Volksversprecher
Parlamentssitzungen sind dazu da um abzustimmen. Zu beschließen. Dem Volke zu dienen oder Streitkultur zu beweisen. Sie können auch manchen Mandataren ein angenehmes Plätzchen an unwirtlichen Wintertagen sichern. In dieser republikanischen Wärmestube ist es dann den Volksvertretern möglich, in Zeitungen zu schmökern, am Handy zu spielen oder sich schöne Bilder im Netz zu betrachten. Alles in allem sind diese Sitzungen also ein wichtiger Bestandteil demokratischer Reife. Und genau diese leitet die Überlegung zwei parlamentarische Zusammenkünfte ein paar Tage vor der Wahl im Oktober abzusagen. Die Gründe sind klar, denn so kurze Zeit vor dem Urnengang steht der Sinn nicht nach Sitzen, da muss noch gekämpft, polemisiert und diffamiert werden. Das weiß man, weniger bekannt ist ein anderer Grund. Gerade diese Last-Minute-Sitzungen werden oftmals zu einem Happening substanzloser Freigebigkeit. In schmerzvoller Erinnerung an ein ähnliches Event kurz vor der Wahl 2008 ist höchste Vorsicht angebracht. Damals wurden in spendablem Überschwang eine Pensionserhöhung, eine Mehrwertsteuer-Halbierung auf Medikamente, ein Heizkostenzuschuss für Senioren, die 13. Familienbeihilfe, die Verlängerung der Hacklerregelung,, die Abschaffung der Studiengebühren, eine Pflegegelderhöhung, eine Steuerbefreiung für Monteure beschlossen. All diese Wahlkampfzuckerl kosten die Steuerzahler bis heute ca. 4 Mrd Euro im Jahr. Und speziell bei dieser Wahl, wo danach angeblich die Karten im Land gaaanz neu gemischt werden, scheint die Versuchung abermals groß. Daher wäre es eine pädagogisch wertvolle Erfahrung für die großen Volksversprecher, wenn ihnen diese Bühne genommen wird. Dieses Methadonprogramm für Wahlzuckerl-Junkies könnte noch verbessert werden. Insofern, als dass in künftigen Sitzungen jeder Versprecher seine Versprechen selbst bezahlen muss.