treibhaus

Kulturprogramm für Stadtbenützer

Spielplatz am Volksgarten. Angerzellgasse 8, 6020 Innsbruck. Geöffnet alltäglich von 16:00 bis Sperrstund ist.

ER IST DA: DER TREIBHAUS-KONZERT-PASS # HERBST 24 - gilt bis 31.12. & kost 44€30

Den Treibhaus-Konzert-Pass gibts bereits. // das Konzert-Visum für fast alle Konzerte im Herbst '24 - kostet 44€30 - wie vor 25 Jahren • online hier oder im Treibhaus - gegen Bares an der Bar - bis er ist wieder gar.

CHRISTIAN MUTHSPIEL

Komponist und  Posaunist und Pianist: Dirigent. & Klanginschennieur.
Im Anfang war das Wort - diese lapidare Botschaft aus dem Evangelium nach Johannes wird von Ernst Jandl schon im ersten Wort seines Zitats voll lautmalerischem Hintersinn in Frage gestellt. Die biblische Verkündigung mündet in der totalen Laut- und Wortverdrehung. Und so bekommt Christian Muthspiels vielstimmiges Jandl-Solo „für und mit ernst" eine weitere Bedeutung, weil dieses Solo, das ja doch ein Muthspiel-Solo ist, auch „aus Ernst" besteht und zugleich wider den tierischen Ernst ansingt und „voll Ernst" Jandls „Donner der Sprache" in luziden Klang verwandelt.

Muthspiels Musizieren, Singen und Sprechen ist immer spontan, es ist eine hellwache Improvisation um einen Fixpunkt: um Ernst Jandl. 
Die Musik öffnet und schärft das Ohr für das Wort. Das Wort wiederum erweckt die Musik. Wort und Musik sind kein Gegensatz. Für den, der Hören kann, gibt es keine Rangfolge, denn Jandls Stimme ist ja selbst Instrument; ein Instrument sui generis, auf das durchaus die Zeilen eines Jandl-Gedichts zutreffen:
Christian Muthspiel hat Jandls „Geige" mit traumwandlerischer Leichtigkeit ergriffen und musiziert damit auf ideale Weise. In diesem Musizieren bewahrheitet sich, voll Anmut und Witz, was Ernst Jandl (1925 - 2000) in einem seiner „Letzten Gedichte", die erst nach seinem Tod veröffentlicht worden sind, schreibt:
die ohren sehen wie augen hören
die augen hören wie ohren sehen

 

FÜR UND MIT ERNST
Soloperformance mit Texten von Ernst Jandl

Christian Muthspiel - Posaune, Klavier, Stimme, Electronics, Toys
Ernst Jandls Stimme  

20 jandl-gedichte, zu hören aus des dichters mund,
treten in einen dialog mit vielfältigem akustischen und elektronischen instrumentarium.
eine klingende reise durch den kosmos jandl.
     
die Sonne glüht - die erde dankt
ihr alles was weht und kriecht und schwankt
posaune, klavier, blockflöte, stimme, spieluhr, vogelrufe
ich danke dir, sagt tier zu tier
dass du mich frisst
damit du selbst am leben bist
3 multieffektprozessoren, 1 dj-cd-player, 1 moogerfooger
ich danke dir, sagt mensch zu mensch
dass ich dich zu boden treten kann
damit ich weiter sehe
sobald ich auf dir stehe
2 loop-stations, 12 volume-pedale, 5 mikrophone, 2 pickups
ich werde gefällt, verfüttert, gemäht
damit dein haus aus mir entsteht
damit dein brot dir niemals fehlt
damit dein vieh du schlachten kannst
surround-beschallung für jandls stimmzuspielungen
bis du ein klumpen erde bist
du liebling der sonne
und eine stunde ich ganz alleine auf der bühne
Text: Ernst Jandl, „Liebling der Sonne"

HERRMANN BEIL: ÜBER FÜR & MIT ERNST:

Wenn Jandl sagt, dass ein Sprechgedicht erst durch lautes Lesen wirksam wird, so steigert sich diese Wirkung durch Muthspiels Musizieren, das anspielungsreich die musikalischen Energien in Jandls Gedichten aufspürt und pointiert. Die ewige Debatte „prima la musica, poi le parole", also wer hat den Vorrang - die Musik oder das Wort? -, dieser Disput führt bei Antonio Salieri zu einem Divertimento teatrale, bei Richard Strauss zu einem zweistündigen Konversationsstück für Musik und offenem Ausgang, bei Christian Muthspiel ist es allerdings fraglos klar: prima la musica, prima le parole: Mit und durch Ernst Jandl.
Das unmissverständliche „ssso" am Ende der Performance bedarf eben keiner Musik mehr, denn wir erleben ja schon vorweg beim Hören dieses „ernsten Scherzes", um auch einmal Goethe zu zitieren, den Klang der Worte, also mit welcher Phantasie aus Jandls Gedichtworten Musik springt, quillt, spricht. Der imaginäre Dialog zwischen dem Schriftsteller und dem Komponisten wird zu einem originellen Sprach- und Sprechkonzert, zu einer subtilen wie zupackenden Komposition, in der die überaus beredte Posaune, die behänd gegriffenen Holzpfeifen des messiaenhaften Vogelkonzerts (es konterkariert den grimmigen Humor des Amsel-Gedichts), die raffiniert und nie auftrumpfend eingesetzten elektronischen Loops, der ferne, zarte Schubert-Klang am Klavier eine suggestive Klangwelt schaffen, in der Jandls Wort tatsächlich unter uns wohnt. Es wohnt in Christian Muthspiel und spricht obendrein aus ihm. Dem Rhythmus seines swingenden Sprechens kann sich gewiss keiner entziehen. 
Wer ihn mit seinem virtuos genutzten Instrumentarium live erlebt, der hört und sieht nicht nur ein erfrischendes, poetisches Theaterkonzert, der begegnet vielmehr stets jenem besonderen Augenblick, welchen wir Inspiration nennen. Muthspiels Musizieren, Singen und Sprechen ist immer spontan, es ist eine hellwache Improvisation um einen Fixpunkt: um Ernst Jandl. 
Die Musik öffnet und schärft das Ohr für das Wort. Das Wort wiederum erweckt die Musik. Wort und Musik sind kein Gegensatz. Für den, der Hören kann, gibt es keine Rangfolge, denn Jandls Stimme ist ja selbst Instrument; ein Instrument sui generis, auf das durchaus die Zeilen eines Jandl-Gedichts zutreffen:
in der tiefe freut man sich an einem schön geführten,
warm und voll klingenden organ.
ich würde eine solche geige erwerben.
Christian Muthspiel hat Jandls „Geige" mit traumwandlerischer Leichtigkeit ergriffen und musiziert damit auf ideale Weise. In diesem Musizieren bewahrheitet sich, voll Anmut und Witz, was Ernst Jandl (1925 - 2000) in einem seiner „Letzten Gedichte", die erst nach seinem Tod veröffentlicht worden sind, schreibt:
die ohren sehen wie augen hören
die augen hören wie ohren sehen



DIE ZEIT  Hamburg, 2007
Die Stimme Ernst Jandls scholl aus dem Jenseits herüber; seine lautmalerische, silbenfresserische Agitpoesie nahm der Pianist und Posaunist Muthspiel als rhythmischen Ausgangspunkt einer mal betörenden, mal verstörenden Programmmusik zwischen Verwunderung und Verwundung.
Überm Sch-tz-n-gr-b-n tönten die Jödelchöre. (...)Muthspiel bot nicht nur den Ohren etwas; fasziniert verfolgten die Zuschauer, wie er seine Posaunen- und Klavierläufe und die vielen Perkussionsspielzeuge bis hin zu den Kuckucksrufen während des Spiels ohne Nervosität in Wiederholungsschleifen einspeiste. Spur um Spur, rhythmisch perfekt, bauten sich imponierende Konstrukte auf, denen er über verschiedene Fußpedale kühne Wendungen zu geben verstand, von Jandl'schen Stanzen immer wieder aufgebrochen.

FRANKFURTER NEUE PRESSE  Frankfurt, 2006
Was Christian Muthspiel an blitzender Intelligenz ins köstliche Ernst-Jandl-Massaker einfließen ließ, war erneut phänomenal.  Mag der Einsatz technischer Gimmicks vom Echoplex bis Sampler (nebst einem Rattenköder klingenden Jahrmarktsspielzeug) bei anderen oft den Umschlag von Quantität zu Qualität verfehlen, so gelang er dem Muthspiel geradezu beglückend... Bei Muthspiel entstieg der Sprach- als Klangspieler dem Grab.
KURIER  Wien, 2008
Gedichte, sagte der im Jahr 2000 verstorbene Jandl, müssen gehört und sollten nicht nur gelesen werden. Wie sie Christian Muthspiel mit Posaune, Klavier, Stimme, Toys und Electronics zum Abheben bringt, ist phänomenal. Seine kurzweilige Soloperformance "für und mit ernst" ist mittlerweile ein Klassiker.  Was er aus seiner Posaune mit Dämpfern, aus Flöten und Trillerpfeifen oder aus dem Bauch des Klaviers holt, wie er vom Vogelgezwitscher bis zum Glockengebimmel allerlei einsetzt und Passagen aufnimmt, um sie in der Art von Endlosschleifen erneut als Material einzusetzen und damit zu spielen, ist die Quintessenz klanglicher Experimente. Und alles bleibt stets in Einklang mit der Sprachakrobatik Jandls, der selbst ein großer Jazzfan war.
WAZ  Essen, 2008
Ein aberwitziges Abenteuer von Invention und Intervention, voller Schichtungen unterschiedlichster Klangerzeuger wie Flöten, Pfeifen und Klaviersaiten, die Muthspiel mit stupendem Timing durch die Mühlen elektronischer Ver- und Entfremdungen jagte. Ein hinreißender Dialog zweier k&k-Genies: pointiert, nachdenklich, bissig, oft sehr ironisch und dann wieder befreiend komisch in gelungener Synthese aus Wort- und Muthspiel.
SALZBURGER NACHRICHTEN  Salzburg, 2006
Gut, dass dem „Jazz from Austria" das kreative Potenzial nicht abhanden kommt. Das hatte Christian Muthspiel eindrucksvoll bewiesen: In seinem Solo erwies er mit Posaune und Klavier, Flöten und Stimme, Loops und Bandeinspielungen witzig und innig dem Sprachartisten Ernst Jandl seine Reverenz. Auch so kann das Spiel mit Klangmaschinen klingen.
FRANKFURTER ALLGEMEINE  Frankfurt, 2006
Muthspiel widmet sich ausdrücklich diesem ernsten Jandl, wählt Gedichte, die von Krieg und Gewalt, von Sehnsucht, Musik und Liebe handeln.  „Das müsst ein wahrer vogel sein, dem niemals fiel das landen ein", heißt es in einem von Jandls Gedichten, von vielstimmigem Tirilieren auf Flötchen durchsetzt. Schönes geträumtes Flattern, aber schon zu Beginn werden der Amsel die Beine abgeschnitten.
NEUE KRONEN ZEITUNG  Wien, 2007
Und was Muthspiel aus seiner Posaune, aus den Flöten und Trillerpfeifen oder aus dem Bauch des Klaviers holte, das war hochkonzentriert, die Essenz experimentalen Schaffens.Mit des Meisters, also Jandls, Stimme, die dazwischen bellt, röchelt und darüber schwebt, dabei immer im Einklang mit Muthspiels Spiel bleibt. Danke, Ernst. Danke, Christian.
SCHAFFHAUSER NACHRICHTEN  Schaffhausen, 2007
Alles Musikalische - Klavier, Posaune, Blockflöte, Stimme - wurde fortlaufend elektronisch verarbeitet, das heißt aufgenommen und wieder in den Klangprozess eingespeist. Auf kongeniale Weise überhöht und untermalt der Komponist die von absolut zwingendem Eigenrhythmus geprägte Lyrik des Dichters, der selbst ein großer Jazzfan war.
HALLER TAGBLATT Schwäbisch Hall, 2008
"Im Anfang war das Wort", beginnt Ernst Jandl, dessen Stimme vom Band kommt - außer einer kurzen Choreinspielung an diesem Abend die einzige Tonkonserve; alle anderen Klänge macht Muthspiel live auf der Bühne. Jandl deklamiert also seine Texte, und Muthspiel umspielt sie mit Klavierakkorden, Glöckchengebimmel, Posaunenmelodien, perkussiven Elementen, mit seiner Stimme und überhaupt mit allerlei Tönen und Geräuschen. Manche Texte rezitiert Muthspiel auch selbst. Er artikuliert sie hervorragend und bringt sie in ein rhythmisches Schweben und Beben - einfach mitreißend. Das Publikum erlebt einen atemberaubenden Abend, der in den ernsten wie auch den komischen Texten Jandls Musikalität aufblitzen lässt.
DER STANDARD  Wien, 2006
Christian Muthspiel schuf mittels Echoplex eine strukturell schlüssig ineinander verzahnte, polyfone Collage aus multiinstrumentellen Klängen und Ernst-Jandl-Textmodulen.
DIE PRESSE  Wien, 2006
Der Experimentalmusiker beschwört den Meister in einer eindringlichen Collage mit Original-Aufzeichnungen des Dichters. Der famose Christian Muthspiel tritt dabei mit Hilfe von Posaune, Klavier und Elektronik in Dialog mit Ernst Jandls Stimme.
NIEDERÖSTERREICHISCHE NACHRICHTEN  Wiener Neustadt, 2007
Christian Muthspiel im Stadttheater: ein heftig akklamierter Abend der Poesie in vielfältiger Ausformung.Technisch perfekt gestaltet sich der subtile Dialog zwischen den vorfabrizierten Einspielungen der rezitierenden, röchelnden, säuselnden, bellenden Stimme des verstorbenen Sprachjongleurs einerseits und den pointierten Klangerzeugnissen, welche Christians „Übermuthspiel" auch aus Posaune, Flöten, Klavier etc. hervorzaubert: kongeniale Kommentare und Antworten.


CHRISTIAN MUTHSPIEL: VITA & CO

Geb. 1962 in Judenburg, Österreich, ab 6 Jahren Klavierunterricht, mit 11 zusätzlich Posaune.
Studium an der Musikhochschule Graz (Posaune Klassik und Jazz), alle Studien rechtzeitig und freiwillig abgebrochen. 1987 und 1988 Stipendiat an der "School of Fine Arts" in Banff/Canada.
Als Posaunist, Pianist, Komponist und Dirigent ist Christian Muthspiel sowohl im Bereich des Jazz und der improvisierten Musik als auch im Kontext der komponierten und Neuen Musik international tätig. Zahllose Einladungen zu Konzerten, Produktionen und Dirigaten in viele wichtige Musikzentren der Welt sowie Kompositionsaufträge namhafter Orchester, Ensembles und Solisten geben Zeugnis von seiner stilüberschreitenden, innovativen Arbeit. Ein Hauptanliegen Christian Muthspiels ist die Verbindung von improvisierter mit komponierter Musik und damit die Zusammenführung der Kraft des Moments mit den formalen Möglichkeiten von Vorgefertigtem.
Damit spannt sich ein Arbeitsfeld auf, in welchem Muthspiel von der kleinen Jazzband bis zum Symphonieorchester und von der Elektronik bis zum multimedialen Musiktheater mit unzähligen verschiedenartigen Klangkörpern und Künstlern als Interpreten seiner musikalischen Erfindungen kooperiert.
Neben den unten aufgezählten Stationen der letzten Jahre ragt Muthspiels Serie als "artist in residence" im Brucknerhaus Linz, Saisons 99/00 und 00/01, die in sechs speziellen Projekten die ganze Bandbreite seines Schaffens beleuchtete, besonders heraus.
Weitere Höhepunkte 2001: Die "Linzer Klangwolke 2001/02", die TV-Produktion "parts of a shattered love story" des Schweizer Fernsehens SF DRS mit "Christian Muthspiel & Motley Mothertongue" und die Produktion "Stodt aus Staa" mit Kurt Ostbahn und dem Klangforum Wien.
Konzerte:
im Bereich des Jazz, der improvisierten und Neuen Musik als Posaunist und Pianist gab Muthspiel in Europa, den USA, Canada, Mexiko, Afrika und Asien unter anderem mit:

MUTHSPIEL & MUTHSPIEL (Wolfgang Muthspiel & Christian Muthspiel)
CHRISTIAN MUTHSPIEL & MOTLEY MOTHERTONGUE
CHRISTIAN MUTHSPIEL solo (tb, p, prepared p, tapes, live-electronics)
CHRISTIAN MUTHSPIEL TRIO (mit Peter Herbert-b, Alex Deutsch-dr)
VIENNA ART ORCHESTRA (seit 1995)
OCTET OST I, II, III (1990-1995) (mit J.Bartos, T.Stanko, A.Vapirov, K.Koch, A.Shilkloper, V.Labutis,
V.Tarasov, P.Vysniauskas, A.Parghel, S.Namtchilak)
Christian Muthspiel wurde unter anderen zu folgenden Festivals eingeladen:
Vancouver, Banff, Toronto, Montreal, New York, Mexico City, Tokyo, Hongkong, London, Chard, Huddersfield, Paris, Amiens, Albi, Nimes, Le Mans, Vienne, Grenoble, Nevers, Antwerpen, Den Haag, Helsinki, Berlin, Zürich, Rom, San Sebastian, Warschau, Moskau, Nowosibirsk, Kiew, Budapest, Varna, Belgrad, Saalfelden, wien modern, steirischer herbst, Brucknerfest Linz ...
Kompositionsaufträge erhielt er unter anderem von:

* Brucknerhaus Linz
  (Linzer Klangwolke 2001/02)

* Benjamin Schmid
  (Konzert für Violine, Cello und Orchester, UA Benjamin Schmid, Clemens Hagen,
  Camerata Salzburg, Dirigent: C.Muthspiel, September 2002; Violinkonzert, UA
  Benjamin Schmid und Mozarteumorchester Salzburg, Dir. Gerard Korsten)

* Jeunesse Österreich
  ("Stodt aus Staa" mit Kurt Ostbahn, Klangforum Wien, Dir. C.Muthspiel)

* Int. Stiftung Mozarteum
  (Klavierkonzert, UA Thomas Larcher und Mozarteumorchester Salzburg)

* Tiroler Landestheater Innsbruck
  (Kammeroper "GENESIS: Zeiten/Plätze …")
Klangforum Wien, Wiener Konzerthaus, Schauspiel Frankfurt, die reihe, Company Esther Linley, ensemble zürich, steirischer herbst, studio percussion, Landestheater Salzburg, Vereinigte Bühnen Graz, Int. Barockfestival St.Pölten, Sauber Formula 1 Team ...

Aufführungen und Produktionen der Kompositionen u.a. durch folgende Orchester und Ensembles:
Klangforum Wien, Radiosymphonieorchester Wien, Mozarteumorchester Salzburg, Brucknerorchester Linz
Discographie, Auswahl:
Als Leader:
HARMONICES MUNDI - Linzer Klangwolke 2001/02, blue danube/edel
CHRISTIAN MUTHSPIEL & MOTLEY MOTHERTONGUE, 1999, Lotus Records
OCTET OST II, 1994, amadeo/Universal
OCTET OST, 1992, amadeo/Universal
TROMBONE PERFORMANCE (mit Roland Dahinden), 1990, amadeo/Universal

Mit Muthspiel & Muthspiel (im Duo mit Wolfgang Muthspiel):
ECHOES OF TECHNO, 2001, material records
CY, 1998, Lotus Records
MUTHSPIEL-PEACOCK-MUTHSPIEL-MOTIAN, 1993, amadeo/Universal
TRE, 1989, amadeo/Universal
FOCUS IT, 1987, amadeo/Universal
SCHNEETANZ, 1986, Extraplatte

Mit Vienna Art Orchestra:
A CENTENARY JOURNEY 1900-2000, 2001, Quinton
ARTISTRY IN RHYTHM, 2000, TCB
DUKE ELLINGTON´S SOUND OF LOVE, 1999, TCB
AMERICAN RHAPSODY, 1998, BMG
NINE IMMORTAL NON EVERGREENS FOR ERIC DOLPHY, 1997, Verve/Universal


CHRISTIAN MUTHSPIEL
PRESSESTIMMEN / REVIEWS
... Muthspiel hat für dieses äußerst diszipliniert agierende Ensemble wunderbare, subtile Kompositionen geschaffen, die von jener typisch balkanischen Melancholie geprägt sind. Hervorragend auch die Art wie er es schafft, die Kollektiv- und Einzelimprovisationen so zu steuern, daß sie immer im Gesamtzusammenhang eingebettet bleiben ...
Neue Zürcher Zeitung, Schweiz
... Außerordentliche Kompetenz als Dirigent bewies Muthspiel sowohl bei Strawinskys neoklassizistischem, rhythmisch reizvollem "Concerto en Ré" als auch bei den auf einer Filmmusik basierenden Fünf Orchesterstücken von Hanns Eisler ...
Salzburger Nachrichten, Österreich ganzer Artikel
... Christian Muthspiel, bereits das zweite Jahr "Artist in Residence" des Brucknerhauses, beeindruckte mit dynamischem Dirigat auch in gedankenschweren Passagen (...) Die schönsten Augenblicke des Abends waren die filigranen Miniaturen aus der Feder Muthspiels, die den größeren Werken vorgestellt waren. (...) Großer Jubel!
Die Presse, Österreich ganzer Artikel
... Wie jeder ernstzunehmende Musiker vermeidet es Muthspiel, sich auf die marktüblichen Kategorien festlegen zu lassen (...) Muthspiel fühlt sich der improvisierten Musik nicht weniger verpflichtet als der notierten und Messiaen, Milhaud und Lutoslawski nicht fundamental näher als Miles Davis und Prince ...
Jazzthetik, Deutschland
So viel substanzvolle Vielseitigkeit war selten: Christian Muthspiel ist Komponist, Posaunist und Pianist - auch Abstecher in das Dirigierfach hat er unternommen. Und natürlich ist er auch stilistisch einer der wenigen, die es schaffen, vom Jazz in die Welt der europäischen Moderne zu wandern. Da und dort vollbringt er denn auch als Komponist das Wunder, Stile zu verschmelzen, ohne in die Crossover-Falle zu tappen ...
Der Standard, Österreich
... Knappe vierhundert Jahre später bringt der österreichische Komponist und Musiker Christian Muthspiel die Planeten mit der elektrischen Kraft von 280.000 Watt zum Singen ...
Salzburger Nachrichten, Österreich ganzer Artikel
... Multistilist Muthspiel, als Improvisator auf dem Jazzparkett ebenso versiert und tüchtig wie bei der Kompositionsarbeit für Klangkörper jeglicher Provenienz, vom Symphonieorchester bis zur Elektronik-Performance, warf für die herausfordernde Aufgabe alle seine respektablen Talente und Kunstfertigkeiten auf den Tisch ...
Salzburger Nachrichten, Österreich
... Der Posaunist und Komponist Christian Muthspiel präsentiert die unterschiedlichen Facetten seiner vielseitigen Arbeit. (...) Muthspiels Posaunenton, der unverkennbar aus der Klassik kommt und in seiner ausgewogenen Feinheit manchmal eher an ein Flügelhorn denken lässt. Christian Muthspiel bevorzugt leise Klänge, spielt fragile, introvertierte Soli, die einen weiten Raum brauchen, um voll zur Geltung zu kommen ...
Die Presse, Österreich
... Als Dirigent wurde der Österreicher Christian Muthspiel erkoren (…) Der Mann ist offenbar ein absoluter Glücksfall ...
Zürcher Tagesanzeiger, Schweiz
... Muthspiel gelingt das Meisterstück, dass klassische und Jazz-Elemente gleichzeitig gleichwertig bestehen oder verblüffend flüssig aufeinander folgen ...
Vorarlberger Nachrichten, Österreich



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ICH DANKE DIR SAGT TIER ZU TIER
ZUM JANDL PROJEKT

„für und mit ernst“
Christian Muthspiel – Posaune, Klavier, Stimme, Electronics, Toys
Ernst Jandls Stimme

die Sonne glüht – die erde dankt
ihr alles was weht und kriecht und schwankt
posaune, klavier, blockflöte, stimme, spieluhr, kuckucksruf
ich danke dir, sagt tier zu tier
dass du mich frisst
damit du selbst am leben bist
3 multieffektprozessoren, 1 dj-cd-player, 1 moogerfooger
ich danke dir, sagt mensch zu mensch
dass ich dich zu boden treten kann
damit ich weiter sehe
sobald ich auf dir stehe
2 loop-stations, 12 pedale,  5 mikrophone, 2 pickups
ich werde gefällt, verfüttert, gemäht
damit dein haus aus mir entsteht
damit dein brot dir niemals fehlt
damit dein vieh du schlachten kannst
surround-beschallung für jandls stimmzuspielungen
bis du ein klumpen erde bist
du liebling der sonne
und 50  minuten ich ganz alleine auf der bühne
Text: Ernst Jandl, „Liebling der Sonne“

„für und mit ernst“ ist eine soloperformance in der länge von 50 minuten. 20 jandl-gedichte, zu hören aus des dichters mund, treten in einen dialog mit vielfältigem akustischen und elektronischen instrumentarium. eine klingende reise durch den kosmos jandl.

Pressestimmen

Salzburger Nachrichten
Gut, dass dem „Jazz from Austria“ das kreative Potenzial nicht abhanden kommt. Das hatte Christian Muthspiel (…) eindrucksvoll bewiesen: In seinem Solo erwies er mit Posaune und Klavier, Flöten und Stimme, Loops und Bandeinspielungen witzig und innig dem Sprachartisten Ernst Jandl seine Reverenz. Auch so kann das Spiel mit Klangmaschinen klingen.

Neue Kronen Zeitung
Und was Muthspiel aus seiner Posaune, aus den Flöten und Trillerpfeifen oder aus dem Bauch des Klaviers holte, das war hochkonzentriert, die Essenz experimentalen Schaffens.
Mit des Meisters, also Jandls, Stimme, die dazwischen bellt, röchelt und darüber schwebt, dabei immer im Einklang mit Muthspiels Spiel bleibt. Danke, Ernst. Danke, Christian.

Der Standard
Christian Muthspiel schuf mittels Echoplex eine strukturell schlüssig ineinander verzahnte, polyfone Collage aus multiinstrumentellen Klängen und Ernst-Jandl-Textmodulen.

Die Presse
Der Experimentalmusiker beschwört den Meister in einer eindringlichen Collage mit Original-Aufzeichnungen des Dichters…
Der famose Christian Muthspiel tritt mit Hilfe von Posaune, Klavier und Elektronik in Dialog mit Ernst Jandls Stimme.

 

 

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Christian Muthspiel 4
featuring Steve Swallow (A/CH/F/USA) Seaven Teares
A tribute to John Dowland

Christian Muthspiel – trombone, piano, e-piano, compositions Matthieu Michel – trumpet, flugelhorn
Franck Tortiller – vibraphone
Steve Swallow – electric bass

Seit jeher übt die Musik der Renaissance mit ihren wie endlos wirkenden, von Taktstrichen unbehelligten, schwerelos schwebenden Linien und polyphonen Stimmengeflechten größte Faszination auf mich aus.
450 Jahre nach John Dowlands Geburt begeben sich nun meine Mitmusiker und ich auf eine suchende Reise nach  Möglichkeiten der Übersetzung dieser skizzen- und rätselhaft notierten Klangwelt des elisabethanischen England in unsere gemeinsame Sprache des Jazz. Die dabei zu Tage geförderten Parallelen beider Stilistiken und Epochen lassen den Stellenwert der Improvisation in Dowlands und seiner Zeitgenossen Musik erahnen.
Alle Kompositionen dieses Programms sind aus dem Instrumentalzyklus „Lachrimae, or Seaven Teares“ extrahiert. Sieben verschiedene Arten von Tränen werden hier von fünf Gamben und einer Laute vielstimmig besungen. Meine Metamorphosen bleiben stets nahe am thematischen Material des Originals, um dessen sehr spezifische Linienführung und daraus resultierende Harmonik als die grundlegenden gestalterischen Elemente zu modifizieren, umzudeuten, in andere Kontexte zu stellen.
Somit sind aus Keimzellen dieses Meisterwerks der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert neue Stücke im Spannungsfeld von Kammermusik und Jazz entstanden, die zugleich als Sprungbretter für unsere improvisierten Quartett-Interaktionen dienen.  (Christian Muthspiel)

... Wie jeder ernstzunehmende Musiker vermeidet es Muthspiel, sich auf die marktüblichen Kategorien festlegen zu lassen (...) Muthspiel fühlt sich der improvisierten Musik nicht weniger verpflichtet als der notierten und Messiaen, Milhaud und Lutoslawski nicht fundamental näher als Miles Davis und Prince ...
So viel substanzvolle Vielseitigkeit war selten: Christian Muthspiel ist Komponist, Posaunist und Pianist - auch Abstecher in das Dirigierfach hat er unternommen. Und natürlich ist er auch stilistisch einer der wenigen, die es schaffen, vom Jazz in die Welt der europäischen Moderne zu wandern. Da und dort vollbringt er denn auch als Komponist das Wunder, Stile zu verschmelzen, ohne in die Crossover-Falle zu tappen.


Knapp vierhundert Jahre liegen zwischen John Dowlands Geburt und der Mitte des 20. Jahrhunderts, der vitalsten Ära des Jazz. Doch der Posaunist Christian Muthspiel findet einige Parallelen zwischen Jazz und der  Renaissance-Musik von Dowland: Die oftmals freie Wahl der Instrumente, die Skizzierung eines harmonischen Verlaufes, der durch Improvisation mit musikalischem Sinn erfüllt wird, und folglich der Freiraum für den Interpreten. Genau diese interpretatorische Freiheit nimmt sich Muthspiel, wenn er Songs aus Dowlands Zyklus «Lachrimae, or Seaven Teares» ins Visier nimmt. Statt der Gamben und Lauten setzt er auf zwei Bläser, Vibraphon und Bass, gespielt von Musikern, die sich ebenso frei in komponierter Musik bewegen können wie in der Improvisation. Ein nicht nur historisch aufregendes Projekt zwischen Kammermusik und Jazz.


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LACHRIMAE - SEVEN TEARES
a tribute to John Dowland

Christian Muthspiel – trombone, piano, e-piano, compositions
Matthieu Michel – trumpet, flugelhorn
Franck Tortiller – vibraphone
Steve Swallow – electric bass

Als Sohn eines Musikers, der sich schon ab den 1950er-Jahren intensiv mit Alter Musik beschäftigt hat, gehörte die Musik der Renaissance zum Soundtrack meiner Kindheit. Die wie endlos wirkenden, schwerelos schwebenden, von Taktstrichen unbehelligten Linien der polyphonen Stimmengeflechte eines Tallis, Ockeghem, Schütz, Allegri oder eben Dowland üben bis heute größte Faszination auf mich aus.

Knapp vierhundert Jahre liegen zwischen John Dowlands Geburt und der Mitte des 20. Jahrhunderts, in welcher der Jazz seine wohl vitalste und revolutionärste Ära erlebte. Beschreibt man einige der wichtigsten Merkmale der Musik der Renaissance und des Jazz, tritt eine Reihe von Parallelen zutage: Die oftmals freie Wahl der Instrumente; die Skizzierung eines harmonischen Verlaufes, dessen Ausformung durch Improvisation mit musikalischem Sinn erfüllt werden muss; der daraus resultierende Freiraum für den Interpreten, welcher dem Werk die entscheidenden Impulse erst im Moment der Aufführung verleiht; die Möglichkeit, Stimmen hinzuzufügen oder wegzulassen u.s.w.

Je weiter man in der Geschichte der notierten Musik in die Vergangenheit zurückblickt, desto rudimentärer, skizzen- und rätselhafter erscheint uns das Notenbild. In Partituren der Renaissance gibt es zumeist weder Angaben bezüglich Tempo und Dynamik, noch Vorschriften zu Phrasierung und Artikulation. Das Schöne daran ist das daraus entstehende Rätsel, welches unsere Vorstellung fordert und fördert, das Geheimnis, wie diese Musik in ihrer Zeit geklungen haben mag. Ein Song von Dowland (1563-1626) dürfte von unterschiedlichen Musikern seiner Zeit genauso verschiedenartig interpretiert worden sein, wie etwa ein Jazzstandard mit jeder Band, die ihn spielt, eine ganz andere und oftmals neue Gestalt annimmt. Das, was zwischen den Zeilen steht, wird zum Wesentlichen. Das alte Material bleibt formbar, kann zur eigenen Musik umgedeutet werden, ohne gänzlich verbogen werden zu müssen. Mit Werken der Klassik und Romantik zum Beispiel verhält es sich aufgrund der immer genauer definierten Vorlage ganz anders.

Alle Kompositionen dieses Programms sind aus Dowlands meisterhaftem Instrumentalzyklus Lachrimae, or Seaven Teares extrahiert. Sieben verschiedene Arten von Tränen werden hier von fünf Gamben und Laute vielstimmig besungen. Meine Metamorphosen bleiben dabei sehr nahe am thematischen Material des Originals, um die sehr spezifische Linienführung und daraus resultierende Harmonik als grundlegende gestalterische Elemente weiter zu verwenden, umzudeuten, in andere Kontexte zu stellen. Aus Dowland´schen „Keimzellen“ neue Stücke im Spannungsfeld zwischen Kammermusik und Jazz zu komponieren, die vor allem auch als Sprungbretter für unsere Quartett-Interaktionen dienen, war das Ziel. Denn jede Jazzkomposition muss auch den improvisatorisch zu erfüllenden Raum definieren. Besonderes Augenmerk kommt dabei den Tonarten= verwandtschaften zu, welche mit den im Lachrimae-Zyklus  zentralen Skalen von A-Moll, A-Dur, C-Dur und E-Dur meist um Terzverwandtschaften kreisen.

Dass die Umsetzung eines solchen Vorhabens nur mit Musikern gelingen kann, die sich in der Welt der komponierten Musik genauso selbstverständlich bewegen wie als Improvisatoren und Jazzmusiker, ist evident. Die Spielweise und der Sound meiner drei  großartigen Mitmusiker waren daher Voraussetzung für mich, mein nunmehr zweites Dowland-Projekt zu wagen und uns meine Deutungen der Musik des Renaissance Meisters quasi auf den Leib zu schneidern. (Christian Muthspiel)


PREMIERENKRITIK:

NEUE ZÜRCHER ZEITUNG  
Mit seinem Quartett interpretierte Muthspiel den Liederzyklus «Lachrimae» des britischen Renaissancekomponisten John Dowland. Muthspiel ist Sohn eines Chorleiters, der ihm alte Musik offenbar schon in die Wiege legte. Sein Projekt scheint zum einen also biografisch motiviert. Zum andern ist es auch gut durchdacht: Weil die Renaissance-Musik mit knappem Notentext auskommt und viel Raum für Improvisation ausspart, ist sie mit dem Jazz vergleichbar. Außerdem fördert ihre polyfone Struktur das hierarchiefreie Zusammenspiel – ein zentrales Postulat im zeitgenössischen Jazz.
Die Musiker überzeugten mit beherztem, feinfühligem Interplay. Das Jazzquartett spielte die Kompositionen süffig, es schwelgte in den Harmonien, genoss die opulente Melodik. Steve Swallow am Bass zeichnete die formalen Fundamente wie mit einem federnden Filzstift nach. Muthspiel sorgte am Piano oder an der Posaune (dank Loops oft mehrstimmig) für harmonische Dichte. Der Trompeter Matthieu Michel glänzte in hohen Lagen. Und der Vibrafonist Frank Tortiller – er setzte die solistischen Höhepunkte.

JAZZ´N MORE   Zürich
Der Dirigent, Komponist, Pianist und Posaunist Christian Muthspiel spielte mit seinem Quartett wunderbar melodienselige Jazzadaptionen des Renaissance-Komponisten John Dowland – 400-jährige Musik in zeitaktueller Übersetzung. Muthspiel hat die melancholischen Melodien grandios umgesetzt.

SALZBURGER NACHRICHTEN  
Muthspiel bewies nicht nur eine feine Hand bei der Übertragung von Dowlands Kompositionen in eine zeitgemäße Tonsprache mit moderner Instrumentierung. Der Transfer erfolgte ohne Verlust der facettenreichen Harmonie des Originals. Es entstand und wuchs ein kultiviertes Miteinander, garniert mit feinen, kurzweiligen Dialogen zwischen Instrumenten und Musikern.



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CHRISTIAN MUTHSPIELs YODEL GROUP
"Jodler sind die Blueser der Alpen". Einfach und zugleich von höchstem Raffinement, immer beseelt, mal die Geister der Natur, mal die „Liebe zum Dirndl" beschwörend; ein archaisches Jauchzen und Juchzen, in allen Bergregionen der Erde seit prähistorischer Zeit gesungen, kann selbst ein Musikantenstadel dieser wunderbaren Musik nichts anhaben. Mit einer österreichisch-europäisch-amerikanisch besetzten Band, deren Musiker sich aus verschiedensten gemeinsamen Projekten seit vielen Jahren kennen, wagt sich Christian Muthspiel an dieses Thema heran. Mit der gebotenen Ehrfurcht, aber ohne allzu grossen Respekt, und mit einem gänzlich un-alpinen Instrumentarium.

Vom touristischen Blick befreit, verändern Jodler ihre Charakteristik. Sie schütteln das Pittoreske, Burleske ab und werden vom akustischen Kuriosum zum Urwüchsigen, Originalen. Jodeln ist daher eine Vokalkunst, die eine ähnliche Funktion erfüllt wie der Flamenco für den Spanier oder das Joiken für den Samen. Sie wurde auch in der Familie Muthspiel gepflegt, vom Vater gesammelt, publiziert, komponiert und mit Chören aufgeführt. Und sie wird nun vom Sohn in einen ungewohnten Zusammenhang gestellt. Christian Muthspiel's Yodel Group entstand ursprünglich als Auftragsprojekt für das Jazzfestival Saalfelden 2009, wo die Musik auch zum ersten Mal öffentlich zu erleben war. Es war aber schnell klar, dass es bei dem einmaligen Event nicht bleiben würde. Immerhin trafen hier zwei erfahrene Formanarchisten der New Yorker Szene auf zwei Koryphäen der französisch-schweizerischen Avantgarde und zwei österreichische Freidenker, um sich auf die Suche nach Gemeinsamkeiten jenseits der panatlantischen Stilklischees zu begeben. Heraus kam ein Kompendium der kulturellen Schnittpunkte, das sich auf der Grundlage vorhandener Melodien aus verschiedenen Distanzen dem Zeichensystem Jodeln nähert. Eine regionale, europäisch geprägte Kultur begegnet hier auf Augenhöhe und selbstbewusst ihrem urbanen, amerikanischen Pendant. Das ist gewagt, gewitzt und auf einer Ebene frech, die die Vorbehalte der Zweifler souverän hinter sich lässt


MUTHSPIEL's YODEL GROUP (A/CH/F/USA)

Christian Muthspiel - trombone, piano, compositions
Gerald Preinfalk - saxophones, clarinets
Matthieu Michel - trumpet, flugelhorn
Franck Tortiller - vibraphone
Jerome Harris - electric bass
Bobby Previte - drums

Man muss sich die Lederhose und das Klimbim des Tümlichen wegdenken. Vom touristischen Blick befreit, verändern Jodler ihre Charakteristik. Sie schütteln das Pittoreske, Burleske ab und werden vom akustischen Kuriosum zum Urwüchsigen, Originalen. Natürlich gibt es Unterschiede. Nicht jeder Jodler hat das Zeug zur Kunst. Aber seine Ursprünge wurzeln in der Mischung aus Virtuosität und Gestaltungsfreude, die eine Basis bildet, um über das Erreichte hinaus zu wachsen. Jodeln ist daher eine in lokalen Traditionen des Alpenraums wurzelnde Vokalkunst, die eine ähnliche Funktion erfüllt wie der Flamenco für den Spanier oder das Joiken für den Samen. Es geht um Emotionen, individuellen Ausdruck im Verhältnis zum Althergebrachten, um kulturelle Identität.

Dabei ist Jodeln kein Privileg der Alpenländler. Als Form des wortlosen Gesangs mit schnellem, markantem Wechsel zwischen den Registern der Brust- und Kopfstimme findet man es bei den Pygmäen ebenso wie auf Hawaii, in Vietnam ebenso wie auf den Salomonen. In der musikalischen Volkskultur des Alpenraumes ist es jedoch besonders profund und umfassend in den gestalterischen  Klangzusammenhang eingebettet und bringt auf diese Weise Liedformen hervor, die auf komplexer, musikalisch raffinierter Grundlage archaisch einfach wirken. Das Jodeln bestimmt dabei die Melodieführung und damit auch die harmonische und rhythmische Gliederung vieler Stücke. Es ist nicht nur Ornament, sondern formprägender Bestandteil des Repertoires. Als solches wurde es in der Familie Muthspiel gepflegt, vom Vater gesammelt, publiziert, komponiert und mit Chören aufgeführt. Und vor diesem Hintergrund wird es auch vom Sohn in einen ungewohnten Zusammenhang gestellt.

Christian Muthspiel's Yodel Group entstand ursprünglich als Auftragsprojekt für das Jazzfestival Saalfelden 2009, wo die Musik auch zum ersten Mal öffentlich zu erleben war. Es war aber schnell klar, dass es bei dem einmaligen Event nicht bleiben würde - zu fein waren die musikalischen Ingredienzien, zu reizvoll die Klangkompetenzen der beteiligten Künstlerpersönlichkeiten. Immerhin trafen hier zwei erfahrene Formanarchisten der New Yorker Szene auf zwei Koryphäen der französisch-schweizerischen Avantgarde und zwei österreichische Freidenker, um sich auf die Suche nach Gemeinsamkeiten jenseits der panatlantischen Stilklischees zu begeben.

Heraus kam ein Kompendium der kulturellen Schnittpunkte, das sich auf der Grundlage vorhandener Melodien aus verschiedenen Distanzen dem Zeichensystem Jodeln nähert. Kontraste treffen auf Fusionen, Gemeinsamkeiten auf Unterschiede und doch ist klar, dass hier etwas passiert, was bislang selten in dieser Konsequenz verwirklicht wurde. Denn eine regionale, europäisch geprägte Kultur begegnet auf Augenhöhe und selbstbewusst ihrem urbanen, amerikanischen Pendant. Das ist gewagt, gewitzt und auf einer Ebene frech, die die Vorbehalte der Zweifler souverän hinter sich lässt.  
(Ralf Dombrowski)


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CHRISTIAN MUTHSPIEL zu DANCING DOWLAND


Als Sohn eines Musikers, der sich schon ab den 1950er-Jahren intensiv mit Alter Musik beschäftigt hat, gehörte die Musik der Renaissance zum Soundtrack meiner Kindheit. Die wie endlos wirkenden, schwerelos schwebenden, von Taktstrichen unbehelligten Linien der polyphonen Stimmengeflechte eines Tallis, Ockeghem, Schütz, Allegri oder eben Dowland üben bis heute größte Faszination auf mich aus.

Knapp vierhundert Jahre liegen zwischen John Dowlands Geburt und der Mitte des 20. Jahrhunderts, in welcher der Jazz seine wohl vitalste und revolutionärste Ära erlebte. Beschreibt man einige der wichtigsten Merkmale der Musik der Renaissance und des Jazz, tritt eine Reihe von Parallelen zutage: Die oftmals freie Wahl der Instrumente; die Skizzierung eines harmonischen Verlaufes, dessen Ausformung durch Improvisation mit musikalischem Sinn erfüllt werden muss; der daraus resultierende Freiraum für den Interpreten, welcher dem Werk die entscheidenden Impulse erst im Moment der Aufführung verleiht; die Möglichkeit, Stimmen hinzuzufügen oder wegzulassen u.s.w.

Je weiter man in der Geschichte der notierten Musik in die Vergangenheit zurückblickt, desto rudimentärer, skizzen- und rätselhafter erscheint uns das Notenbild. In Partituren der Renaissance gibt es zumeist weder Angaben bezüglich Tempo und Dynamik, noch Vorschriften zu Phrasierung und Artikulation. Das Schöne daran ist das daraus entstehende Rätsel, welches unsere Vorstellung fordert und fördert, das Geheimnis, wie diese Musik in ihrer Zeit geklungen haben mag. Ein Song von Dowland (1563-1626) dürfte von unterschiedlichen Musikern seiner Zeit genauso verschiedenartig interpretiert worden sein, wie etwa ein Jazzstandard mit jeder Band, die ihn spielt, eine ganz andere und oftmals neue Gestalt annimmt. Das, was zwischen den Zeilen steht, wird zum Wesentlichen. Das alte Material bleibt formbar, kann zur eigenen Musik umgedeutet werden, ohne gänzlich verbogen werden zu müssen. Mit Werken der Klassik und Romantik zum Beispiel verhält es sich aufgrund der immer genauer definierten Vorlage ganz anders.

Alle Kompositionen dieses Programms sind aus Dowlands meisterhaftem Instrumentalzyklus „Lachrimae, or Seaven Teares" extrahiert. Sieben verschiedene Arten von Tränen werden hier von fünf Gamben und Laute vielstimmig besungen. Meine „Metamorphosen" bleiben dabei sehr nahe am thematischen Material des Originals, um die sehr spezifische Linienführung und daraus resultierende Harmonik als grundlegende gestalterische Elemente weiter zu verwenden, umzudeuten, in andere Kontexte zu stellen. Aus Dowland´schen „Keimzellen" neue Stücke im Spannungsfeld zwischen Kammermusik und Jazz zu komponieren, die vor allem auch als Sprungbretter für unsere Trio-Interaktionen dienen, war das Ziel. Denn jede Jazzkomposition muss auch den improvisatorisch zu erfüllenden Raum definieren. Besonderes Augenmerk kommt dabei den Tonartenverwandtschaften zu, welche mit den im „Lachrimae"-Zyklus  zentralen Skalen von A-Moll, A-Dur, C-Dur und E-Dur meist um Terzverwandtschaften kreisen. Daher könnte man auch die zehn Triokompositionen in annähernd jeder beliebigen Reihenfolge spielen, ohne die harmonischen Bezüge der Stücke zueinander zu schwächen.

Dass die Umsetzung eines solchen Vorhabens nur mit Musikern gelingen kann, die sich in der Welt der komponierten Musik genauso selbstverständlich bewegen wie als Improvisatoren und Jazzmusiker, ist evident. Die Spielweise und der Sound meiner beiden großartigen Mitmusiker waren daher Voraussetzung für mich, dieses Projekt zu wagen und uns, einem seit einigen Jahren in gleicher Besetzung spielenden Trio, „Dancing Dowland"  auf den Leib zu schneidern. (Christian Muthspiel)