Nach Schmieds Puls, 5KHD, Valentine etc präsentiert die Ausnahmemusikerin ihre erste Band & Album unter ihrem Namen, ein wunderschönes Überlebensalbum, ein musikalischer Unterschlupf, abgrundtief & geborgen.
Der Output und die Vielseitigkeit von Mira Lu Kovacs sind jenseitig. Nicht alle zwei Jahre ein Album, eher zwei Alben pro Jahr plus x Kooperationen. 2013 erschien die vielfach preisgekrönte Sängerin, Singersongwriterin und Komponistin als Mastermind des Trios Schmieds Puls auf der Bildfläche, mit Balladen, zielgenau und treffsicher wie ein sauberer Schuss ins Schwarze. Niemand kommt vor Kovacs Liedern ungeschoren davon.
Als Stimme der avantgardistischen Supergroup 5K HD experimentiert sie mit Effekten und Verfremdungen, bei den Grunge Pop Senkrechtstarter*innen My Ugly Clementine spielt sie als Sidewoman Gitarre, mit Clemens Wenger transformierte sie ihre Lieder in Arrangements für ein 10köpfiges Ensemble, dem Wiener Belvedere Museum komponierte sie das Corporate Design – Mira Lu Kovacs wechselt fliegend die Rollen auf dem breiten Spektrum zwischen Pop, Hochkultur, Experimenteller und Elektronischer Musik.
Mit What Else Can Break präsentiert die Ausnahmemusikerin das erste Album explizit unter ihrem Namen, ein wunderschönes Überlebensalbum, ein musikalischer Unterschlupf, abgrundtief und geborgen.
„Ich empfinde eine so große Liebe für dieses Album, weil es so schonungslos leidend und ehrlich ist und sich damit befasst! Es läuft nicht weg, es ist sehr mutig.“
Mira Lu Kovacs macht für das postpatriarchale Zeitalter klar: Gefühle zu zeigen ermächtigt. Radical Softness ist das Werkzeug der Rebellion
„Die extremste Form gewisse Dinge zum Ausdruck zu bringen ist, sie leise zu tun.“
Von Stuck bis Stay A Little Longer zieht Mira Lu Kovacs aus ihren Liedern einen Schmerz, der uns spüren lässt, dass es sich in dieser Scheiß-Welt zu leben lohnt. Off you go: Düster, leichtfüßig, beruhigend, trauernd, augenzwinkernd, beschwingt.
„Wäre Corona nicht gewesen, hätte ich 1000 Sachen gleichzeitig gemacht, aber nicht dieses Album geschrieben. Ich hätte nicht die Zeit gehabt, so viel emotional zu hinterfragen, so viele Stunden mit mir selbst zu verbringen und so detailliert an jedem einzelnen Sound zu arbeiten. Für den Entstehungsprozess war das eine Traumsituation.“
Alle Vocals hat Mira Lu Kovacs alleine mit sich im „Corona-Bedroom-Studio“ eingesungen. Jeder Song ist von dieser Nähe und Intimität durchdrungen. What Else Can Break ist das unprätentiöseste ihrer bisherigen Alben, close to home. Auf dem Track Zufriedenheit hören wir das erste Riff, das Kovacs in ihrem Leben geschrieben hat, als Kind, das einfach macht, was sich richtig anfühlt. Statt astrein das Virtuose zu verfolgen
LINE UP_
Mira Lu Kovacs - Guitars, Vocals
Mona Matbou Riahi - Clarinette, Vocals
Beate Wiesinger - Basses, Vocals
Günther Paulitsch – Drums
STANDARD - Amira Ben Saoud
Kovacs widmet sich auf ihrem ersten Album unter ihrem eigenen Namen der Authentizität des Fühlens
Rosa Untergrund, darauf liegen als starker Kontrast bedrohlich drei Messer. In der Mitte, umringt von einer Perlenkette, steht der Spruch: "Radical Softness as a Weapon". 2015 kreierte Lora Mathis dieses Bild, das sich viral im Internet verbreitete – und damit auch das Konzept der Radical Softness. Es meint, mit den eigenen Gefühlen und vermeintlichen Schwächen nicht hinter dem Berg zu halten. Besonders Frauen, denen zeit ihres Lebens eingetrichtert worden war, sich männlich konnotierte Eigenschaften wie (laut)starkes, aber kaltes Auftreten zulegen zu müssen, wenn sie etwas reißen wollen, konnten viel damit anfangen. Die kleine Radical-Softness-Bewegung, die sich als durchaus politisch wahrnimmt, stellt sich die Frage, ob die Welt nicht ein besserer Ort wäre, würden sich die Harten mehr die Zarten anpassen statt umgekehrt.
Auch zu Mira Lu Kovacs, Jahrgang 1988, sprach das Konzept des radikalen Weichseins, wie wir im Pressetext zu ihrem neuen Album What Else Can Break lesen. "Die extremste Form gewisse Dinge zum Ausdruck zu bringen ist, sie leise zu tun", sagt sie dort.
Gewissermaßen handelt es sich um das Debütalbum der in den letzten Jahren überpräsenten und kollaborationsaffinen Musikerin (5K HD, My Ugly Clementine) – denn im Gegensatz zum früheren Projekt Schmieds Puls, das immer mehr als Band aufgefasst wurde als als das, was es eigentlich war, nämlich die Kopfgeburt einer Chefin, die Instrumentalisten beschäftigte, positioniert sich Kovacs nun klar als Solokünstlerin. Das ist meins, das bin ich! Kovacs will nicht mehr den Anschein erwecken, sich hinter Künstlernamen und Gruppenkonstellationen zu verstecken. Bühnen- und Privatperson rücken näher zusammen.
Tatsächlich schafft sie es unter Verzicht auf musikalisches Pathos, wie man es ja auch schon von ihr gehört hatte, Nähe herzustellen. Man hat das Gefühl bei der Singer-Songwriterin im Corona-Bedroom zu sitzen, während sie auf der Gitarre spielt und singt, als täte sie es nur für die eine Person, die gerade zu Gast ist. Die Produktion ist zart besaitet: gelungen auf akustische Gitarrenmelodien reduziert, etwas Elektronik für die Atmosphäre, da und dort ein Bass, ein Schlagzeug. Die verwendeten Instrumente wissen sich außerdem Kovacs’ im lichten Höhenrausch befindlicher Stimme brav unterzuordnen.