Lukas König: Leo Riegler und ich gewannen 2006 mit der Produktion „Prospekt“ den Jungwildpreis. Wir waren bei dem Theaterstück neben den zwei Schauspielern die beiden Musiker auf der Bühne. Leo Riegler brachte diese Performance-Ebene später auch stark bei unserer Zusammenarbeit als Duo ins Spiel. Für mich als Jazzmusiker war das alles neu. Unser erster Gig als koenigleopold war damals im Club Morrison. Das war ziemlich absurd, Leo hat vorgespielt, völlig besoffen zu sein. Es gab eine Sirene und Platzpatronen. Ich habe Gläser in einem Sackerl mit einem fetten Hammer zerschlagen. Nach solchen Auftritten habe ich die Angst vor absurden Sachen verloren. Bei einer Tanzveranstaltung in Dublin habe ich mich zum Beispiel auch einmal im Ausdruckstanz probiert. Das hätte ich mir vor koenigleopold nie zugetraut.
MICA Was gab es beim knallbunten Set-up als Soloartist kœnig für konzeptionelle Überlegungen?
Lukas König: Michael Ostrowski war auf Konzerten von koenigleopold und fragte uns, ob wir im Film „Hotel Rock ’n‘ Roll“, den er noch gemeinsam mit Michael Glawogger konzipiert hatte, mitspielen wollten. Ursprünglich waren wir als Liveband in einer Szene vorgesehen, aber es ergab sich, dass ich allein aufgetreten bin. Die Vorgabe war eine Art Unterwasserszene, quasi ein Unterwasserstudio. Unser Studio hat ein Fenster und ich dachte mir, dass es lustig ausschauen könnte, wenn man von außen reinfilmen und es drinnen wie in einem Aquarium leuchten würde. So habe ich mein komplettes Schlagzeug mit Gaffa Tape beklebt und mit UV-Licht bestrahlt. Ich stehe dann mit dem Schlagzeug da und rappe, verwende auch eine spezielle Maske und UV-Lippenstift. Auf der EP gibt es Fotos von dieser Session, und als ich Bilderbuch auf ihrer Herbsttour letztes Jahr begleitet habe, kam dieses beklebte und bemalte UV-Licht-Schlagzeugset zum Einsatz.