SPAMALOT. Nonsens der Extraklasse
Das Wichtigste vorweg: mal abgesehen davon, dass die Bühne sich nicht dreht und etwas breitmaulig wie im Cinemascope-Format präsentiert, an diese neuen Übergangs-Kammerspiele wird man sich schnell gewöhnt haben. Denn schon Außenfassade und Entree wirken auf weltläufige Art und Weise einladend, versprühen also eine Art urbanen Charme, der Kammerspielen an und für sich schon gut tut, doch den Stadtsälen längst abhandengekommen war.
Nachdem die Kammerspiele jetzt also die nächsten drei Jahre in der Messe beheimatet werden sein werden und es zudem die Eröffnungspremiere der neuen Interimsspielstätte war, ließen es sich natürlich weder die Kulturlandesrätin noch die Bürgermeisterin vergangenen Samstag nehmen, den Vorhang zur neuen Bühne gemeinsam mit Hausherrn und Intendant Reitmeier zu lüften. Sie wurden dafür im Gegenzug mit zweieinhalb Stunden gepflegtestem Wahnwitz der Marke Monty Python bedacht.
Ja, Monty Python´s Spamalot kann ‚fast’ vorbehaltlos weiterempfohlen werden. Weil großartig frech inszeniert, herrlich aberwitzig ausgestattet, toll musiziert, mustergültig ernsthaft sprich durchgeknallt gespielt. Ich sage trotzdem ‚fast’: denn eine Voraussetzung sollten Sie mitbringen. Eine gewisse Affinität für den windschiefen Humor dieser britischen Ausnahmeformation. Andernfalls wundern Sie sich vielleicht darüber, welche darstellerisch-anarchischen Untiefen dieses Schauspielensemble incl. seiner Gäste so zu bieten hat. Das Musical selbst ist übrigens – wie es im Programmheft so hübsch steht – durch liebevolles Fleddern des Monty Pythons-Films ‚Die Ritter der Kokosnuss’ entstanden.
Die wahren Fans im Publikum waren Samstag schnell ausgemacht. Und daran wird sich auch bei den garantiert ziemlich schnell ausverkauften Terminen nicht sehr viel ändern: das sind jene, die immer schon vor der Pointe herzhaft laut loslachen. Mareike Zimmermann hat diesen Kult-Nonsens, dieses Anti-Musical jedenfalls mit ziemlicher Verve inszeniert, Isabel Graf eine zwischen Trash und Chic sinnig changierende Ausstattung kreiert. Henriette Schreiner ist nicht nur die stimmgewaltige Fee aus dem See, die sich irgendwann lautstark über zu wenig Auftritte beschwert (das war dann auch schon der einzige feministische Beitrag im Stück), sie lässt ihre im Übrigen sensationell gut singenden Schauspielkollegen so gekonnt tanzen, dass selbst das ästhetisch empfindliche Auge seine Freude daran hatte. Und auch Hansjörg Sofka und seine Band hatten sichtlich Spaß an dem ganzen Treiben auf der Bühne. Denn da ist jeder für sich schon ein Hit. Kristoffer Nowak gibt sich als Artus ganz seiner Berufung hin, Jan-Hinnerk Arnke ist als Patsy der Getreue mit den Kokosschalen. Und Matthias Tuzar, Benjamin Schardt, Jan Schreiber, Denis M. Rudisch und Andreas Mittermeier beweisen sowohl als Ritter der Tafelrunde wie auch in ihren anderen Rollen eine geradezu unglaubliche Rasanz in ihrer Wandlungsfähigkeit. Da fällt einem dann leider nur noch Deichkind ein, wenn Sie wissen, was ich meine.
Ein szenisches Highlight: vor einer Schaufel schwingenden Basisdemokratin muss selbst Artus mal kurz in die Knie gehen.
BILD: Rupert Larl.