Harakiri mit Hirtenspieß
In Japan gehen die Uhren bekanntlich anders. Bei den Wahlkämpfen dort sind kritische oder allzu provozierende Aussagen tabu. Die offizielle Gesellschaft vermeidet Konflikte und daher sind nicht belegte Behauptungen untersagt. Alles in Ordnung soweit und sicher als Vorbild geeignet. Doch nun entdeckte ein Politiker im strengen Kodex eine Lücke und fand heraus, dass Nacktfotos nicht verboten sind. Also zeigte er sich auf einem Wahlplakat, wie Gott Izanagi ihn schuf. Mit einem Samuraischwert in der Hand und von Blumen bekränzt. Die strenge Sitte wurde dadurch gewahrt, dass ein Schriftzug sein Reich der Mitte verdeckte. Rein theoretisch: wäre da nichts für uns dabei? Unbekleidete Spitzenkandidaten mit einem Slogan über dem Geschlecht, hm? Statt des Samuraischwerts könnte der allseits beliebte Hirtenspieß als Insignie der Volksverbundenheit dienen. Aber die Botschaft ist klar. „Wir geben das letzte Hemd für das Volk“ oder „Nackte Tatsachen statt ödem Herumgerede“ . Oder „Ohne Wäsch statt leerem Gewäsch“ sozusagen für die Basis. Politiker, wie Gott sie schuf, oder für die Andersgläubigen: wie der Zufall sie schuf, wären in jedem Fall ein Eyecatcher. Natürlich kann die Botschaft Wir sind wie ihr nach hinten los gehen. Zumal die Frauenministerin Beschönigungen auf Plakaten künftig untersagen will. Ungeschminkte Politik könnte sich für das Volk doch als zu ungewohnt herausstellen. Um den Schock abzufedern, empfiehlt sich vielleicht ein zaghafter Start. Quasi Unverblümtheit in kleinen Dosen. Man könnte zunächst mit einem nacktem, will heißen ehrlichen Slogan beginnen. Etwa: „Ich habe keine Ahnung, wie all die Probleme zu lösen sind, aber es wär schön, wenn Sie mich trotzdem wählen!“ Oder: „Natürlich bin ich bestechlich, aber wer nicht?“ Und dann ist es wahrscheinlich schon egal, ob mit Hirtenspieß oder Samuraischwert. Harakiri wäre das allemal.