Wüsteneisbären
Die ÖVP hat in Sachen Strategie immer wieder die Nase vorn. Die neueste Brochure gegen eine rot-grüne Koalition stellt dies eindrucksvoll unser Beweis. Vor diesem Bündnis zu warnen entbehrt natürlich nicht einer gewissen Ironie. Ebenso könnte man eine Eisbären-Warnung in der Sahara aussprechen. Die Symbolik der Kampfschrift mit Hammer und Sichel ist ein Menetekel gegen die Gefahr der Rückkehr kommunistischen Ungeists. Kanzler Kern gar ein Marxist? Dass einige ÖVP-Landeschefs dieses Meisterwerk nicht verteilen lassen wollen, tut der Qualität keinen Abbruch. Hier haben vermutlich einige die Signale nicht gehört, oder besser gesagt in Gottes Namen die Zeichen nicht verstanden. Es gehe schließlich um die Betörung des „Mittelstands“. Offenbar ist das Ständische in den Köpfen der Autoren immer noch sehr vital. Zeitgemäßer wäre der Begriff „Mittelschicht“, da es ja im Moment doch an Oberstand und Unterstand fehlt. Das alles riecht etwas nach Wahlkampf, doch dies wird glaubhaft bestritten. Immerhin unterstellt man hier dem Koalitionspartner, dass er die Macht nicht aus der Hand geben wolle. Dieser Vorwurf macht uns nachdenklich, da es ja zu den Grundaufgaben demokratischer Parteien gehört, keine Macht anzustreben. Weiters wurde der SPÖ vorgeworfen, Begabungen nicht zu fördern. Das ist ungerecht, zumal der Sowjet-Kanzler selbst seine neuen Talente als Pizzabote jüngst unter Beweis stellte.
Vermutlich dient dieses 58 Seiten starke Manifest dazu, die ÖVP als antileninistisches Bollwerk zur Nummer 1 im Land zu machen. Seltsam, davor warnt uns niemand. Wie war das doch mit den Eisbären in der Wüste?