Dias De Felicidad - HELENA RÜEGG / MICHEL GODARD / CIQUE SINESI: Trostmusik
Was für eine vielseitige Frau: die Schweizerin Helena Rüegg hat als Schauspielerin gearbeitet (unter anderem am Residenztheater München), einen Roman veröffentlicht, als Rundfunkautorin (WDR) gearbeitet, Abende mit jiddischen Liedern veranstaltet und als Mitglied des Gran Orquesta de Tango von Juan José Mosalini wichtige Erfahrungen in einer Musik gesammelt, die sie auch in Vorträgen und Publikationen zu vermitteln versucht. Der Tango in all seinen Färbungen spielt nun auch bei dem Projekt eine Rolle, in dem die Bandoneonspielerin zwei ihrer gelegentlichen Duo-Partner zusammenbringt. Die gemeinsame Aufnahme mit dem zwischen Berlin und Buenos Aires pendelnden Gitarristen Quique Sinesi und des französischen Tuba- und Serpentspielers Michel Godard (auch an der akustischen Bassgitarre zu hören) ist die richtige Trostmusik für die Zeit, wenn es bei uns grau und ungemütlich wird. Zwar neigen die vielseitig angelegten Stücke auch mal zur Lieblich- und Harmlosigkeit, meist aber sind sie sehr stimmungsvoll aufbereitet und lösen große Sehnsuchtsgefühle aus.
Helena Rüegg (Bandoneon), Michel Godard (Tuba,Serpent und Bass) und Quique Sinesi (Gitarren) widmen sich in ihrem Trio dem Tango und der Folklore vom Río de La Plata. Traditionelle Klassiker und Tango Nuevo in modernen Arrangements kontrastieren mit eigenen Kompositionen und Improvisationen.
Während dieser Klangreise zwischen Tango, Jazz und Worldmusic entsteht ein eigenes musikalisches Universum, das mal groovig beschwingt, mal träumerisch wehmütig die Zuhörer/Innen in seinen Bann zieht.
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Helena Rüegg kam in Zürich zur Welt und lebt Köln und Paris. Von 1993 an studiert sie an der Tango-Abteilung des Rotterdamer Konservatoriums Bandoneon und schließt ihr Studium 1998 mit einem Musikdiplom ab.
Seit 1995 spielt sie in verschiedenen Tango-Ensembles, u.a. im holländischen “Quinteto Bailongo”, das mit Rodolfo Mederos durch Argentinien und Europa tourte, im “Luis Borda Cuarteto” und im Pariser Ensemble “Gabriel Vallejo Cuarteto”. Von 1998-2001 ist sie Bandoneonistin im “Grand Orchestre de Tango” von Juan José Mosalini.
Ihr neustes Projekt ist ein Trio mit dem französischen Tuba- und Serpentspieler Michel Godard und dem argentinischen Gitarristen Quique Sinesi. Ihre CD „Días de felicidad” wird im Herbst 2012 bei Enja erscheinen.
Seit 2001 komponiert sie für literarische Lesungen und Hörspiele, u.a. “Auf der Suche nach der verlorenen Zeit” von Marcel Proust, “Gespräch in Sizilien” (SWR 2002), “Fast ein bisschen Frühling” (WDR 2003), “Der Großvater und die Wölfe” (SWR 2004) und “Der Meisterdieb Arsène Lupin” (SWR 2008-2012) und spielt ihre Kompositionen in Lesungen mit u.a. Peter Lieck, Monica Bleibtreu, Rufus Beck, Joachim Król und Rudolf Kowalski.
2006 spielt sie im Rahmen der BBC-Proms in der Royal Albert Hall mit dem Tenor Juan Diego Flórez und den BBC Symphonikern. 2008 führt sie mit dem WDR Rundfunkorchester und dem WDR Rundfunkchor die “Misa Tango” von Luis Bacalov auf und spielt dieses Werk auf CD ein.
Im März 2009 improvisiert sie die Musik zum Stummfilm “Der Golem” von Paul Wegener in der Sala Audiovisivi di Anghiari (Toskana). Im Dezember 2009 komponiert und spielt sie in Rio de Janeiro die Musik von “Doña José” in der Choreographie von Clebio Oliveiro. 2010 und 2011 spielt sie den Solo-Part von Roberto Palmieris “Misa Tango” in Arosa, Jona und anderen Schweizer Städten.
2011 gestaltet sie ein Bandoneon-Festival, das der Jazzclub Eisenach veranstaltet. In diesem Rahmen spielt sie im Duo mit Michel Godard eigene Kompositionen mit viel improvisatorischem Anteil und singt Widerstandslieder aus verschiedenen Ländern und Epochen.
Im Trio mit Michel Godard und Quique Sinesi alternieren Tango-Klassiker wie El choclo und Oblivión und argentinische Folklorehits mit eigenen Kompositionen und Improvisationen.
2012 schreibt und spielt sie die Musik zum Theatermonolog “Du Coq à Lasne” der belgischen Schauspielerin Laurence Vielle.
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Michel Godard wurde nahe von Belfort (Frankreich) 1960 geboren und entwickelte sich schon zeitig zu einem außergewöhnlich vielseitigen Musiker auf der Tuba, sowohl in der Klassik als auch im Jazz. Heute gilt er als einer der virtuosesten Tuba- und Serpentspieler im Jazz und der improvisierten Musik.
Michel Godard's Tubaperformance ist fantastisch in jeder Hinsicht: seine technischen Fertigkeiten sind erstaunlich, sein Ton ist klar und warm, seine Fähigkeiten Obertöne zu erzeugen ("multiphonics") und seine Musikalität überraschen die Zuhörer immer wieder damit, wie leicht ein scheinbar schwerfälliges Instrument wie die Tuba klingen kann.
1979 verschrieb sich Godard dem Vorläufer der Tuba, dem Serpent, einem Instrument, dass nach seiner Form benannnt wurde - es sieht aus wie eine zusammengerollte Schlange. Das Mundstück des Serpents aus Elfenbein verleiht dem Instrument seinen charakteristischen warmen und intensiven Ton. Seit 2002 unterrichtet Michel Godard Serpent am "Conservatoire national de musique" in Paris.
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Quique Sinesi´s Musik schöpft aus dem reichen Erbe des südamerikanischen Kontinents, den traditionellen rhythmischen Candombés der argentischen Einwohner, genauso wie den melodischen Elementen des Tango, der Milonga und der Musik europäischer Einwanderer. Die Tänze werden genauso wie traditionelle Folk Rhythmen mit neuen Konzepten interpretiert, Jazz wiederum verbindet sich mit diesen Elementen und heraus kommt eine ungemein lebendige und spritzige Symbiose.
Quique begann seine musikalische Karriere u.a. als der Gitarrist des Bandonionisten Dino Saluzzi und als Mitglied des New Tango Quartetts unter Pablo Ziegler (Ex-Pianist des Astor Piazzolla Quintetts). Jazzgrößen wie Jim Hall waren beeindruckt von Spieltechnik, Ausdruck und Kompositionen dieses jungen Ausnahme Gitarristen. Quique tritt u.a. mit Charlie Mariano, Markus Stockhausen, Erling Kroner und Marcelo Moguilevsky auf. Er wurde von Jim Hall zur Überreichung des Jazzpar Prize, der größten Auszeichnung im Jazz, als Gastmusiker nach Kopenhagen eingeladen. Seitdem konnte er bei internationalen Festivals und Konzerten seine Fähigkeiten durch eigene Kompositionen, seine emotionale Tiefe und die perfekte Beherrschung des Instruments unter Beweis stellen.