POLEN IST ÜBERALL.
Furchtbare Zustände herrschen zurzeit in Polen. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. denn die Bevölkerung erhebt sich, demonstriert mit Slogans wie „Hände weg vom Radio!“ Was war passiert? In Polen besetzt die Regierung neuerdings wichtige Posten im öffentlich rechtlichen Rundfunk! Was für ein Skandal! Wie schön, das wir weit weg sind von diesen osteuropäischen Verhältnissen. Abgesehen von der kleinen, versteckten Pointe, dass dieser Bericht ausgerechnet in orf.on zu lesen war, müssen wir uns glücklich schätzen. Bei uns greift niemand ins Radio ein. Nein, hier werden vielmehr schlankere Strukturen geschaffen. Vertikal ist das originelle Schlagwort der Stunde. Wer braucht ein Radiokulturhaus? Radio ja, Kultur ist mühsam. Also alles auf einem Platz, diese Kumulation ist übersichtlich und ehrlich: spart auch Arbeitsplätze. Wer Kultur machen kann, kann das in Radio und Fernsehen. Diese beiden Medien sind ja fast identisch, nur dass bei einem halt das Bild fehlt. Wie sagte doch ein luzider, voraussehender ÖVP-Kanzler einst sinngemäß: „Fernsehen ist ja nur ein Manderlradio!“
Wir können zurecht stolz sein auf unsere unabhängigen Medien. Von Polen keine Rede, bei uns werden Intendanten ausschließlich nach Qualitätskriterien bestellt. Parteinähe spielt da keine Rolle. Hier muss niemand auf die Strasse gehen gegen Willkür und regierungsgesteuerte Information. Aber wir müssen auf der Hut sein. Schon bei der nächsten GD-Wahl im ORF könnte sich der polnische Geist einschleichen. Denn: Polen ist überall, nur nicht hier. Das ist das Schöne an der Demokratie, das Böse passiert immer woanders.