BEST GOSPEL EVER: Ungewöhnlich harmonisch durchdringen einander mondäne Spielkultur und celestial tönendes Gotteslob. Gegründet 1939 ! am Talladega Institute for the Negro Deaf and Blind. Ø PASS
Denn die Blind Boys gelten als älteste Band der Welt, erste Aufnahmen datieren aus dem Jahr 1948. Ihre Stimmen reflektieren dieses lange Leben im Gospelzirkus, sind brüchig und dennoch voller Kraft und emotionaler Herrlichkeit. Sie tragen das Erbe der Segregation und das der Befreiung davon in sich. Und die Hoffnung, den Antrieb dieser Kunst.
Gegründet wurde die Formation 1939. Da hat ein Mick Jagger noch vier Jahre lang keinen Schnaufer getan. Formiert haben sie sich im Alabama Institute for the Negro Blind in der Kleinstadt Talladega, einer 1858 gegründeten Schule für blinde und taube Kinder.
Bereits in den frühen 1950ern feierte die Formation größere Erfolge und tourte durch die USA. Das Cover von "Spirit of the Century" erinnert an diese Zeit. Auch als Soul das kommerziell erfolgreichere Modell für afroamerikanische Musik wurde, blieben sie Gospel treu. Die Gründungsmitglieder Jimmy Carter und Clarence Fountain sind bis heute aktiv. Das Cover von "Spirit of the Century". "Spirit of the Century" ist das erste (und beste) ihrer vier Real-World-Alben. Den Begriff Gospel großzügig auslegend, spielen sie einen Mix aus Traditionals wie "Amazing Grace", "Run For a Long Time" oder "Motherless Child" sowie Songs von Tom Waits oder Ben Harper. Die Begleitband besteht aus Kapazundern wie John Hammond, David Lindley, Charlie Musselwhite oder dem Stehbass-Star Danny Thompson. Sie alle spielen nur das Nötigste, lassen die Stimmen der Blind Boys glänzen.
Die eröffnen das Album mit "Jesus Gonna Be Here". Die brüchige Stimme von Clarence Fountain führt in den Song wie ein Hirte seine Schäfchen auf die Weide begleitet. Und wenn dann die Band einsetzt, reißt der Himmel auf, ein Zucken fährt in die Hüfte. Damit ist der Tonfall des Albums gesetzt. "Spirit of the Century" besticht mit einer ökonomischen Eleganz und einer warmen und intimen Produktion, die für die Botschaft des Herrn oft den Mantel des Blues schultert, die Grenzen sind da fließend, die Jungs am Mikro können alles. Wobei, und das ist eine der Qualitäten dieser Musik, man muss kein gläubiger Mensch sein, um sich in dieser Kunst wohlzufühlen. Sie vermittelt eher eine universelle Botschaft, und die Demut der Band holt dabei das Beste aus ihr hervor. Der Song "Run For a Long Time" erscheint in diesem Licht wie pures Gold. Die Stimme von George Scott kommt daher wie Güterzug, tief und schnittig, sie prägt und trägt den Song. Mehr als Thompsons Bass und das Schlagzeug braucht es nicht als Begleitung:
Drum and Bass mit himmlischer Message. derstandard.at
Clarence Fountain, Jimmy Carter und George Scott könnten auf eine lange und ereignisvolle Karriere zurückblicken – wenn sie nicht blind wären. Doch ist es gerade das fehlende Augenlicht, das sie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu den einfühlsamsten und gefragtesten Gospel-Interpreten gemacht hat.
Als Happyland Jubilee Singers kommen Fountain und Scott 1937 mit drei weiteren Sängern am Alabama Institute For The Negro Blind zusammen. Fountain ist gerade mal sieben Jahre alt, Scott acht. Mit ihren begeisternden Interpretationen religiöser Lieder machen sie sich lokal einen Namen, bevor sie 1948 ihr erstes Album veröffentlichen. 1949 gelingt ihnen mit "I Can See Everybody's Mother But Mine", ein Hit in den nationalen Gospel-Charts.
Mit wechselnder Besetzung haben sie seitdem unzählige Alben aufgenommen. 1960 stößt Jimmy Carter als ständiges Mitglied hinzu, während Fountain vorübergehend austritt, um sich an einer Solokarriere zu versuchen. Die Grenzen ihres Genres sprengend, treten sie 1983 im Musical "The Gospel At Colonus" auf, eine Interpretation der Ödipustragödie in Gospelform.
In den 90er Jahren beginnen sie, zeitgenössische Lieder zu "gospelisieren". Ihre Version von Bob Dylans "I Believe In You" aus dem von Booker T. Jones' produzierten Album "Deep River" (1993) bringt ihnen eine erste Grammy-Nomination ein. Nach dem Livealbum "I Brought Him With Me" (1995) vermischen sie auf "Holding On" (1997) zum ersten Mal ihren Gesang mit funkigen Tönen – ein Experiment, das den Grundstein für ihren Erfolg im neuen Jahrtausend legt.
Die Blind Boys Of Alabama unterschreiben einen Plattenvertrag bei Peter Gabriels Label RealWorld und veröffentlichen 2001 "Spirit Of The Century" mit dem Blues-Gitarristen John Hammond, das auch Tom Waits' "Way Down in the Hole" enthält. Mit den Aufnahmen gewinnen sie ihren ersten Grammy in der Kategorie "Best Traditional Soul Gospel Album".
Plötzlich erhalten sie Anfragen aus allen Ecken und sind wieder aktiv wie in ihren jungen Jahren. An "Higher Ground" (2002) arbeiten der Blues-Gitarrist Robert Randolph und Ben Harper. Go Tell It On The Mountain" (2003) ist eine Sammlung an Gospelstücken, an denen unter anderen Solomon Burke, George Clinton, Chrissie Hynde, Les McCann, Meshell Ndegeocello und Tom Waits mitwirken. Harper ist so von ihnen angetan ist, dass er die Blind Boys 2004 ins Studio einlädt, um "There Will Be A Light" (2004) aufzunehmen. Die gemeinsame Tour dokumentiert der mitreißende Livemitschnitt "Live At The Apollo" (2005). Von 2002 bis 2005 gewinnen sie in Folge den Grammy für das beste traditionelle Soul-Gospelalbum.
Wenige Tage nach der Veröffentlichung des Albums "Atom Bomb" stirbt Scott am 9. März 2005. Er ist 75 Jahre alt. Gekräftigt durch ihren Glauben wollen die übrig gebliebenen Mitglieder aber weiterhin auftreten. "Es war immer schon unser Schicksal, Gospel zu singen", erzählte Bandleader Fountain in einem Interview zwei Jahre zuvor. "Die Bibel lehrt uns, dass man nicht gleichzeitig Gott und dem Teufel dienen kann. Wir hätten auch einen anderen Weg wählen können, wie Sam Cooke, der als Gospel Sänger mit den Soul Stirrers angefangen hatte, sich dann aber mit Erfolg der Popmusik zuwandte und dann früh starb. Gott ist eben kein Wischi-Waschi-Gott."
Und Gott will offensichtlich, dass die Blind Boys og Alabama 2018 im Treibhaus singen.
um uns zur Umkehr zu rufen. um uns alle zu bekehren.
es ist auch höchste zeit in zeiten wie diesen....