Gewaltentrennung
In letzter Zeit war oft die Rede über den neuen Stil in der Politik. Halbherzige Versuche gab es wie die konstruktiven Anmutungen der ÖVP. Oder die pseudo-staatsmännische Wandlung der Blauen. Die Grünen sorgten zumindest für eine neue Dimension der Selbstzerfleischung. Doch nur die SPÖ bewies, was „neuer Stil“ wirklich bedeutet. Dem Vernehmen nach soll es bei einer internen Sitzung zu Handgreiflichkeiten gekommen sein. Allerdings, und das ist das Aufregende, nicht gegenüber Vertretern anderer Fraktionen, sondern untereinander. Raufereien zwischen den Parteien kennt man ja bereits aus dem türkischen Parlament, das ist ein alter Hut und langweilig. Aber Ohrenreiberln oder Watschn für die eigenen Genossen, das ist wirklich ganz neuer Stil. Interessant vielleicht auch, dass dieses Catcherl während einer Strategiesitzung ausgetragen wurde. Dabei ging es um die viel diskutierte Mitgliederbefragung. Vielleicht war das einfach ein Probelauf für künftige Mehrheitsfindungen innerhalb der SPÖ? Zwei Vertreter unterschiedlicher Standpunkte raufen öffentlich miteinander und die Mitglieder, quasi wie Punkterichter, stimmen ab. Der Begriff des „schlagenden“ Arguments bekäme dadurch ganz neue Bedeutung. Auch der Grundbegriff der Gewaltentrennung erfährt somit eine ganz radikale Interpretation. Die prinzipielle Trennung der Gewalt von überkommener Diskussionskultur spricht sicher vermehrt Fans von archaischen Entscheidungshilfen an. „Gewalt ist eine Lösung“. Und was macht die SPÖ? Sie rudert zurück, schweigt und faselt davon, dass der Konflikt bereinigt sei. Eine Jahrhundertchance ist vertan.