Rathausplatz
Der 1. Mai ist eines der größten Open-air-Theater des Jahres. Dort treten sonst Künstler auf, die sich der Zustimmung des Publikums sicher sein können. Klingt etwas nach Inzest, aber man war an der frischen Luft und hatte sich zudem bewegt. Dieses Jahr war die Inszenierung dieses Massenwandertags etwas kontroversieller angelegt. Die Protagonisten bemühten sich zwar um Texttreue und verteidigten den bisherigen Spielplan. „Der Kurs stimmt“ heißt diese Farce in einem halben Akt, eine Tragödie mit heiteren Seiten. Die Unfreiwilligkeit dieser Komik offenbarte sich in den Minen der Akteure. „Im roten Bunker brennt noch Licht“ heißt die Fortsetzung und wird wohl noch mindestens bis 2017 auf dem Spielplan stehen. Doch die Chancen einer Umbesetzung sind spärlich. Immer wieder geistern Namen durch den Blätterwald, die eine Prolongation kaum erhoffen lassen. Was soll der Chef der Eisenbahn denn tun, wenn der Zug längst abgefahren ist? Oder was soll die Sendung eines charismabholden Medienmanns sein, wenn die Quoten im Keller sind? Eine kleine Pointe sorgte selbst bei ironiegestählten Beobachtern für Verwunderung. Es wurden die Rechte der Arbeiter beschworen. Interessant, denn die meisten Arbeiter haben sich längst ihren Rechten zugewandt. Sie bilden bei diesem Stück mit dem Namen „Rathausplatz“ nur mehr die leidende Minderheit des Publikums. Aber wer weiß, vielleicht wird dereinst der 1.Mai ein blaues Theater mit kleine roten Farbtupfern. Und blau mit rot gibt ja bekanntlich violett, die Farbe der Magie. Eventuell ist das die Aussage des Stücks, dass eigentlich nur mehr Zauberei helfen kann.