Alone Together – Liebe, Verve, Melancholie & das „Great American Songbook“ - Karl Ratzer & Ed Neumeister's melancholisch respektvolle Liebeserklärung an eine Zeit, die unwiederbringlich vergangen ist .
Alone Together – Liebe, Verve, Melancholie & das „Great American Songbook“
Karl Ratzer: Gitarre, Stimme Ed Neumeister: Posaune
Karl Ratzer & Ed Neumeister spielen seit 10 Jahren in diversen Ensembles des Gitarristen zusammen und haben sich nunmehr auch als Duo gefunden. Ihr brandneues Programm „Alone Together“ erweist dem „Great American Songbook of Jazz“ seine Reverenz (CD/LP erscheinen im Herbst 2021 bei ENJA Records).
In den Reigen der Jazz-Klassiker Body & Soul, I Thought About You oder Alone Together fügen sich die zwei Eigenkompositionen (Sabah El Nur & Señor Lopez) von Karl Ratzer stimmig ein. Alles mit unnachahmlicher Verve & Kreativität gespielt und mit einem sicheren Gefühl für die Songs (Lyrics inklusive), auch wenn es sich (fast) ausschließlich um instrumentale Versionen handelt; I’m Old Fashioned, der einzige, von Karl Ratzer gesungene Song, erinnert an Chet Baker, mit dem der Gitarrist auch auf Tournee war.
Dieses Duo der Superlative, in der eher seltenen Besetzung von Gitarre & Posaune, beweist durch seine Interpretation dieser Songs eindrücklich, daß Jazz-Standards nicht altmodisch oder aus der Zeit gefallen sind und daß deren Essenz etwas Ewig-Gültiges, Zeitloses hat, das jung und alt heute genauso berührt wie es dies damals auch getan hat. Die unverwechselbare Atmosphäre der 20er & 30er Jahre im New York des vergangenen Jahrhunderts erwacht auf der CD/LP „Alone Together“ zu neuem pulsierendem Leben.
Karl Ratzer spielte seit Anfang der 1960er Jahre in diversen (eigenen) Rock-, Funk- & Soulbands, in den 70ern ging er in die USA (Zusammenarbeit mit Jeremy Steig, Joe Chambers, Dan Wall, Chaka Khan, Chet Baker, u.a.), nach seiner Rückkehr nach Wien in den 80ern begann er sich mehr und mehr dem Modern Jazz zuzuwenden, ohne die funkigen Grooves zu vernachlässigen. Ein wichtiger musikalischer und spiritueller Einfluß für ihn war und ist der Pianist Fritz Pauer, der ihn mit Musikern zusammenbrachte, die an der Musikuniversität Graz unterrichteten, wie Howard Curtis und Ed Neumeister, die dann auch Teil des Karl Ratzer Quintetts mit Johannes Enders und Peter Herbert wurden, mit sehr erfolgreichen Auftritten in Österreich und Europa. In der Folge entstand daneben auch ein Trio (mit P. Herbert & H. Curtis) und kam es auch zur Zusammenarbeit mit Franz Koglmann (tp, flh). CD-Produktionen wie „Tears“, „My Time“, Underground System“ belegen eindrücklich die Vitalität der Musik dieser Ensembles, die nach wie vor aktiv sind.
Ed Neumeister stammt aus den USA (West Coast), begleitete Stars wie Frank Sinatra, Nancy Wilson und Sarah Vaughan, spielte ab 1980 in New York in den Bigbands von Lionel Hampton, Buddy Rich & Gerry Mulligan, danach über 15 Jahre im Duke Ellington Orchestra (Posaune & Arrangements) und parallel dazu im Mel Lewis Orchestra (mit Joe Lovano & Tom Harrell). Neben seinen Jazz- Aktivitäten spielte er auch in Sinfonie-Orchestern in San Francisco und New York. Anfang der 2000er Jahre zog er nach Graz, wo er 17 Jahre an der Musikuniversität unterrichtete. Er gründete mehrere eigene Ensembles (u.a. mit Fritz Pauer, Piano und Jay Clayton, Vocals) in Österreich, Los Angeles und New York, wohin er 2017 zurückkehrte. Während seiner Zeit in Österreich holte ihn Karl Ratzer in sein 2012 gegründetes Quintett, das nach wie vor besteht (Konzerte zu Silvester & Neujahr im Porgy & Bess in Wien werden seit Jahren traditionell von Karl Ratzer Ensembles mit Ed Neumeister bestritten).
„Alone Together“ ist ein Konzentrat und Destillat aller gemachten Erfahrungen der Interpreten mit dem Repertoire des „Great American Songbook“.
Eine melancholische und respektvolle Liebeserklärung an eine Zeit, die unwiederbringlich vergangen ist, von Karl Ratzer und Ed Neumeister jedoch wieder zu neuem Leben erweckt wird!
Es gibt nicht viele österreichische Musiker, die von sich behaupten können, einen auch international hervorragenden Ruf zu genießen. Der Jazzgitarrist Karl Ratzer ist einer davon. Egal ob in Amerika oder hierzulande, überall wird der Wiener wegen seines außergewöhnlichen Gitarrenspiel geschätzt.
Ratzers Karriere begann im zarten Alter von 15. Jahren. Als Mitglied der legendären Band Gypsy Love, bei der er neben Jano Stojka, Kurt Hauenstein und Peter Wolf spielte, machte er sich bereits in frühen Jahren einen Namen. Anfang der 70er Jahre zog es den Ausnahmemusiker in die USA, wo es ihm innerhalb kürzester Zeit gelang, Fuß zu fassen. Die Liste der Namen mit denen Karl Ratzer zusammenarbeitete, liest sich wie das "Who is who" der jüngeren Musikgeschichte.
So war er gleich in ein Projekt mit dem Namen "High Voltage" involviert, in dem er sich gemeinsam mit der heute weltberühmten Chaka Khan die ersten Sporen verdient hat. Gefolgt von zahlreichen Kooperationen mit internationalen Größen wie Jeremy Steig, Art Farmer, Clark Terry, Lee Konitz oder Steve Grossman, kehrte Ratzer schließlich 1980 in seine Heimatstadt Wien zurück. Seither war er als Gastprofessor an diversen Hochschulen für Musik und darstellende Kunst tätig.
Einem Europäer unüblich, besitzt Karl Ratzer die Gabe, seinem Blues jene Tiefe zu verleihen, die dem Zuhörer das Gefühl vermittelt, als stamme der Musiker selbst aus dem Mississippi-Delta. Wie alle großen seines Genres beherrscht der Wiener "Enttäuschungen genießbar zu machen, das Widrige und Niedrige nicht bloß auszuhalten, sondern es musikalisch zu vergolden."
Karl Ratzer kam 1950 in Wien zur Welt. Eine Stadt, in welcher der überstandene Krieg noch sichtbar war. Seine Familie hatte unter der Nazi-Diktatur besonders zu leiden und der Start ins Leben schien schwierig. Doch Karl Ratzer war die Musik in die Wiege gelegt. Von einem Wunderkind kann man nur deswegen nicht sprechen, da die äußeren Umstände nicht geeignet waren, ein so begabtes Kind zu fördern. Er begann schon sehr früh sich selbst das Gitarre spielen beizubringen. Fast noch im Kindesalter wurde er Mitglied der Vienna Beatles, eine der besten Livebands im damaligen Wien und schon mit 15 Jahren hatte er als Gitarrist und Sänger der Band Slaves einen Tournee-Vertrag durch die Schweiz und Deutschland in der Tasche.
Als er Wien 1972 verließ, um in die USA zu gehen, war er ein Rockstar, der von seinen Fans kultartige Verehrung genoss.
In den Staaten konnte er sich sofort in der Szene etablieren. Er wirkte bei der Band High Voltage mit. Diese Formation wurde später unter Rufus & Chaka Khan berühmt. Aber auch viele andere bekannte Musiker luden ihn zur Zusammenarbeit ein. Karl Ratzer sog die amerikanische Musik auf wie ein Schwamm. Schnell war er in den verschiedensten Stilen beheimatet. Funk, Soul, Jazz und über all dem, der Blues, so wie er zwischen dem Süden und NYC gewachsen ist. Keine Schule, keine Universität sondern das Leben in den Clubs, erst in Atlanta dann in NY, ließen ihn zu einem der weltbesten Gitarristen reifen. 1977 erfolgte die erste Bandgründung mit Jeremy Steig, Dan Wall, Eddie Gomez, Joe Chambers und Ray Mantilla. Die erste LP mit dieser Band kam dann 1978 bei Vanguard heraus. Genre: Blues, Funk / Soul, Jazz.
Neben seiner virtuosen Technik, war es vor allem die Stilsicherheit im Sound, die er sich in den Amerikajahren aneignete. Seine Gitarre klingt immer authentisch, egal ob er Rock, Blues oder Jazz spielt.
JAZZ, JAZZ, JAZZ ....
1980 brachte ihn eine Tournee mit Chet Baker nach Europa. Er kehrte schließlich nach Auftritten in Italien, Frankreich und der Schweiz nach Wien zurück. Den Live Mitschnitt aus Paris im Gepäck konnte er gleich wieder in die Wiener Szene einsteigen. Er spielte mit allen Größen des heimischen Jazz und traf auf unzählige internationale Stars, die in Wien Station machten. Nun war er es, der die verschiedenen Projekte initiierte und leitete. Seine Kompromisslosigkeit in Sachen musikalische Qualität, machte es seinen Partnern nicht immer leicht. Für seine Musik aber wurde er von den Musikern verehrt und vom Publikum geliebt. In diesen Jahren begann auch seine Lehrtätigkeit an verschieden Schulen und Instituten. Er entwickelte eine eigene praxisbezogene Unterrichtsmethode für Gitarristen verschiedener Reifestufen. Von 1999 bis 2003 war er als Gastprofessor an der Kunstuni Graz. 2004 wechselte er an das Vienna Music Institute und das Vienna Konservatorium, wo er bis Dato als Dozent tätig ist.
Dieser musikalische Lebensabschnitt spiegelt sich in einem Zitat von Karl Ratzer selbst wider: "Ich spiele nicht mehr Gitarre, sondern ich mache Musik."
Die sprunghafte Zeit des Suchens und Experimentierens ist vorbei. Gegenwärtig arbeitet Karl Ratzer an einigen wenigen Projekten. Er möchte sein Wissen, sein Können und seine Erfahrung vor sich Ausbreiten und daraus die notwendigen Elemente nehmen um sie mit höchster Präzision in diesen Projekten zusammenzufügen. Seine Kompositionen erhalten Arrangements und seine Bands Bläsersätze. In diesem Rahmen lässt Karl Ratzer seine Gitarre klingen wie es nur wenige vermögen und sein Gesang berührt das Publikum.
„Ich verbrachte wunderbare Jahre in den USA und hatte geniale Lehrer wie Joe Chambers, Eddie Gomez oder Jeremy Steig, die meine Musik bis heute prägen. Bedauerlich ist, dass diese talentierten Musiker in ihrer Heimat kaum Anerkennung oder Jobs finden und oft nach Europa kommen, um überleben zu können. Dabei denke ich mir manchmal, Österreich ist ein Operettenland, da muss doch auch für uns Jazzer Platz sein und die Möglichkeit bestehen, mit unserer Musik Geld zu verdienen.“