Schlagzeug, Gitarre, Vibraphon und Bass genügen HI5, um Genregrenzen beiläufig, spielerisch und kreativ niederzureißen. So etwas hört man nicht alle Tage. Das Zuhören ist hier zugleich Vergnügen und Abenteuer!
Die in Tirol gegründete Band HI5 - bestehend aus Chris Norz (Drums und Percussion), Philipp Ossanna (Gitarre), Matthias Legner (Vibraphon) und Clemens Rofner (Bass) – beweist mit ihrem 7. Album „Pool“ ihren großen Mut zu unbeirrbaren Konstanten. Nach den ereignisreichen und umtriebigen Jahren 2019 und 2020 mit Konzerten und Tourneen (China, Indien, Japan, USA, Kanada, Mexiko) legte die Band nämlich in den Jahren 2021 und 2022 eine Zwangspause ein. Eine Zeit, die dennoch nicht ungenützt blieb: HI5 arbeitete an Kooperationen mit dem radio.string.quartet und dem Jazz Orchester Tirol und brachte die damit verbundenen Projekte auf die Bühne. An diese kreative und künstlerische Energie knüpfte man auch im September 2023 mit einem einwöchigen künstlerischen Aufenthalt in den Tiroler Bergen an. „Pool“ entstand bei diesem Aufenthalt dann schließlich rasch, rauschhaft und dennoch mit der bandeigenen, höchsten Präzision, auch in Hinblick auf einen dort anstehenden Live-Auftritt. Der „Zug“ war jedenfalls immer noch ungebrochen da, der „Klangpool“ – gemeint als der Möglichkeitsraum, aus dem jeder einzelne der Musiker schöpft – funktionierte bestens und der HI5-Sound war wie bereits über die Jahre etabliert deutlich mehr als die Summe der einzelnen Teile.
Entstanden ist dadurch schließlich ein im allerbesten Sinne klassisches HI5-Album, bei dem Improvisation und ausgefuchste, kompositorische Elemente in einer einzigartigen Balance zueinanderstehen. Das Album schafft dabei den großen, dynamischen Bogen, bei dem leise, brachiale und sämtliche Zwischentöne und Nuancen aufs Tapet kommen. Diese enorme Bandbreite lenkt dann auch das Ohr der Zuhörenden automatisch auf das souverän-grandiose Zusammenspiel der Band, die von einem enormen Wissen darüber getragen ist, welche Register der je andere zieht und wie damit kollektiv Überraschungsmomente generiert werden. Die HI5-Klangästhetik wurde dabei insgesamt sogar noch verfeinert: Es gab absolut keine Kompromisse, was die enorme Detailverliebtheit oder die Verschrobenheit betrifft, die sich im vermeintlich Konventionellen versteckt und angefeuert vom Bandgefüge Kapriolen schlägt und Songs und Tracks unerwartete Richtungen einschlagen lässt. Die Band ist mehr bei sich als jemals zuvor in ihrer langjährigen und bewegten Bandgeschichte: Die Mitglieder greifen hörbar mühelos auf ihre jeweilige Soundpalette zurück und erschaffen damit einen Sound, der sich zwar leicht hören lässt, der aber dennoch fast unvermittelt in Untiefen komplexer Klangwelten führt. Die Songtitel legen exakt das nahe und lassen außerdem auch den Humor nicht zu kurz kommen. Mit „Asaph Lillies“ (und zudem mit Inne Ane Owe) ist erstmals eine Komposition von Clemens Rofner im HI5-Kontext aufgenommen wurden, welche äußerst reduziert daherkommt und das Ohr hin zum Sound lenkt. Mit „Matola“ geht es ans Eingemachte: Ein richtiger Brocken wartet auf die Hörenden, bei dem mit Wiederholungen von kreisartigen Akkordfolgen und sich verändernden Stilistiken experimentiert wird. „Melting“ wiederum darf als HI5-Paradestück gelten, bei dem die ganze Bandbreite der Band-Dynamik ausgebreitet wird. Ein biographisch eingefärbter Wortwitz versteckt sich zuvor noch in „Wathatudüp“, der noch individuell zu entschlüsseln sein wird. Rätselhaft – oder zumindest sehr besonders – ist auch das Instrument „Guitaret“, das im kammermusikalischen und sehr ruhigen Minimalmusic-Stück „Ernst“ zum Einsatz kommt. Das ganze Album ist damit Vergnügen und Rätsel gleichermaßen. (Markus Stegmayr)