treibhaus

Kulturprogramm für Stadtbenützer

Spielplatz am Volksgarten. Angerzellgasse 8, 6020 Innsbruck. Geöffnet alltäglich von 16:00 bis Sperrstund ist.

DONA ROSA: DIE BLINDE FADOSÄNGERIN AUS LISSABON

Ich schließe meine Augen um besser sehen zu können: Dona Rosa, die blinde FadoSängerin aus Lissabon
Für die  "Stimmen Gottes" suchte  André Heller jene blinde Fado-Sängerin aus Lissabon, deren Stimme ihn vor Jahren als Straßensängerin in der Fußgängerzone Lissabons zutiefst bewegt und seitdem nicht mehr losgelassen hatte.
Nach einer Suche, die geradezu detektivische Arbeit erforderte, glückte es seinen Freunden schließlich, Dona Rosa zu finden. Und eine Karriere begann, die aber nichts an  Musik und Intensität von Dona Rosa veränderte.
" Am liebsten träume ich, denn im Traum kann ich sehen, da möchte ich dann gar nicht aufwachen."

Dona Rosa ist nicht eins von den Fado Sternchen, die jedes Jahr entdeckt werden, sondern sie berührt mit ihrer Musik die Seelen der Menschen. Ihr neues Konzertprogramm führt uns mitten in das Leben der DONA Rosa - in ihre Dunkelheit aber auch in den morbiden Charme Lissabons.
Der erste Teil ist ein Konzert im Dunkeln, so wie die blinde Musikerin dies selbst erlebt -  Das Schwarz um uns herum schärft die Sinne. 
"I don‘t like red, I like blue, I like yellow, I like white, but I really prefer black"  Dona Rosa   
Im 2.Teil führt Dona Rosa und ihr Ensemble das Publikum durch ihre Stadt, den Alltag, die Straßen und das Leben und spielt dazu einen wunderbaren Soundtrack zu den Bildern Lissabons, projeziert auf eine Leinwand hinter der Bühne.“Im Kanon der Fadistas nimmt Dona Rosa eine Sonderstellung ein, ganz sicher nicht weil sie blind ist. Das thematisiert sie zwar, soll aber nicht alleiniges Thema sein. Wie sie mit dem Schicksal umgeht ist beeindruckend. Keine Spur von Saudade und Tristeza in den klaren Gitarrenklängen und ihrer präsenten Stimme wenn sie uber ihr inneres Licht singt.” FAZ Journal

Dona Rosa ist keine gestylte Fado-Kunstfigur, die mit ätherischer Schönheit und hinreißendem Augenaufschlag die Schickeria zum Pop-Fado Event in die Hallen lockt. Im Jahr 2000, live präsentiert auf der Weltmusikmesse WOMEX in Berlin, begann für Rosa eine ganz neue Lebenserfahrung. Erstmals interessierte sich ein Publikum für ihre Person. Neue Dinge, die ihr Leben berührten, stürmten auf sie ein, verunsicherten Rosa, ließen sie zweifeln, da ihr Leben plötzlich von Grund auf verändert wurde. Falsche Freunde finden sich überall schnell, und als Straßensängerin wurde Dona Rosa in Lissabon nicht mehr akzeptiert. Die anderen Straßen- und Überlebenskünstler erzählten ihr, daß sie nun ein Star sei und wenn sie kein Geld hätte, dann würde sie eben ausgenutzt. Ihre Geschichte stand auf der Titelseite der portugiesischen Zeitung Pública ( 12/2000), das 1. deutsche Fernsehprogramm (ARD) drehte einen Beitrag für das Kulturmagazin Kulturreport, Konzerte in Deutschland, Frankreich, Italien, England , Belgien, Dänemark, Schweden, Finnland, der Tschechischen Republik, Österreich und der Schweiz folgten. 200 Konzerte gab DONA ROSA seitdem in Europa, und Dinge wie ein Flugzeug, von dem sie keinerlei Vorstellung hatte, sind ihr mittlerweile vertraut.
Unser Weltbild ist stark durch Visuelles geprägt, und Rosa mußte Vertrauen zu Dingen, Menschen und Situationen fassen, die Sehenden selbstverständlich sind. Vieles mußte die über 40 Jahre alte Sängerin erst lernen, was anderen vertraut ist, gerade auch ein anstrengendes Tourneeleben, ohne die gewohnte Umgebung.
Nach einem ihrer Konzerte sagte sie in der Garderobe des Konzertsaals, als es um dieses Thema ging: " Am liebsten träume ich, denn im Traum kann ich sehen, da möchte ich dann gar nicht aufwachen." Ansonsten ist Rosa Francelina Dias Martins eine wache Musikern, die vor allem bald englisch lernen möchte, um mit den vielen Menschen in ihren Konzerten besser kommunizieren zu können.

BERÜHREND & BEWEGEND: EIN MÄRCHEN

Nur der Respekt vor der Wahrheit und der Tragik ihrer ersten Lebenshälfte verbietet es, den Abriss über das Leben von Dona Rosa mit "Es war einmal ..." zu beginnen. Die Geschichte der Fado-Sängerin gleicht einem Märchen, man traut sich deshalb kaum, sie zu erzählen. Und dennoch soll es sich genau so zugetragen haben.

Die Geschichte der Dona Rosa (eigentlich: Rosa Francelina Dias Martins) beginnt mit einem Unglück. Gerade einmal vier Jahre alt, erblindet die kleine Rosa nach einer Meningitis-Infektion. Ihre aus dem Norden Portugals stammende Familie ist arm und verfügt deshalb kaum über die Möglichkeiten, Dona Rosa die nötige Förderung zukommen zu lassen. Aufgewachsen ist Dona Rosa in Lissabon, und dort bleibt sich auch, als die Familie sich zur Rückkehr in den Norden entschließt. 
Ihren Lebensunterhalt verdient sie seither in den Straßen von Lissabon durch Betteln, den Verkauf von Zeitschriften und Lotterielosen. Und sie singt. 

Als Straßensängerin wird sie von zahllosen Einheimischen, Pendlern und Touristen gehört. Einer der Touristen ist André Heller, der ihre Stimme fortan nicht mehr vergessen kann. Als er später für eine Produktion des österreichischen Fernsehens eine Fado-Sängerin benötigt, erinnert er sich an Dona Rosa - und die Suche nach der obdachlosen, blinden Straßensängerin beginnt. 

Nun, der Ausgang der Geschichte ist bekannt. Dona Rosa wird im Jahr 2000 zur Weltmusikmesse WOMEX eingeladen, ihre Geschichte wird von portugiesischen und internationalen Medien aufgegriffen und verbreitet. Zweihundert Konzerte zwischen Finnland und Italien gab sie seither. Auf ihrer ersten CD "Histórias da Rua" (Geschichten der Straße) präsentiert sie das ganze Repertoire ihres Könnens. Sie beeindruckt vor allem durch die Lieder, die ohne instrumentale Begleitung singt. Sie singt diese Stücke mit geradezu traumwandlerischer Sicherheit und einem Maß an Ausdruckskraft, das den Atem stocken lässt. 

Ihre Stimme durchdringt Mark und Bein und berührt das Innerste der Zuhörerseele. Auch auf ihrem neuen Album "Segredos" (Geheimnisse) gibt es diese Momente voller Leidenschaft und "Saudade", diesem urtümlichen Gefühl von Sehnsucht und Wehmut, das nur Portugiesen wirklich kennen, und wie es nur im Fado ausgedrückt werden kann, wenn nämlich Dona Rosa, sich selbst auf der Triangel begleitend, von enttäuschter Liebe singt ("Mariquitas"), oder von der Einsamkeit des jungen Mädchens fern der Heimat ("A moça chorava"). 

Doch es ist nicht allein der Fado, dessen tief melancholische Atmosphäre sie in so unvergleichlicher Weise beschwört, auch traditionelle Volkslieder gehören zu ihrem festen Programm. Lieder wie "Milho verde" oder "Laudarinha" (beide auf dem neuen Album "Segredos" zu hören) öffnen kleine Fenster vorsichtiger Freude und Leichtigkeit und beweisen, dass die Sängerin ihren Optimismus und ihre Lebensfreude trotz vielfacher Schicksalsschläge und eines wirklich bewegten Lebens keineswegs verloren hat. 

Dona Rosa hat einiges nachzuholen. Die "Straßensängerin" hat ist zur gefeierten Bühnenkünstlerin geworden, die mittlerweile nicht mehr allein auftritt. Auch "Segredos" wird sie wieder live präsentieren, begleitet von ihrem Künstlerischen Leiter und Arrangeur Enzo D'Aversa (Akkordeon) und Raul Abreu (Portugiesische Gitarre). 

Und, so erzählt ihre Plattenfirma, sie will Englisch lernen, um mit ihrem internationalen Publikum besser kommunizieren zu können. Doch diese Mühe muss sie sich eigentlich nicht machen. Hat sie doch die seltene Begabung, sich allein nur durch das Timbre ihrer Stimme mitteilen zu können - und überall verstanden zu werden.

 

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