Viel Vergnügen.
"Man muss die Scheiße nicht sehen müssen – um sie riechen zu können",
Joachim Leitner in der TT.
es klingt, als wärs aus dem jahre schnee - das tiroler Vergnügungssteuergesetz.
Es stammt aber aus dem Jahr 1982 - wurde 2011 „novelliert“:
Index 3703 // Lustbarkeitsabgabe, Vergnügungssteuer, Videoabgabe
Inkrafttretensdatum: 18.02.2011
Außerkrafttretensdatum:
§3 Steuerpflichtige Vergnügungen sind insbesondere:
Tanzbelustigungen, Kostümfeste, Maskenbälle; Volksbelustigungen wie Karusselle, Velodrome und dergleichen, Schaukeln, Rutsch- und ähnliche Bahnen, Hippodrome, Schießbuden, Geschicklichkeitsspiele, Würfelbuden, Veranstaltungen zum Ausspielen von Geld oder Gegenständen, Glücksräder, Schaustellungen jeglicher Art, Figurenkabinette, Panoramen, Panoptiken, Vorführungen abgerichteter Tiere, Menagerien und dergleichen; Zirkus-, Spezialitäten-, Varieté-, Tingel-Tangel-Vorstellungen, Kabarette; mechanische Wiedergabe musikalischer Stücke oder von Deklamationen einschließlich der Wiedergabe durch Musikautomaten (Musikboxen) und Tonbandgeräte; Rundfunk- und Fernsehrundfunkempfang an öffentlichen Orten; sportliche Veranstaltungen; Vorführungen von Licht- und Schattenbildern, Marionettentheater; Vorführungen von Bildstreifen und Großprojektionen durch Fernsehgeräte; Theatervorstellungen, Ballette; Konzerte und sonstige musikalische und gesangliche Aufführungen, Vorträge, Vorlesungen, Deklamationen, Rezitationen, Vorführungen der Tanzkunst; Offenhalten von Gastgewerbebetrieben über die Sperrstunde hinaus.
§4 Die Annahme einer Vergnügung im Sinne dieses Gesetzes wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Veranstaltung gleichzeitig auch noch erbauenden, belehrenden oder anderen nicht als Vergnügen anzusehenden Zwecken dient oder daß der Unternehmer nicht die Absicht hat, eine Vergnügung zu veranstalten.
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so ein spaß. so ein theater.
seit 10 jahren werkt das staatstheater im treibhaus:
mit theatervorstellungen, balletten und sonstigen musikalischen und gesanglichen aufführungen,
durch vorträge, vorlesungen, deklamationen, rezitationen, vorführungen der tanzkunst...
die figurenkabinette, panoramen, panoptiken und das ganze tingel-tangel des staatstehaters sind voller lustbarkeiten, es bereitet vergnügen, manchmal sogar zerstreuung, selten verstörung.
danke für 10 jahren spannendes, eigen-artiges, niemals artiges dafür aber selbstbewußtes THEATER.
zur zeit mehr als dicht als DIE PRÄSIDENTINNEN von werner schwab zu erleben.
überirdisch unterirdisch.
als anregung und empfehlung die premierenkritik von joachim leitner in der TT:
Verstörung ohne den Griff ins Klo // Das Innsbrucker Staatstheater feiert mit Werner Schwabs „Die Präsidentinnen“ im Treibhaus ein Hochamt des Hässlichen.
Grete (Ute Heidorn) erinnert sich an ein ekelhaftes Verbrechen, das ihr einstiger Mann an ihrer Tochter beging. Mit jedem Satz versinkt sie tiefer im Sessel – und im aufgedunsenen Körperfett, das sie sich angefressen hat. Der Staub, den ihre rudernden Arme dabei aus dem Dekor klopfen, umtänzelt den zusehends formloser werdenden Körperhaufen. Doch aller Furor verklingt schnell in noch viel verstörenderer Versöhnlichkeit: „Man muss halt auch den Kurti verstehen.“ Er habe seine im Krieg geübte Siegeslust das ganze Leben lang nicht ablegen können. Das ist natürlich unerträglicher Stuss. Aber der derangierten Matrone nimmt man die verquere Einsicht ab: „Und wenn die Vorsehung dann einmal fertig ist, dann tut einem das Leben gar nicht mehr so weh.“ Diese gespenstische Szene hallt lange nach. Wenig später zeichnet Erna (Carmen Gratl), der das Leben einen saufenden Sohn, die Mindestsicherung und eine weggeworfene Pelzmütze schenkte, den zögerlichen Beginn einer neuen Beziehung nach. Herr Wottila machte ihr kürzlich die Aufwartung. Seine Antrittsgeschenke waren Blumen und ein Kilo Gulaschfleisch. Daraus könnte man einen schnellen Schenkelklopfer generieren, einen krachenden Gag. Gratl aber tut das nicht, ihre Erna hat sich über das zurechtgemetzgerte Zweitgeschenk wohl tatsächlich gefreut. Rührender mag man sich seelische Verwahrlosung kaum vorstellen.
Werner Schwabs „Die Präsidentinnen“ stellen die Verkommenheit gesellschaftlicher Scheinheiligkeit aus. Und beweisen dabei, dass auch das vermeintlich Vulgäre zur Kunst taugt. Ein „Fäkaliendrama“ hat der 1994 früh verendete Kraftlackl sein Stück genannt. Und tatsächlich ist viel vom Wühlen im Scheißdreck die Rede. Hier wird nicht mehr nach dem Schönen gesucht, sondern ein Hochamt des Hässlichen gefeiert.
Mona Kraushaars Neuinszenierung des inzwischen beinahe kanonischen Stoffes ist überraschend zurückhaltend: Effektvoller Ekel ist selten – und niemals Selbstzweck. Dafür bringt das tolle Staatstheater-Ensemble Schwabs hochmusikalische Kunstsprache, das „Schwabische“, zum Glänzen: Vor allem Carmen Gratls Artikulation ist glasklar und punktgenau. Sie gibt den Rhythmus vor. Heidorn kontert mit präzise zerkautem Zetern. Und auch Elena Ledochowski, die die Abortausräumerin Mariedl gibt, beweist: Man muss die Scheiße nicht sehen müssen – um sie riechen zu können. Zu sehen gibt es trotzdem viel auf Esther Frommanns Bühne: die Plastikdevotionalien fehlgeleiteter Volksfrömmigkeit zum Beispiel. Die einmal mehr unterstreichen, dass das Monströse auch die kleine Form beherrscht – und der Teufel im Detail lauert.