
«And the sun saw heaven again», singt Edmund Kenny mit tiefer, monotoner Stimme ins Mikrofon. «And the sun saw heaven again». Immer und immer wieder. Manchmal klingt es auch fast wie ein Flüstern. Mit über 12 Millionen Streams auf Spotify ist «Nevada» Kerala Dusts grösster Hit. Der gebürtige Engländer Kenny, der in Zürich aufgewachsen ist, ist der Leadsänger des Trios, das lange als Geheimtipp in der elektronischen Szene galt, mittlerweile aber gar nicht mehr so geheim ist. Musik für die Grossstadt-Anonymität, so bezeichnet Edmund, «Ed», Kenny den Sound von Kerala Dust. Grossstadt, Zürich? Nein, London. Dort ist die Band nämlich entstanden. Genauer gesagt in Südlondon, an der Goldsmiths-Universität, wo Kenny und seine Mitmusiker studiert haben. «In Zürich kennen sich alle irgendwie über irgendwen, es herrscht schon fast eine familiäre Stimmung im Tram, in der Bar oder im Restaurant.» In London sei das anders. «Alle fühlen sich etwas einsam.» Kenny zelebrierte diese Einsamkeit. «Ich war 20 und das erste Mal allein in einer Millionenstadt.» Das hiess: rausgehen, durch Londoner Nachtclubs tanzen. Seinen eigenen Sound finden. Und experimentieren, experimentieren, experimentieren.
Wie ein geglücktes Experiment, so klingt denn auch die Musik von Kerala Dust. Da wummern Techno-Bässe, gepaart mit Einflüssen von Blues, Funk und Jazz. Die Endlosschleifen haben eine hypnotisierende Wirkung. Aber nicht so sehr, dass man nicht mehr dazu tanzen könnte. Und dann sind da die Texte. So abstrakt, dass sie einen zum Nachdenken anregen. Es sind skurrile, abstrakte Kurzgeschichten, wie Kenny sie bezeichnet, ein bisschen à la David Lynch. Der Sänger schreibe oft morgens, dann, «wenn ich noch keine Musik machen mag». Neben dem Schreiben arrangiert und produziert er die Songs auch. Meist, nachdem die drei in Berlin im Studio einige Wochen geprobt und aufgenommen haben. Denn da wohnen mittlerweile Drummer und Keyboarder. Berlin-London-Zürich. Wo lebt es sich nun am besten? In Berlin sei die Lebensqualität besser als in London. Es habe mehr Platz für die Leute, «literally, die Strassen sind viel breiter». Die Infrastruktur sei gut, es gebe viele Musikschaffende. Trotzdem zieht es Kenny immer wieder zurück nach Zürich. Dorthin, wo er aufgewachsen ist, wo Kerala Dust ihren ersten Auftritt hatten. Das war 2016 am Lauterfestival.