"Ich träume von einer Rückkehr" Er flüchtete vor zwei Jahren aus Syrien und hofft auf Frieden.
Als Musiker war es Orwa Saleh (30) gewohnt zu reisen, oft wochenlang im Ausland zu sein. Doch Damaskus war immer seine Heimat. Hier lebte er mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn, unterrichtete Musik an der internationalen Schule. Nie hätte es sich Orwa Saleh gedacht, einmal aus seiner Heimat Syrien flüchten zu müssen. Jahrelang lebten alle Religionen in Syrien friedlich Haus an Haus, Tür an Tür. Er selbst ist mit einer Griechin verheiratet.
Vor zwei Jahren entging er nur knapp den Tod. "Ich fuhr mit dem Auto durch Damaskus. Auf der Rückbank saß im Kindersitz mein zweijähriger Sohn, als plötzlich eine Bombe in der Nähe detonierte. Im ersten Moment war ich wie paralysiert. Überall war Rauch. Die Menschen schrien hysterisch. Was sollte ich tun? Sofort auf den Rücksitz zu meinen weinenden Sohn klettern, sofort mit dem Auto umdrehen? In dieser Situation ist man vollkommen hilflos", erzählt der Musiker. Orwa Saleh schaffte es, durch das Chaos unverletzt in seine Wohnung zu kommen. Aber er wusste auch – in Syrien gab es keine Zukunft mehr. Die Lebensmittel wurden immer teurer. "Die Kosten explodierten und fraßen unsere Ersparnisse auf."
Sechs Wochen nach dem Erlebnis stieg Saleh mit seiner Familie ins Flugzeug. "Wir hatten Glück, mussten zwar stundenlang warten. Aber dann stiegen wir in das letzte Flugzeug bevor alle Fluglinien ihre Flüge nach Damaskus strichen", erzählt der Künstler. Als Orwa Saleh einen letzten Blick vom Flieger auf seine Heimatstadt wagte, erkannte er sie nicht wieder. "Man sah nur mehr Rauchwolken von den Explosionen."
Die erste Station auf der Flucht war Athen. "Da meine Frau Griechin ist, hatten wir kein Problem mit der Aufenthaltsbewilligung."
Seit vielen Jahren hat der syrische Musiker einen guten Freund in Linz. Mit 2000 Euro in der Tasche, einem leichten Instrument und den wichtigsten Kleidungsstücken im Gepäck kam die Familie in Linz an. "Mein Freund bot uns an, dass wir anfangs bei ihm wohnen können." Das war vor knapp zwei Jahren.
Mittlerweile verdient Orwa Saleh wieder Geld mit Konzertauftritten. Der Sohn ist mittlerweile vier Jahre alt und besucht in Linz den Kindergarten.
An die Erlebnisse in Damaskus kann er sich nicht mehr erinnern. "Er spricht auch schon gut Deutsch."
Salehs Wunsch an die Zukunft: "Irgendwann möchte ich mich wieder zu Hause fühlen können."
SYRIAN LINKS
Der musikalische Exodus aus Syrien dauert an. Etliche Musiker finden in Österreich eine zweite Heimat. Sie spielen ihre Musik. Sie richten sich ein. Sie strecken ihre Fühler aus.
„Syrian Links“ spinnt bestehende syrisch-österreichische Kooperationen weiter. Ammo und Saleh erweitern die arabisch-kurdische Musik ihrer Heimat mit österreichischen und europäischen Musikerinnen und Musikern. Dadurch entstehen neue Bilder für ein neues Publikum. Erinnerungen werden wachgehalten aber gleichzeitig auch zukünftige, friedliche Perspektiven entwickelt. Sie erzählen ihre Geschichten. Ihre persönliche Betroffenheit wird zum musikalischen Ausdruck. Ihre gemeinsamen Erfahrungen werden zur Energiequelle. Salah Ammo: „Der Klang unserer Musik ist stärker als die schrecklichen Geräusche des Krieges“.
Ein Projekt Hoffnung – nicht nur für Syrien. Keine Hilferufe diesmal - sondern weithin vernehmbare Rufzeichen für mehr Achtsamkeit und Menschlichkeit auf allen Ebenen.
„Wir leben jetzt und hier und wir stellen uns darauf ein. Es entstehen neue Freundschaften und spannende musikalische Begegnungen. Das gibt Kraft und macht Mut. Nicht nur uns sondern auch dem Publikum. Die Musik ist für uns dafür das Medium diese Brücken zu schlagen“, erzählt Salah Ammo über seine bisherigen musikalischen Kooperationen in Österreich.
Salah Ammo lebt in Wien. Das Duo-Projekt mit dem Percussionisten Peter Gabis führte ihn 2014 ins Finale des Austrian World Music Awards und brachte eine Nominierung zum Deutschen Schallplattenpreis.
Orwan Saleh fand in Linz ein neues Zuhause. Dort gewann er mit dem Ensemble RUH den „Preis für Interkulturalität“ 2015.