treibhaus

Kulturprogramm für Stadtbenützer

Spielplatz am Volksgarten. Angerzellgasse 8, 6020 Innsbruck. Geöffnet alltäglich von 16:00 bis Sperrstund ist.

DER TREIBHAUS*KONZERT*PASS WiNTER 2024/25 - der frühe vogel fängt den wurm:

solang der vorrat reicht gibts ab jetzt den wunderbaren TREiBHAUS-KONZERT-PASS - winter 24/25. der kost nach wie vor 44:30 & gil für fast alle konzerte im treibhaus - vom 15.12.'24 bis 10.5.'25 - hier im netz & im treibaus auch

EDWYN COLLINS: OUTSIDE TOUR 2019 - A GIRL LIKE YOU & MORE ORANGE JUICE

HIDE THE BISCUITS - IT'S EDWYN COLLINS

Er geht am Stock und sieht wie 59 aus. So alt ist er auch. Doch von Äußerlichkeiten sollte man sich nicht täuschen lassen. Edwyn Collins ist zäh. Dabei zärtlich, witzig und eine Spur verwegen; ein sympathischer Schelm, in dessen Leben sich zumindest zwei Märchen verwirklicht haben. Das zeitigt trotz der erzwungenen Fortbewegung am Stützholz eine Leichtigkeit des Wesens, die die ärgsten Widrigkeiten wegwischt. Diese sind seinem neuen Album Badbea nicht anzuhören. Darauf kredenzt er Lieder, die mit der Verve des Northern Soul daherkommen, Songs, die den Pulsschlag des Insel-Pop hörbar machen.
Ein Märchen verwirklichte sich für den Schotten mit der Elvis-Frisur Mitte der 1990er-Jahre. Damals war er eher down and out und wenig nachgefragt. Ein paar Jahre zuvor war das noch anders gewesen. In den 1980ern war Collins Chef der Gruppe Orange Juice und verzeichnete einige saftige Einträge auf den billigeren Rängen der Charts – danach ging es langsam bergab. Die Band zerbröselte, und Collins veröffentlichte zwei hübsche Soloplatten, die jedoch ohne größeren Niederschlag außerhalb der Fangemeinde verpufften.

Als der Mann mit der feuchten Unterlippe nicht einmal mehr einen Plattenvertrag hatte, passierte es: Das im Eigenverlag veröffentlichte A Girl Like You wurde ein Welthit.
Kein Label außer dem eigenen zu haben, erwies sich plötzlich als Segen. Denn Collins musste lediglich Vertriebsrechte vergeben, den großen Rest des Ertrags sackte er ein, ohne dass ein fremder Verlag mitschnitt. Edwyn Collins war ein gemachter Mann – und plötzlich sehr gefragt.
Seine Musik veredelte den Soundtrack der Agenten-Komödie Austin Powers mit dem Titellied The Magic Piper of Love, er richtet sich ein geiles Studio in London ein und lebte den Traum. Der schien jäh zu Ende zu sein, als er 2005 einen schweren Schlaganfall hatte. Doch anstatt, wie prognostiziert, dem Siechtum anheimzufallen, fand er den Weg zurück ins Leben. Ein weiteres Märchen, dessen Details seine Frau Grace Maxwell 2010 in dem Buch "The Restauration of Edwyn Collins" niedergeschrieben hat.
Seit dem Schlaganfall hat er vier Alben veröffentlicht, allesamt kleine Wunder angesichts seiner Biografie und künstlerisch nicht viel geringer dimensioniert.
Viele Songs von Badbea bestehen aus Fragmenten von Liedern, die Collins schon vor langer Zeit begonnen, aber aus irgendwelchen Gründen nicht vollendet hat. Sie besitzen den Witz des jungen Collins und die Tiefe des nicht mehr so jungen. Das schlägt eine Brücke, die den Liedern als besondere Qualität ansteht und eine ästhetische Verortung erlaubt, die zeitlos wirkt.
Der Vater eines Sohnes ist mit seiner Familie mittlerweile nach Schottland zurückübersiedelt. In der Einschicht zwischen Loch Ness und Loch Happy Hour hat er ein neues Studio gebaut und dort das Album aufgenommen. Die Rückkehr an seine Wurzeln spiegelt sich in manchen Texten wider, das Werk klingt jedoch keine Spur wurzelseppig oder ländlich verschroben, im Gegenteil.

Collins rockt nachgerade durch Titel wie Outside, was ihm sogar einen Vergleich mit Iggy Pop eingebracht hat. Geht sich nicht ganz aus, aber man versteht, was gemeint ist. Er hat Kraft, Willen und das Vermögen, sich immer noch originell mitzuteilen. Collins schnürt seine Platte mit alten und neuen Getreuen zu einem hübschen Strauß von Popsongs. Einige klingen ein bisschen introvertierter, der große Rest besteht aus herrlicher Musik mit dem speziellen Edwyn-Collins-Dreh: Lustig, gescheit und sich selbst treu – ohne sich zu wiederholen. Der Stock ist nicht das Ende, nur das Ende ist es. Und bis dahin vergeht hoffentlich noch viel Zeit. 

 

Welche Langzeitwirkung der schüchterne Schotte mit seiner 80er-Band Orange Juice entfaltete, begreift man wohl erst heute so richtig. Weltbekannte Bands wie Primal Scream, Belle & Sebastian oder Franz Ferdinand, so verschiedenartig sie auch sein mögen, berufen sich alle auf Collins' schrille, technisch oft holprige dafür umso leidenschaftlichere und gewitztere Songs aus der Post-Punk-Ära. Und das obwohl seine Band Zeit ihres Wirkens gerade einmal 3 1/2 reguläre Alben veröffentlichte und nur mit "Rip It Up (And Start Again)" einen UK-Top-Ten-Hit landen konnte.
Ein astreiner Welthit gelang Edwyn Collins mit "A Girl Like You" erst 1995. Zehn Jahre später der Schock: der Musiker erlitt innerhalb weniger Tage zwei Schlaganfälle. Mit unglaublicher Willensanstrengung, herzzerreißend von seiner Frau Grace Maxwell im Buch "Falling And Laughing" erzählt, kämpfte er sich ins Leben zurück. Vier Alben veröffentlichte Edwyn Collins seit damals, "Badbea" ist sein jüngstes Meisterwerk.
"Ich denke, es geht darum nach vorne zu schauen", reflektiert Edwyn Collins über das Album. "Ich bin glücklich. Zufrieden mit dem Leben." "Badbea" ist das neunte Soloalbum von Edwyn Collins und sein erstes nach seinem jüngsten Umzug in das alte, ländliche Helmsdale an der Nordostküste Schottlands, wo er schon als Kind seinen Großvater besuchte und nun von Grund auf ein neues Zuhause und Studio aufbaute.
Genau dort, in den beeindruckenden Clashnarrow Studios auf dem Hügel, nahm er zusammen mit Co-Produzent Sean Read (Dexys, The Rockingbirds) und seinen langjährigen musikalischen Wegbegleitern Carwyn Ellis (Colorama) und James Walbourne (The Pretenders, The Rails) die zwölf neuen Songs auf, die zwischen Erinnerungsmomenten voller rührender Melancholie und lebensbejahenden Northern-Soul-Stompern in bester Edwyn Collins-/Orange Juice-Tradition variieren.

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