treibhaus

Kulturprogramm für Stadtbenützer

Spielplatz am Volksgarten. Angerzellgasse 8, 6020 Innsbruck. Geöffnet alltäglich von 16:00 bis Sperrstund ist.

ANTONIO LIZANA y GRUPO: ORiENTE. NUEVO FLAMENCO (SPANIEN)

Antonio Lizana sax & voc
Jesús Caparrós bass
Daniel Garcia piano
Shayan Fathi dr;
Jose Maria Castano dancer/vocal

Auf den ersten Blick haben Flamenco und Jazz nicht viel miteinander zu tun, aber wenn man eine Stimme hat wie Antonio Lizana und ein Instrument, das Saxofon, so virtuos beherrscht, wenn sich beide Talente mit hoher Improvisationskunst und der Neugier auf gemeinsame Wurzeln unterschiedlicher Klangwelten verbinden – dann wachsen diese Welten auf das Verführerischste zusammen.
Die musikalische Muttersprache des 34 Jahre jungen Antonio Lizana ist der Nuevo Flamenco. Aber der Andalusier hätte sich nicht als weltweit vielbeachtete Kreativkraft und Star der neuen Flamenco-Deutung etablieren können, wenn er ausschließlich seinen künstlerischen Ziehvätern gefolgt wäre. Der Name des Flötisten und Saxofonisten Jorge Pardo - einst Teil von Paco de Lucias Sextett - fällt ebenso wie der des Jazzpianisten Chano Dominguez, wenn Lizana seine „Kreativ-Eltern“ benennt. Vom Sänger Camarón de la Isla, der mit beinahe übersinnlicher Stimme gesegnet war, ganz zu schweigen. Auf der anderen Seite des Atlantiks waren es die Granden der Improvisationsmusik, Charlie Parker und der Spiritual-Jazz John Coltranes, die ihn nachhaltig beeinflussten.



Seit drei Alben verdichtet Antonio Lizana als Saxofonist, Sänger, Komponist und Bandleader die für ihn vollkommen selbstverständlich ineinandergreifenden, perspektivischen Möglichkeiten des Jazz und des Nuevo Flamenco zu einer tiefen, beseelten Aussage. Sein neues Album „Una Realidad Diferente“ (Eine andere Realität) ist Antonio Lizana in seiner Essenz: Leidenschaftlich, fortschrittlich und zutiefst freiheitlich-modern geprägt. Gleichzeitig bündelt der Mann aus der vom Meer umschlungenen, spanischen Hafenstadt Cádiz seine Musik erstmals beinahe ausschließlich in Song-Formen. Und er beweist damit eindrücklich, dass die Zukunft orthodox geprägter Musikformen nur gestalten kann, wer ihre Tradition studiert und verstanden hat.

„Una Realidad Diferente“ - den Titel seines neuen Albums hat Antonio Lizana mit Bedacht gewählt. Und mit dem Wunsch, seine Musik möglichst treffsicher zu beschreiben, wie er erzählt. „Der Titel der Platte drückt zum einen meine musikalische Vision als ursprünglich traditionell geprägter Flamenco-Begeisterter aus. Zum anderen umschreibt er aber auch meinen Ausbruch von der oft konservativ geprägten Flamenco-Auffassung. Ich versuche, die Essenz des Flamenco, seine Dramaturgie, zu bewahren und in einem anderen Kontext wiederzubeleben. Außerdem sind meine Texte vom Heute geprägt, was meine Musik vom traditionellen Flamenco unterscheidet. Im klassischen Flamenco werden immer noch Geschichten erzählt, die vor 100 Jahren relevant waren. Ich möchte über die Realitäten singen, die uns heute beschäftigen.“

Dazu zählt für den Lockenkopf mit dem jungenhaften Charme, in dessen Sprechduktus eine entwaffnende Offenheit mitschwingt, unbedingt seine Form von Erweckungslyrik. Die andere Realität, von der in seinem neuen Album erzählt, ist vielmehr vom Aufzeigen der Gemeinsamkeiten aller Menschen geprägt als von der spaltenden Kraft, die ihm im alltäglichen Gegeneinander der Gegenwart begegnet. Dass er seine Gedanken in seinen Texten weniger belehrend als vielmehr mitfühlend artikuliert, lässt sie umso sympathischer erscheinen. Überhaupt ist Antonio Lizana keiner, der die Wahrheit für sich gepachtet hat und großes Aufheben um sich macht. Dass er vorzugsweise barfuß auf die Bühne geht, mag spleenig erscheinen. Dem 1, 80 Meter großen Südspanier, der es gewohnt ist, ohne Schuhe über die warme Erde seiner Heimat zu schreiten, ist es schlicht ein Bedürfnis, sich auch auf der Bühne schuhlos daheim fühlen zu können. Aber das ist nur eine unbedeutende Nebensächlichkeit. Wichtig ist ihm vor allem die Musik.

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