Luggerka, Niescherka, Vanstaaka
Wenn du ein Leben lang arbeitslos, angespuckt oder ausgelacht werden willst, musst du nur eine negative Adresse angeben und sagen: „Ich wohne in einer Chruschtschowka am Mitterweg!“
Hinter einer unglücklich abgewohnten Gegend steckt oft eine jahrelange Pressekampagne. In Innsbruck vergeht kaum ein Monat, wo nicht anhand von drei Symbolbildern aus dem Westend abwechselnd von Nutten, Brandlegung und Überfall die Rede ist. Selbst wenn es zu einem Verkehrsunfall kommt oder ein Bankräuber in die Sackgassen des Inns hineinflüchtet, kommt verlässlich die Chruschtschowka ins Bild.
Die Original-Chruschtschowka ist ein Gebäudetypus aus den 1950er Jahren, der damals flächendeckend überall in der Sowjetunion hochgezogen worden ist.
Was dem Tiroler sein Wüstenrothaus, ist dem Sowjetler seine Chruschtschowka. Und beide Gebäudetypen sehen irgendwie ähnlich aus. Mittlerweile sind die sowjetischen Häuser ermüdet und abgewohnt, aber erst jetzt erobern sie so richtig die Herzen der Bewohner.
Folgt man der Tradition, Gebäudetypen nach den Bauherren und baufälligen Bürgermeistern zu benennen, so müssten unsere Buden in Innsbruck folgende Bezeichnungen führen: Luggerka, zweigeschossige Villa im Luftwaffenstil, Ständestaatbalkon südseitig.
Niescherka, Vierzimmerwohnung im O-Dorf-Stil mit obligat integriertem Jagdstüberl und Geweih über dem Hauseingang.
Vanstaaka, Parterre-Penthouse mit bronzenen Edi-Büsten links und rechts vom Haupteingang
Zachka, schräges Gebäude im Stil einer Sprungschanze, obligater Balkon mit Fleischkäs-Maserung, Highlights sind die aufgeweiteten Briefschlitze, die zum Einwerfen von Fleischkas-Semmeln geeignet sind.
Oppitzka, verdichtetes Gebäude, bei dem die Menschen mal mit dem Kopf nach unten, mal nach oben in die Wohnungen gestapelt werden.
Es ist nun Sache der städtischen Planung, die einzelnen Typen den Menschen so lange schmackhaft zu machen, bis sie das eigene Wohnen nicht mehr spüren.