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Kulturprogramm für Stadtbenützer

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WORT AM MONTAG MIT: PETER PILZ. ES MODERIERT: MICHAEL SPRENGER

Niemals will die ÖVP unter Bundeskanzler Karl Nehammer mit der von Herbert Kickl geführten FPÖ koalieren." Wieweit das nach der Wahl noch gilt - darüber diskutiert TT-Innenpolitik-Chef  Michael Sprenger mit Peter Pilz, der in seinem neuen Buch "OSTBLOCK: Putin, Kickl  und ihre ÖVP" ziemlich genaue  Regieanweisungen gegeben hat. 

Ist Österreich Putins nächster Dominostein? 
„Niemals" will die ÖVP unter Bundeskanzler Karl Nehammer mit der von Herbert Kickl geführten FPÖ koalieren. Dabei sind die Weichen vor der Nationalratswahl längst gestellt. In seinem neuen Buch beschreibt Peter Pilz die Vorbereitungen zur Machtübernahme durch einen Rechtsblock aus ÖVP und FPÖ: Während die FPÖ keinen Hehl aus ihrer putinfreundlichen Haltung macht, hat die ÖVP jahrzehntelang russische Spionage in Österreich geduldet und enge wirtschaftliche Verflechtungen mit Russland gefördert. 
Der Kampf um die Macht wird 2024 vor allem mit Nebelgranaten geführt. Einige wie die „Leitkultur"-Debatte und den Fall „Ott" untersucht Peter Pilz im Detail. Doch auch der Angriff auf das BVT unter „Sicherheitsrisiko" Herbert Kickl, der Schaden für die österreichische Politik und die Gefährdung der Demokratie kommen zur Sprache. Eine Frage steht dabei immer im Mittelpunkt: Wird aus Putins österreichischer Hintertür in die EU nach Ungarn sein zweiter Brückenkopf in Mitteleuropa? 

Peter Pilz, geboren im obersteirischen Kapfenberg, studierte Volkswirtschaft an der Uni Wien und lebt mit seiner Frau Gudrun in Wien. Er war 25 Jahre lang Abgeordneter im österreichischen Nationalrat und acht Jahre Gemeinderat in Wien. Von „Lucona“ und „Noricum“ bis „BVT“ und „Eurofighter“ versuchte er, aus den Untersuchungsausschüssen des Parlaments scharfe Instrumente der Kontrolle von Regierung und Verwaltung zu machen. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen anderer Parteien setzte er durch, dass der Untersuchungsausschuss Minderheitsrecht wurde und von der Opposition ohne Zustimmung einer Regierungspartei eingesetzt werden kann. Heute ist Peter Pilz Herausgeber der regierungsunabhängigen online-Medienplattform ZackZack.at.


FABIAN SCHMID: "Dann wird aufgeräumt"

24. Juli 2024 DER STANDARD

Peter Pilz war in seinem Leben schon vieles, eines war er nie: ruhig. Mehr als dreißig Jahre hat der gebürtige Steirer in der Spitzenpolitik verbracht. Er war Parteichef, Parteigründer, Klubobmann und Experte für Untersuchungsausschüsse; jetzt ist er Verleger und Herausgeber.
Einige Konstanten gibt es in dieser Karriere: Ehefrau Gudrun Pilz, seine Gemeindebauwohnung in Kaisermühlen und die Tätigkeit als Autor, die er in den vergangenen Jahren wieder intensiviert hat. Sie führt Pilz auch jetzt wieder zurück in die öffentliche Debatte. Ostblock heißt sein kürzlich erschienenes Sachbuch, das eine Abrechnung mit dem Verhältnis von ÖVP und FPÖ zu Russland ist und es problemlos in die Bestsellerlisten schaffte.

Das Werk ist typisch für Pilz: thesenstark und pointiert, aber ausufernd in seinen Themen. Von der Affäre um den Verfassungsschutz geht es zur "Hure der Reichen", von der Debatte um "Leitkultur" zur Macht des Raiffeisen-Imperiums.
Was will Pilz damit erreichen? Es sei eine klare Botschaft, was drohe, wenn der "Rechtsblock" aus ÖVP und FPÖ im Herbst eine Koalition bilde, sagt Pilz dazu. Wer wissen wolle, was ÖVP und FPÖ gemeinsam vorhätten, müsse nur nach Osten schauen: "Orbán ist nach Plan vorgegangen: zuerst Polizei und Justiz und dann das Staatsfernsehen. Jetzt geht es Opposition und Parlament an den Kragen." Orbáns Ungarn, Vučićs Serbien und Ficos Slowakei sind für Pilz die Kernstaaten des neuen Ostblocks.
Wenn Österreich im September dazukommt, wird es gefährlich: "Ein freiheitliches Österreich kann Deutschland anstecken und die ganze EU gefährden". Pilz sieht einen einzigen großen Profiteur: "Putin setzt seit Jahren auf die nationale Rechte in der EU und auf sein EU-Einfallstor 'Österreich'. Mit Raiffeisen und OMV hat er uns wirtschaftlich in der Hand, mit der freiheitlichen Regierung politisch."
Was dann in Österreich passiert, scheint Pilz klar: "Dann wird aufgeräumt, von der WKStA bis zur ZiB 2. Dann geht es um unsere Freiheit." Nach allem, was ihre Spitzen seit 2017 angestellt haben, geht es auch für ÖVP und FPÖ um viel: "Es ist ein Wettlauf. Wenn Rechtsstaat und Pressefreiheit gewinnen, droht nach der Regierungsbank die Anklagebank. Weil es für sie um alles geht, sind sie gemeinsam zu allem fähig."
Deshalb sei es ihm so wichtig gewesen, das Buch vor den Wahlen zu veröffentlichen. Mit der Zack Media GmbH hat Pilz deshalb eine eigene Verlagsstruktur geschaffen, die ihm mehr Kontrolle ermöglicht.
Was bislang fehlt, sind die eigenen Memoiren. Dabei hätte Pilz viel zu erzählen: von einem Tiroler Ayatollah-Anhänger, der ihm vor dem Parlament eine Watsche verpasste, bis hin zu Abenden vor rund vierzig Jahren, als er mit einem texanischen Journalisten spontan einen Minister besuchte.
Doch auch um verpasste Chancen und schwierige Zeiten müsste es da wohl gehen: etwa um sein spätes Scheitern, die Grünen linkspopulistischer zu machen, um die durchaus chaotischen zwei Parlamentsjahre der Liste Pilz bzw. Liste Jetzt und die Vorwürfe eines anlassigen Umgangs mit Frauen, die Pilz vehement bestreitet.

Und wie sieht Pilz die politische Landschaft heute? Welche Partei würde er seinen Leserinnen und Lesern empfehlen? Am wichtigsten sei es, eine Mehrheit des Rechtsblocks zu verhindern, sagt Pilz. Die Beteuerungen von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), nicht mit einer FPÖ unter Herbert Kickl zu koalieren, glaubt Pilz keine Sekunde lang: "Das Duell zwischen den beiden ist 'SNU', strategisch notwendiger Unsinn. Kickl und Nehammer streiten als Verlobte, dass die Fetzen fliegen. Am Tag nach der Wahl überraschen sie dann alle mit dem Hochzeitstermin“, ist sich Pilz sicher. Das geht auch, weil es laut Pilz einen "doppelten Herbert" gibt: "Den Wahlkampf führt Kickl als randalierender Problembär. Dann ist er wieder der brave Herbert, mit dem man wie früher in der Regierung alles machen kann."

Der neue Rechtsblock wird laut Pilz einfärbig. 
"2024 steht Nehammer mit der ÖVP dort, wo 2019 Strache mit der FPÖ gestanden ist. Zum ersten Mal kandidieren zwei freiheitliche Parteien: eine Staatspartei als ÖVP und eine Straßenpartei als Original-FPÖ." Pilz hat die Programme verglichen und stellt fest: "Vom Nein zu Vermögenssteuern bis zur Abschiebung gut integrierter Ausländer haben beide eine gemeinsame Leitkultur."
Begeistert von den linken oder liberalen Alternativen scheint er aber nicht zu sein. Dass er selbst wieder in den Ring steigt, scheint unwahrscheinlich. Da gebe es auch ein eheliches Vetorecht. Schon die Arbeit an Zackzack, das jüngst auf neue Beine gestellt wurde, trübt die Pension. Im Notfall würde sich Pilz aber wohl doch engagieren, um eine neue Partei aus den Angeln zu heben. "Maximal als Geburtshelfer", sagt er. Ruhe ist eben doch keine Option. 

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