25 Jahre und keine bisschen müde. Eine Kultband feiert Geburtstag.
Am Anfang war: Rembetiko, der griechische Blues, "the devil's music". Heimat für Heimatlose, Hafen für Schiffbrüchige, rhythmische Ekstase für Liebesmelancholie. Musik wie das Leben.
20 Jahre später: Der Neorembetiko von Lakis & Achwach ist Musik für das Leben. Eine Klang-Eruption mit virtuoser Stromgitarre, pulsierendem Bass und treibendem Schlagzeug; mit einer Klassischen Gitarre, die zum Orchester wird, einer Klarinette mit jiddischer
Ausgelassenheit und der dunklen Stimme von Lakis Jordanopoulos. Die Instrumente erzählen verwunschene Geschichten aus 1001 Nacht, von den magischen Gewalten des Meeres und den impulsiven Schwingungen mediterranen Lebens. Von den Sphärenklängen der sternenklaren ägäischen Nacht und dem Tosen der entfesselten Elemente des Äiolos, dem Gott der Winde. Vom schweren Duft des Jasmin und der in Retsina ertränkten Einsamkeit. Vom engen Leben am Rande der Großstadt und der Weite der Liebe.
Die Gruppe Lakis & Achwach wurde vor bald 25 Jahren von Lakis Jordanopoulos in Wien
gegründet. Das musikalische Ziel in diesem Projekt war und bleibt bis heute: Ausgehend von
der griechischen Musiktradition Lieder und Instrumentalstücke zu interpretieren, die nicht
im Fahrwasser von bereits bekannten griechischen Schlagern wiederzufinden sind.
Lakis Jordanopoulos - Gesang, Git., Komposition (Griechenland)
Antonis Vounelakos - Klassische Git., Midigit., Gesang (Griechenland)
Christian Gruber-Ruesz - E-Gitarre, Bouzuki, Mandoline (Österreich)
Hartmut Kamm - E-Gitarre (Deutschland)
Manfred Balasz - Saxophon, Flöte (Österreich)
Herwig Thöny - E-Bass, Frettless- und Kontrabass, Gesang (Liechtenstein)
Yildirim Fakilar - Perkussion (Türkei)
Jusuf Topcu - Schlagzeug (Türkei)
Reimar Fochler - Tontechnik (Österreich
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"Das ist kein Leben für Landratten wie dich, die am Festland mehr gesucht und gefunden haben als auf dem Meer" - antwortete der alte Mann als ich ihn darum bat, mir seine Geschichte aus der Zeit als er ein "Piratis" -ein Pirat- war, zu erzählen.
Dann verstummte er und starrte weiter mit versteinerter Miene das Bild an der Wand der Taverna an. Nur seine Augen wurden kleiner -so als wollte er darin etwas wiedererkennen, ein Detail, das für keinen anderen sichtbar war: Ein "Dreimaster" kämpfte mitten im Orkan gegen die Elemente der Natur. Dann nahm er sein Glas, bis zum Rand voll mit Raki und schlug es leicht auf die Tischplatte. "Auf meine Burschen, die jetzt Salzwasser trinken" sagte er laut "bald bin auch ich bei euch" hörte ich ihn dann murmeln, als er die Lippen öffnete um den Inhalt in den Rachen zu leeren.
Ob es der Schnaps war oder die unerträgliche Stille im Lokal, die nur ein tropfender Wasserhahn in der Küche vergebens zu brechen versuchte, ...auf einmal löste sich seine Zunge und er fing an zu singen: "Pinun nero pun almiro, nero ap tin Mesojio" -sie trinken Wasser, das salzig schmeckt -Mittelmeerwasser. Dann lächelte er plötzlich, als hätte er im Bild doch das erkannt, was er die ganze Zeit suchte. "Na endlich sehe ich dich wieder, du Hund ! Hast du geglaubt, du wirst mir entkommen, e?". "Mit wem sprichst du" fragte ich, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten. "Me ton Charo" -mit dem Tod-, sagte er und sprach weiter vor sich hin, als wäre ich gar nicht da, "mit dem einzigen und wahren Herrn der Meere...gestern, heute und in aller Ewigkeit". Und dann fing er an, über die Meerjungfrau zu erzählen, die ihn mehr als jedes andere Wesen auf der Erde geliebt hat und über die versklavte ägyptische Königin, die er um "vier Vermögen" am Al-Chalili Markt frei gekauft hat nur damit sie ihn einmal zum Dank dafür küsst...
DIE TSATISIKI CONNECTION
Wenn der Liedermacher und Fernsehmoderator Lakis Jordanopoulos einen Musiker mit auf die berühmte Insel nehmen würde, so wäre es garantiert Hakan Gürses. Der Dr. der Philosophie ist der kongeniale Multiinstrumentalist (Bouzuki, Gitarre, Querflöte und Ud) und auch die "hohe" Stimme zum getragenen Bass von Lakis Jordanopoulos. Schon seit über 20 Jahren trifft sich die griechische und die türkische Seele von "Lakis & Achwach" auf der Bühne. Nicht nur musikalisch, auch mit Humor und dem liebevollen Umgang mit den Gemeinsamkeiten und den Unterschieden ihrer Kulturen.
Beinahe ebenso lange musiziert Lakis Jordanopoulos mit Herwig Thoeny, dem Liechtensteiner, der von seinen Freunden oft liebevoll "Fürst" genannt wird. Mit seinem Kontrabass sorgt er für die Groove der Tsatsiki - Connection. Man munkelt, dass neben Tsatsiki seine grosse Leidenschaft der Schweizer Käse sein soll.
Doch kein Tsatsiki ohne entsprechende Würze und für die zeichnet der Istambuler Yildirim Fakilar verantwortlich. Der Ausnahmegitarrist übernimmt in der Band den Part des Perkussionisten und das mit einer Power, die ihresgleichen sucht.
In unzähligen Bands haben die Mitglieder der Tsatsiki - Connection schon gespielt, doch was sie nun zusammenführt, ist die reine Freude am Musizieren. Ohne komplizierte Technik aber mit raffinierte Arrangements, ohne Bühnenshow aber mit Witz und Charme entsteht ein Abend, der die Leidenschaft und das Feuer des mediterranen Lebens widerspiegelt.
kleinkunst.at:
Tsatsiki-Connection: für Gourmets & Gourmands
(31.07.2005)
„Ich fahre jetzt den August über nach Griechenland“, meinte ein bereits zu Beginn des Konzertes schweißtriefender Lakis Jordanopoulos lächelnd, „damit ich endlich in etwas kühlere Gefilde komme“. Und: „Ja, die Hitze in Österreich ist anders als in Griechenland, unangenehmer.“ Womit er unbedingt Recht hat, denn was der Wettergott da am vorletzten Julitag zwischen den hitzestauenden Gemäuern des Spittelbergs und somit auch im – man kann es gar nicht oft genug sagen – geilsten Theater Wiens ablieferte, ist weder dem gebürtigen Griechen selbst, noch dem auf Südkreta lebenden Bassisten Herwig Thöny oder mir bis dato untergekommen. Wurscht.
Während wir im Publikum also einhellig konstatierten, dass die griechische Hitze – weil immer mit einer Brise und zumeist mit Meeresluft verbunden – eine weitaus angenehmere sei, erklärten uns die beiden Frontmen des vierköpfigen Ensembles, warum es neben Lakis & Achwach auch die Tsatsiki-Connection gibt. Lakis mit dem für ihn typischen Augenzwinkern: „Wir würden uns gerne als Scheidungsband etablieren, für Firmenauflösungen, Trennungen und so.“ Hakan Gürses ergänzt: „Wir glauben damit eine Marktlücke entdeckt zu haben, denn für diese Anlässe gibt es noch keine passende Musik.“
Während also Lakis&Achwach eher bei Hochzeiten und runden Geburtstagsfesten aufspielen, beschäftigt sich die Tsatsiki-Connection mit Geschichten über das Brauchtum der Scheidungen in aller Welt. „So sollten sich zum Beispiel“, erzählt Hakan, „bei uns in der Türkei Ehepaare sechs Monate vor der Scheidung nicht sehen“. Oder auf Kreta ist eine Scheidung ein dreitägiges Volksfest, mit einem Feuerwerk beginnend und mit echter Munition endend.
So viel zum Hintergrund. Das um einen weißgedeckten Tisch mit Wein, Tsatsiki und Weißbrot drapierte Ensemble – zu Lakis Jordanopoulos und Hakan Gürses gesellen sich Bassist Herwig Thöny und Percussionist Yildirim Fakilar – gestaltet den Abend zu einem unvergesslichen Familienfest, dank mitreissender und sämtliche Emotionsbedürfnisse bedienender Musik, Kleinoden der zumeist griechisch-türkische Gemeinsamkeiten zum Inhalt habender Verbalgeplänkel und hochansteckender Fröhlichkeit. Warum auch nicht – lustige Lieder bei Begräbnissen sollten unbedingt auch ausserhalb von New Orleans gestattet sein. Und – wie gesagt - bei Scheidungen und Geschäftsauflösungen sowieso.
Die Freude an der Freundschaft, mit der seit über zwanzig Jahren die griechische Seele von Lakis und die türkische von Hakan zusammengewachsen sind, überträgt sich nicht nur auf die wirklich witzigen Zwischenrufe der beiden, sondern auch auf ihr musikalisches Schaffen. Es tut ganz einfach gut, mitanzusehen und mitanzuhören wie breit gefächert die (musik-) kulturellen Gemeinsamkeiten der beiden Länder sind, wie respektvoll und von leidenschaftlicher Hingabe beseelt die beiden nicht nur miteinander umgehen, sondern auch mit ihren Liedern. Es ist ganz einfach schön, wenn der Grieche dem Türken seine Baglama (altes, fast winzig kleines Saiteninstrument, vorwiegend in den Liedern des Rembetikos eingesetzt, Anm.d.Red.) gibt, dieser ein Lied auf Griechisch singt und das darauf wiederum der Grieche auf Türkisch. Umso unverständlicher beinahe tagtäglich davon in Zeitungen lesen zu müssen, wie sehr sich diese beiden Völker hassen und misstrauen.
Natürlich kann sich der seit Anfang der 70er Jahre in Wien lebende Auch-Radio- und Fernsehmoderator Lakis Jordanopoulos kleine politische Seitenhiebe gegen einige Protagonisten seiner Wahl-Heimatstadt nicht verkneifen, bekam er für seinen Strache-Hieb „Wien darf zwar nicht Istanbul werden, aber Istanbul darf hoffentlich Istanbul bleiben“ berechtigten und begeisterten Zwischenapplaus, um unmittelbar darauf ein wunderschönes Lied aus der Heimatstadt Yildirim Fakilars anzustimmen. Über Virtuosität und Ausnahmekönnen braucht man bei diesen vier Vollblutmusikanten wahrlich keine Worte verlieren, was aber sehr wohl gesagt werden sollte, ist, dass es wahrscheinlich am einzigartigen Liedgut dieser südosteuropäischen Region liegt, dass Stimmungen jedweder Art immer einen Touch intensiver erlebt werden als jene aus anderen Regionen. Was nachweislich nicht nur ich als deklarierter Freizeit-Grieche so empfand.
Liedgut, das man in großer Besetzung bei Lakis&Achwach-Konzerten immer wieder gerne hört, aber auch Songs, die Lakis&Achwach nie und nimmer anrühren würden, weil diese nur in der kleinen Besetzung optimal rüberkommen.
Lakis&Achwach-Klassiker wie „Gel-Gel“ zum Beispiel, oder „Loja“ berühren irgendwie automatisch, auch ohne Textkenntnisse, sehr einfühlsam auch das ziemlich frische „Pitsidia“, eine Hommage von Lakis an Herwigs Gastfreundschaft. Auffallend auch die vordergründige Taktik der Tsatsiki-Connection: während nämlich die beiden Frontmen Lakis und Hakan nicht nur mit ihren Soloinstrumenten (Gitarre, Bouzuki, Baglawa, Querflöte) und ihren wunderbar harmonierenden Gesangsstimmen glänzen, sind es Herwig Thöny und Yildirim Fakilar, die mit einem sagenhaften Drive die Connection quasi aus der zweiten Reihe heraus vor sich hertreiben, um bei den ruhigeren Liedern wieder den einen oder anderen Gang zurückzuschalten und einmal mehr eindrucksvoll beweisen, dass die Faszination Musik mit einem schier unendlichen Facettenreichtum ausgestattet ist, das es nicht nur den Musikern selbst, sondern auch den Zuhörern erlaubt, jeden Ton, jeden Akkord, jeden Rhythmus und jede Melodie ganz persönlich zu erfühlen und erleben.
Besonders lustig waren im übrigen die zwischendurch erzählten Saloniki-Witze, die in Griechenland in etwa den Status unserer Burgenländerwitze haben dürften. Kleine Kostprobe gefällig?
Ein uraltes Ehepaar will sich scheiden lassen, tritt vor den Scheidungsrichter, dieser fragt: „Warum lässt ihr euch jetzt erst scheiden, ihr habt doch sicher schon früher festgestellt, dass ihr euch nicht vertragt?“ Darauf die beiden Alten: „Wir wollten damit warten bis die Kinder tot sind.“
Fazit dieses grandiosen Abends: Musik ist und bleibt das wahrscheinlich einzig taugliche Völkerverbindungsmittel und Humor kennt ebenso wenig Grenzen wie des Menschen Individualschicksale. Denn geboren, gelebt, gelacht, geweint und gestorben wird überall. Begeisterung pur!