Besondere Bedürfnisse
Es ist nicht immer drinnen, was drauf steht. Eine alte Weisheit, die stets neue Urständ feiert. Das beginnt bei banalen Beispielen etwa im Bereich der Lebensmittelindustrie. In den USA wurde Parmesan verkauft, der mit Holzzellstoffen gepimpt war. Ein Material, das in Europa vornehmlich als Dämmmaterial verwendet wird. Bei geriebenem Käse war überhabt nur 40% des Käses wirklich Käse. Nun sind wir diesen Käse aus der Ernährungsbranche gewohnt. Vermutlich gibt es auch schon ohne unser Wissen Butter, die nur zur Hälfte aus Butter und zur andren aus Motoröl besteht. Bei der Sprache ist es ähnlich, der PC-Sprech dieser Tage besteht ja auch nur zu einem geringen Teil aus Inhalt. Der alte Satz „Sprache formt Denken“ wird hier elegant außer Kraft gesetzt. Wenn wir zum Beispiel von „Menschen mit besonderen Bedürfnissen“ reden, dann wird diese Sprache aber auch von keinerlei Denken geformt. Die zugesetzten Dämmstoffe bestehen bei dieser Fast food-Sprache zu 80% aus Nicht-Verstehen, das wie Verständnis daher trabt. Eher keimt der Verdacht auf, dass die Erfinder dieses Wordings selbst besondere Bedürfnisse haben.
Nämlich eigene Behinderungen zu kaschieren. Diesbezüglich bedarf es einer gesunden Portion Disziplin um nicht einem besonderen Bedürfnis nachzugeben und laut aufzuschreien. Wie aber sieht es mit dem Bedarf jener Menschen aus, deren Bedürfnisse nicht besonders sind?
Da kommt wieder die Lebensmittelbranche ins Spiel. Wer keinen Käse im Käse erwartet, wird nicht enttäuscht sein. Wer sich hingegen Sprache mit Bedeutung erwartet, wird zunehmend zu einem Mensch mit ganz besonderen Bedürfnissen.