Der Strizzi Voodoo Jürgens, Der Kunstschlurf und Liedermacher, das Wiener Unikat schlechthin endlich wieder im treibhaus. halloween lassen wir anderen - wir singen in der anserpanier zu allerheiligen mit ....
Der Kunstschlurf und Liedermacher Voodoo Jürgens ist seit 2015 auf Erfolgskurs mit seinen schwarzhumorigen Texten im schwersten Wiener Dialekt. Sein Album "Ansa woar" mit dem Hit "Heite grob ma Tote aus" war und ist noch immer die Revolution in Sachen österreichische Musik. Der Text kann dank seiner schludrigen Vorlagen selbst von Leuten mitgesungen werden, die überhaupt nicht singen können. Man nennt das wohl Publikumsnähe. Das macht auch den Erfolg von Voodoo Jürgens aus, er porträtiert Außenseiter, Gestrauchelte und zwielichtige Gestalten zwischen Größenwahn, Schnaps und Gosse. Er wirkt mit seinem Strizzi-Outfit aus den frühen 70igern und dem dazu wie die Faust aufs Auge passende Vokuhila wie "Ein echter Wiener geht nicht unter" – oder doch eher steil bergauf?
„der Austro-Pop-Hype der Stunde!“ - Musikexpress
„Voodoo Jürgens gilt als besonders heiße Aktie der heimischen Popmusik“ - ORF
„Er bringt alles mit was man als künftiger Fixstern am Austropop-Himmel braucht.“ – WIENER
Per Mund-(und bald auch Medien-)Propaganda als "Next Best Thing"- Hype von und in Wien vor etwas mehr als einem Jahr gestartet, hat sich Voodoo Jürgens gleich mit seinem nun vorliegenden Debüt-Album von der einengenden, wenn nicht gar tödlichen Umarmung der "Checker" emanzipiert und ein substanzielles, ein wahrhaftiges und vor allen Dingen ein berührendes Erstlingswerk abgeliefert. Und demnächst folgt sein nexter Streich.
Voodoo Jürgens springt auch nicht auf einen Austropop-Hype-Zug oder dergleichen auf; er singt in der Sprache in der er spricht, denkt, träumt und Dinge erlebt. Die Vorbilder für seinen Zugang zu Musik sind der erwähnte Dylan, Leonard Cohen, Tom Waits und durchaus auch krachigere, spätere Sachen wir The Libertines (mit deren Pete Doherty ihn eine auf wechselseitigen künstlerischem Respekt beruhende Freundschaft verbindet). Es sind aber auch die Beat-Poeten der Fünfziger. Gewiss: Respekt für Ambros, Danzer und Ludwig Hirsch ist vorhanden, genauso wie Freundschaften zu einigen Protagonisten des heutigen Wiener Pop-Wunders (Wanda, Der Nino aus Wien; auch Ja, Panik, die quasi als seine Backingband bei "Heite grob ma Tote aus" fungieren), und auch ein HC Artmann, ein Qualtinger, ein Kottan werden Spuren in Voodoo hinterlassen haben; aber genauso waren/sind die eben Genannten im Geiste Verbündete der Ur-Beatniks und der genannten internationalen Referenzen und keine Vertreter eines simpel gestrickten Austro-Provinzialismus, der seit je her den Epigonen vorbehalten ist.
Voodoo Jürgens hat sich also einen Fahrschein für jene Bim (= Straßenbahn) gekauft, die in die erste Liga österreichischen Pops fährt, ohne dabei Fendrich, Gabalier oder "tiafen Schmäh"-Pop im Sinn zu haben..
Tiroler Tageszeitung - vor einem jahr:
Zuletzt hat er die „Omama“ zu Grabe getragen. Vor ziemlich genau einem Jahr gab Voodoo Jürgens noch den Ludwig Hirsch. Auf einer Tribute-Tour gedachte der Wienerlied-Neuerfinder eines seiner unmittelbaren Musikvorfahren. Das passte wie das Weizenbier zur Leberknödelsuppe.
Jetzt kehrt der 35-jährige Voodoo mit neuer Musik zurück und gibt darin wieder den alten Jürgens – mit Suderei, Schmäh und Wiener Grind. Das gefällt Tirol, in Innsbruck gastieren er, der mit richtigem Namen David Öllerer heißt, und seine Backingband Ansa Panier gleich zweimal - im Treibhaus. Mit im Gepäck hat er das Album „’S klane Glücksspiel“, eines, mit dem sich Voodoo Jürgens Zeit gelassen hat. Und eines, das verspricht, an alte Erfolge anzuschließen. Bereits mit „Ansa Woar“ (2016) erspielte sich der Tullner Liedermacher eine Nische, die zwischen Autotune und High-End-Pop eigentlich längst totgesagt war.
Für die neue Platte kramt er sie aber wieder hervor, die schrägen Gestalten seiner Unterschichtsdramen: den Taxler, der „weiß, was si abspüt in da Nocht“, oder den „Horstl“ mit dem gezückten Butterflymesser in der Tasche. Schon auf dem Cover legt der Beisl-Poet die Karten auf den Tisch: Bei warmen Spritzern nebst übervollen Aschenbechern verzockt man die letzten Groschen vom Arbeitslosengeld. Keine Angst, in eine Früher-war-alles-besser-Nostalgie verfällt Voodoo Jürgens nie.
Auf gewisse Weise sei seine Musik zwar ein „Romantisieren des tiefen Lebens“, erzählte Voodoo Jürgens in aktuellen Interviews. Ums Beschönigen gehe es dem Musiker aber nicht. Er ist dem schön-schlechten Geschmack treu geblieben: Gleich im titelgebenden Opener schlurft er mit seinen zerdehnten Dialektzeilen und dem Tschigg im Mund daher – auch Rotzbremse und Vokuhila ist er nicht entwachsen.
Und beschönigt wird im dazugehörigen Video ebenso kaum: Dort teilt sich Voodoo Jürgens nach ausgiebigem Entleeren eines Glücksspielautomaten das Bett mit Jazz Gitti – schöner kann es in den Siebzigern nicht gewesen sein. Dass da aber auch reichlich Tristesse mitschwingt, wird nicht erst klar, als der einarmige Bandit auch unter flehendem „Gibt’s ja ned“ kein Extrageld mehr zum Wegfeiern ausschüttet.
Mit reichlich morbidem Humor wird Voodoo Jürgens in fast allen seinen Milieuschilderungen zum Protagonisten, zum Taxler, zum Horstl und vielen mehr. Er ist Erzähler seiner Songs, die an vielen Stellen zu Hörspielen auswachsen. So etwa in „Kumma ned“, wo das Ich – immer noch ein Spieler – ein aberwitziges Gezänk um fällige Rückstände mit Jazzer Louie Austen ausficht. Frei nach dem Motto „Spielschulden san Ehrenschulden“.
Spielerisch balanciert Voodoo Jürgens im neuen Album zwischen fiktiver „Ein echter Wiener geht nicht unter“-Manier und echtem Musiker; das lyrische Ich und der Musiker (bzw. dessen Kunstfigur) scheinen fast durchgehend deckungsgleich. Deshalb wirken seine großen Geschichten vom kleinen Leben auch derart authentisch. Man kauft ihm ab, wenn er vom Abend in der Eislaufdisco erzählt („Eislaufplotz“) oder mit Gemeindebau-Chor im Rücken nachfragt: „Wem gheard des Mensch?“
Seine Backingband bietet die perfekte Unterlage: Die Ansa Panier schrammelt – nicht immer trittsicher – gegen die Mär vom ewig kultigen Wiener Beisl- volk an; mit Quetschn, Kontrabass und sanfter Percussion. Der Sound der Gosse hat mehrere Geschmäcker, mal riecht’s nach Balkanparty („Kumma ned“), mal nach Abschluss-Set im Jazzkeller („Taxler“). Nach hinten hinaus verliert das Album leider seinen Drive, Ballade beherrscht Voodoo Jürgens nicht überzeugend.
Auffallend ernsthaft ist „Angst haums“, das die soziale Kälte der Gegenwart bespricht; natürlich in gewohnt zotigen Botschaften, die sich normalerweise die Nachbarn von Balkon zu Balkon zurufen. Die Ehrlichkeit lässt aber aufhorchen und ist kurzes Innehalten, bevor wieder fröhlich weitergesudert wird.