Staatstheater & Feinrippensemble sind fremd gegangen - in die ÖBB-Remise - das schreit nach dem Riesenerfolg nach einer Wiederaufnahme im Treibhaus. Das ist eine Herausforderung. Quasi High Noon...
Eine junge Frau heuert eine ruchlose Truppe aus Gesetzlosen an, um einen Zug voller Gold zu überfallen. Das Gold gehört einem kaltblütigen Großgrundbesitzer, mit dem sie noch eine Rechnung offen hat. Die schon etwas in die Jahre gekommene Bande trifft sich in einer aufgelassenen Remise – mitten im Nirgendwo – und schmiedet einen waghalsigen Plan.
Wir begleiten einen verrückten Haufen aus Outlaws und HeldInnen in den staubigen und dreckigen Wilden Westen. Dort kämpfen sie ums Überleben und sind auf der Suche nach Reichtum, Rache, Glück und: Natürlich Liebe. Dass dieses Abenteuer kein Adventkranzbinden wird und nichts für kleine Kinder ist, versteht sich von selbst….
Mit viel Witz und Hingabe erzählen das Staatstheater und das Feinripp Ensemble unter der Regie von Gerald Votava und in der Ausstattung von Esther Frommann einen außergewöhnlichen Western in einer außergewöhnlichen Location. (no na!)
Regie: Gerald Votava
Ausstattung: Esther Frommann
mit
Thomas Gassner
Carmen Gratl,
Ute Heidorn
Lisa Hörtnagl
Markus Oberrauch,
Bernhard Wolf
JOACHIM LEITNER - tiroler tageszeitung
„Tennessee Blend“ ist ein Theaterereignis. Kein bierernstes, versteht sich. Ein pralles, derbes, bisweilen saublödes und doch hochdramatisches Ereignis. Eines also, das es auch aushält, ernst genommen zu werden...
Schon der Spielort für das Westernstück, das am Samstagabend uraufgeführt wurde, verspricht Spektakel...
Doch weiß man sich bei „Tennessee Blend“ sofort in besten Händen: Ein Bürgerkriegsveteran (Thomas Gassner) fordert mehr Differenzierung in identitätspolitischen Debatten und schießt – alter, weißer Mann bleibt alter, weißer Mann – eine Sexarbeiterin (Bernhard Wolf) über den Haufen. Der Western ist ein grausames Genre, zynisch, sexistisch und rassistisch. Wer heute Western spielt, muss das mitdenken. „Tennessee Blend“ macht sich da keine Illusionen. Thomas Gassner, Bernhard Wolf und Markus Oberrauch vom Feinripp Ensemble haben das Stück geschrieben, zusammengebastelt aus tausendundeinem Film, mit Schenkelklopfern angereichert und in ein von dunklen Vorahnungen und irrwitzigen Rückblenden gut getaktetes Korsett mit Twist und Doppeltwist gesteckt.
Für die Illusionen sind Regisseur Gerald Votava und Staatstheater-Ausstatterin Esther Fromann zuständig. „Tennessee Blend“ fühlt sich wie Film an, wie großes Kino: mit fettem Soundtrack, Nebel, schönstem Technicolor-Rot, dazu Colts, Kautabak und kunstvoll abgetragene Kostüme. Das schönste trägt Carmen Gratl, die eine bigotte Betschwester mit Präzisionsgewehr spielt. Mit ihrer eher am Diesseitigen interessierten Schwester (Ute Heidorn) ist sie Teil einer Truppe versehrter Tunichtgute. Sie werden von einem rätselhaftes Rehäuglein (Daniela Bjelobradić) und ihrem Kompagnon (Markus Oberrauch) für einen Überfall angeheuert. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Genau genommen sogar nur die Hälfte der Hälfte.
Gespielt ist „Tennessee Blend“ hervorragend: manchmal parodistisch breit, dann wieder mit feinem Fokus auf die ganz großen Erschütterungen, die nur kleine Gesten brauchen. Kurzum: ein Spektakel. (jole)