hader liest hader. was sonst. thomas bernhard? hat er schon gelesen, joseph roth auch. den brenner hat er gespielt. privat auch. endlich liest er hader. manches spielt er. gar den steinscheißer karl?
DIE FURCHE: Und Ihre persönliche Hoffnung? Worauf freuen Sie sich am meisten nach der Krise?
Hader: Auf Italien. Ich habe eine Verabredung mit einem Freund aus Tirol, dass wir beide – sobald das möglich ist – nach Bergamo fahren und auf der Piazza Alta einen Espresso trinken. Und dann geh ich einkaufen, ich muss ja wieder meinen Pasta-Vorrat auffüllen.
Sein pointiertes Gequatsche, der freche Humor, der beißende Schmäh und der kleinbürgerliche Zoten-Katalog machten Josef Hader in Österreich zum populärsten Kabarettisten der Nachkriegszeit. Die schrullig grantelnde Wurstigkeit, die makabre Weltsicht und das aus Hassliebe zum Heimatland geborene brillante notorische Nörgeln rettete Hader souverän mit zynischer Morbidität und der Abgründigkeit von Helmut Qualtinger und Thomas Bernhard, deren legitimer Nachfolger er ist, in seine Spielfilme, die ein seltenes Vergnügen für Freunde rabenschwarzer Unterhaltungskunst sind.
Josef Hader wurde 1962 in Waldhausen in Strudengau in Oberösterreich direkt in Waldesnähe geboren und besuchte das katholische Stiftsgymnasium. Nach Zivildienst beim Roten Kreuz studierte er Deutsch und Geschichte und brach das Studium ab, weil er seit 1982 mit seinen Kabarettprogrammen immer erfolgreicher wurde. Sein Soloprogramm „Hader privat“ wurde zum Dauerbrenner, das von 1994 mit 350.000 Zuschauern das meistbesuchte Kabarettprogramm Österreichs. Sein Filmdebüt feierte er 1991 in der Verfilmung des mit Alfred Dorfer geschriebenen Theaterstücks „Indien“ als kleinbürgerlicher Widerling, der als Restaurant-Tester an einen Yuppie-Streber gerät. Das tragikomische Road Movie blieb lange Zeit die einzige Kinoarbeit, bis er sich 1999-2002 mit vier Filmen („Geboren in Absurdistan„, „Der Überfall“, „Komm, süßer Tod„, „Gelbe Kirschen“) zurückmeldete.
Speziell die auf dem Kriminalroman von Wolf Haas basierende Kriminalkomödie „Komm, süßer Tod“, die vom Kampf der Rettungsdienste in Wien und zweier Mordfälle erzählt, treibt den absurden Wahnsinn des Alltags in unglaublich ironische Höhen, wenn Rettungsfahrer Brenner (Hader) mit seiner Vergangenheit als Detektiv konfrontiert wird. Die Zusammenarbeit mit Regisseur Wolfgang Murnberger wurde in der ebenso pechschwarzen Verfilmung von Wolf Haas‘ „Silentium“ (2004) fortgesetzt, in der Hader wieder als Brenner in Salzburg den Tod des Schwiegersohns des Festspielpräsidenten untersucht.
In „Blue Moon“ ist Hader der Geldbote Johnny Pichler, der auf der Flucht vor Balkan-Mafiosi in den wilden Osten flieht. In „Der Überfall“ will er als Arbeitsloser einen Supermarkt überfallen, landet in einer Schneiderei und gerät an andere Wiener Würstchen. In „Basta - Rotwein oder Totsein“ spielt er den Kommissar, hinter dessen Rücken die wildesten Todesfälle passieren, ohne dass er sie wahrnimmt, weil er beschäftigt ist, seinen Assi zurechtzustutzen.
Hader wurde u. a. 1991 mit dem Deutschen und 1992 mit dem Österreichischen Kleinkunstpreis ausgezeichnet und erhielt 2000 den begehrten Nestroy-Ring. Für „Der Überfall“ erhielt er den Ensemble-Darstellerpreis des Festivals von Locarno. Hader: „Das Leben ist etwas, wo immer etwas fehlt und gemacht werden muss. Ständig fehlt etwas.“
Der traurige Blick ist sein Markenzeichen. Doch im echten Leben ist Josef Hader ganz fröhlich. Vielleicht ist seine Schwermut nur die österreichische Variante des Optimismus.
Der Brenner, der durch die Romane von Wolf Haas geistert, ist nicht einfach ein Detektiv, der einen Fall löst (oder auch nicht). Wer ihn liebt, für den ist er so eine Art Lebensabschnittsgefährte: Jedes Mal, wenn Murnberger, Haas und Josef Hader ihn auf eine neue Mission schicken, wird er in eine neue Phase seines Lebens geworfen. Er altert mit seinen Schöpfern. Die drei schreiben die Drehbücher zusammen, also auch Hader, der dem Brenner nicht nur ein Stückchen Seele, sondern auch seinen Körper leiht. Brenner ohne Hader, das ginge nicht.
Josef Hader, 1962 in Oberösterreich geboren, gehört zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Kabarettisten, den beliebtesten ganz sicher. Der traurige Blick ist sein Markenzeichen geworden. So schwermütig wirkt er dann beim Treffen aber gar nicht, und nicht so bissig, wie er in manchen Auftritten als Bühnenperson ist.
Er macht einen geradezu fröhlichen Eindruck im Büro der Münchner Koproduzenten von "Das ewige Leben", eher wie einer, der mit Zen-gleicher Gelassenheit alles Schreckliche auch irgendwie komisch findet. Derzeit ist dauernd Termindruck, nachher muss er gleich wieder weg, und das ist er nicht gewohnt. "Beim Kabarett weiß man, dass man in zwei Jahren in Germering spielt. Beim Film erfährt man erst zwei Wochen vorher, dass man noch mal ins Synchronstudio muss."
Das müsste er eigentlich gewöhnt sein, denn er dreht ja immer wieder, seit mehr als zwanzig Jahren. Aber nicht zu oft: "Ich dreh normalerweise nur einen Film alle vier Jahre, aber jetzt könnte es sein, dass ich bald wieder was mache - mit Maria Hofstätter, einen Fernsehfilm. Wenn sie mitmacht - wir kennen uns aus unseren Anfängen beim Theater. " Maria Hofstätter war auch als Wirtin dabei, als vor 22 Jahren "Indien" verfilmt wurde - das Bühnenstück dazu hatten Hader und Alfred Dorfer zusammen geschrieben, in der Verfilmung spielten sie natürlich auch.
Und man kann sagen: Da hat sie das Kino auch als Kabarettisten ein Stückchen weitergebracht. Denn sie waren schlagartig berühmt. Da hatte er sich von seinen Anfängen - erst Schauspieler am Theater, dann klassisches politisches Kabarett, "wie Dieter Hildebrandt oder Werner Schneyder" - schon gelöst. Er wollte lieber "Kabarettprogamme schreiben so wie andere Romane".
Weil ein wenig davon in uns allen steckt
So sind auch die Geschichten vom Brenner - sie erzählen nicht von Politik. Sondern von den Menschen, die diese Politik zulassen. Oder gestalten. Oder von ihr gestaltet werden. Wie kam es denn, dass dieser Teil noch apokalyptischer wurde als der finstere "Knochenmann" zuvor?"Wir wägen da immer zwischen mehreren Romanen ab, und fürs ,Ewige Leben' haben wir uns entschieden, weil wir da die Chance für eine neue Spielart gesehen haben.
Das Interessante muss immer zwischen den Menschen im Film passieren, nicht so sehr in der Action. Und Wolfgang Murnberger hat das mit den Siebzigern sehr gereizt - vor allem die Idee von mehreren Zeitebenen und Rückblenden. Die jetzt nicht mehr im Film sind." Hader lacht, als er das sagt, aber ganz stimmt das nicht - ein paar Fetzen davon sieht man noch, Bilder in einem anderen Licht, in anderen Farben, so wie Fotografien aus den Siebzigern sind. Und überhaupt kann man, wenn Brenner aus Wien zurückkehrt nach Puntigam in Graz, ganz gut sehen, wie die Siebziger sich gehalten haben an manchen Stellen, vor allem in dem heruntergekommenen Haus vom Opa, in dem er aufgewachsen ist.
Er muss da hin, weil er in Wien alles in den Sand gesetzt hat. "Es ist eine Zeit lang cool, Cowboy zu sein", sagt Hader. "Aber wenn man als alternder Cowboy bald Mindestrentner ist, verliert sich die Coolness ein wenig." Am Anfang von "Das ewige Leben" sitzt Brenner auf dem Amt und lässt sich erklären, was er alles nicht hat und auch nicht mehr kriegen wird. Der Brenner hat gelebt, als währte das Leben ewig - vielleicht ist er ja deswegen eine Figur, die man einfach lieben muss: weil ein wenig davon in uns allen steckt.
"Man ist ja mit allem im Leben immer drei, vier Jahre zu spät dran"
Es wird ziemlich viel weggeworfen, wenn Hader, Wolfgang Murnberger und Wolf Haas zusammenarbeiten, sagt Hader. "Ich mag auch Beethoven lieber als Schubert. Bei Beethoven ist nur da, was der gesamten Struktur dient, den Rest braucht man nicht; bei Schubert darf sich alles ausbreiten. Das kann ganz schön sein." So richtig zusammen sitzen sie aber nur am Anfang, erarbeiten ein Treatment, legen fest, wie weit sie sich von der Romanvorlage wegbewegen wollen - dann schreiben Murnberger und Hader abwechselnd daran, "und der Haas ist der Supervisor".
Das bleibt so beim gesamten Projekt: "Wir besprechen auch die Besetzung und den Schnitt. Der Wolfgang ist da sehr offen für Vorschläge, er fordert sie ein." Das sind paradiesische Verhältnisse. "Man lernt ja auch was dabei. Bei einem Kabarettprogramm mache ich, was ich will. Bei den Filmen muss ich die anderen überzeugen - das finde ich ganz schön, weil ich es sonst nicht habe. " Beim Kabarett ist er sein eigener Herr, befiehlt sich nur alle zehn Jahre, ein neues Programm zu schreiben - jetzt legt er vielleicht mal wieder los, sagt Hader.
Erst mal hat ihn der Film ausgebremst, in diesem Jahr tritt er sogar weniger auf, erzählt davon aber ohne Bedauern. Man stellt sich dieses Bühnenleben ja gern romantischer vor, als es ist - aber das Reisen durch die Provinz, das hat dann vielleicht auf Dauer doch mehr mit dem zu tun, was Heinz Bösel und Kurt Fellner, die in "Indien" fürs Fremdenverkehrsamt die Hotels in den ländlichen Untiefen Österreichs abklappern, so erleben. Jedenfalls ist es anstrengend - rein körperlich, auf jeden Fall. Hundert Auftritte pro Jahr sind es für Hader normalerweise. Kann man das überhaupt ewig machen? "Nein, das muss man nach und nach reduzieren.
Als junger Kabarettist bin ich sechs Mal in der Woche aufgetreten, da kam ich auf 170 Termine im Jahr. Jetzt spiele ich noch etwa vier Mal in der Woche, und auch nur in der kalten Jahreszeit. Das ist meinem Alter entsprechend immer noch zu viel. Ich will runter auf drei Termine. Das wäre meinem Alter und meiner Kraft entsprechend. Man ist ja mit allem im Leben immer drei, vier Jahre zu spät dran für sein Alter."
So wahnsinnig viel haben sie dann eben doch nicht gemein, der Brenner und Josef Hader. Brenner ist immer ungefähr fünfzehn Jahre zu spät dran, mit dem, was er tut. Es geht ja auch nur ums Hineinfühlen, und dafür muss man nicht wirklich scheitern. "Ich stell mir ja für mein Leben", sagt er, "immer ganz entsetzliche Entwicklungen vor, damit ich dann froh sein kann, dass es nicht ganz so gekommen ist." Das muss die österreichische Variante des Optimismus sein.