Hier wirken Entschleunigung und Ruhe statt Hysterie und Aufregung, es dominiert Minimalismus in der Instrumentierung als Gegenkonzept zu aufgeblasenen Hitradio-Arrangements. In Verbindung mit Wienerisch eingefärbten Texten entsteht dadurch ein eigenwilliger Sog, der mitreißt. Man wird zum Beobachter. Und ehe man sich versieht, ist man schon mitten drin – in der intensiven Phantasiewelt des talentierten Herrn Kramer.
Geboren und aufgewachsen in Ottakring, hat Felix Kramer nach Abschluss seines MUK Studiums für klassische Konzertgitarre und einer Kiste voller Preise internationaler Wettbewerbe, sein Talent als wunderbarer Geschichtenerzähler entdeckt. Nach einem Jahr auf Tour durch die Cafés und einschlägigen (Keller)Bühnen der Stadt hat er sich in Wien bereits eine treue Fan-Runde erspielt, jetzt ist die Zeit für den nächsten Schritt: es stoßen Mitmusiker hinzu. Live und im Studio. ‚Wahrnehmungssache’, so der Titel von Felix Kramer’s Debut-Album, ist in gleichermaßen intensiver wie gegenseitig inspirierender Studioarbeit mit seinem Produzenten Hanibal Scheutz (5/8erl in Ehr’n) entstanden und erwischt einen gleich beim ersten Hören. Diese Lieder können niemanden kalt lassen.
Zu tief treffen die Texte des 23jährigen Wieners, zu dicht spinnt er die Fäden seiner Geschichten, beinahe verstörend ehrlich und unmittelbar serviert er seine Romane im 4 Minuten-Format. ‚Ist es überhaupt Pop, was Felix Kramer macht?’ fragte sich unlängst ein österreichischer Musikjournalist. Ja, ist es! Ein sehr bewegender, innere Unruhe stiftender, einer mit tiefen Einblicken in die Abgründe menschlichen Seins 2018. Aber Felix Kramer wär kein Wiener, gäbe es da nicht auch diesen gewissen melancholischen Schmäh in den 11 Songs auf ‚Wahrnehmungssache’, der für Versöhnung sorgt. Oder frei nach Felix Kramer: ‚… owa moch di ned fertig, es is hoit nix woan’ (aus ‚Trotzdem nix woan’).
"Felix Kramer umarmt die bittersüßen Niederlagen des Lebens. Die Lieder des 22-Jährigen schrammen stets mehr oder weniger knapp am Happy End vorbei. So sehr Kramers Texte das kunstvolle Scheitern besingen, so perfekt ist seine Musik. Dabei verbindet er millimetergenaues Timing und farbige Harmonisierung."
(Ö1)