Nachmittagsbürgermeister
Von wegen geistiges Sommerloch. Mitten im heißen Juli sprießen in der Wiener Stadtpolitik die besten Ideen. Ein Nachtbürgermeister soll her, wie er in anderen europäischen Großstädten bereits gang und gäbe ist. Hinter diesem drolligen Titel verbirgt sich in der Tat eine wichtige Funktion. Geht es doch um nächtliche Wirtschaftsfaktoren, die noch nicht zur Genüge erfasst sind. Die Bevölkerung wird nun einwenden, dass die Bürgermeister der Hauptstadt diese Konsummöglichkeiten stets bestens kannten, zumindest was die Getränkeebene betrifft. Auch ehemalige blaue Stadtpolitiker fielen öfter mit Evaluierungsbesuchen in Nachtclubs auf um die ökonomische Seite auszuloten. Selbst die fromme ÖVP wusste die Vorteile des Nocturnen zu schätzen. Ein Anfang ist bereits gemacht durch immer häufigere Baustellen, die uns mit charmanten Presslufthämmern den Schlaf rauben und uns umsatzfordernd in die Beisln treiben. Weitere Ideen sind geragt, wenn es um brachliegende Ressourcen geht. Nächtliche Radwege im Winter etwa, eine Metapher, die bestens die Situation der Wiener Grünen umschreibt. Hier könnte der Nachtbürgermeister Eisstockturniere initiieren für unausgelastete Manager. Lukrativ für die Stadt wären auch Vorträge im wirtschaftlich toten Morgengrauen für Uber-Fahrer zum Thema „Steuer, was ist das eigentlich?“ Zuletzt müssen auch heiße Eisen angegriffen werden. Was macht das Rathaus in der Nacht? Es schläft, wobei hier die Nacht unabhängig von der Jahreszeit stets sehr früh herein bricht. Alle, die nachmittags unsere Beamten erreichen wollten, wissen das. Das wäre wiederum ein Fall für den Nachmittagsbürgermeister.