THOMAS ARZT / GRILLENPARZ.
Am Grillenparz, dem Hügel, der noch nicht Berg und nicht mehr Flachland ist, treibt eine Sommerfestgesellschaft der Wiederholung ihres eigenen Verbrechens zu. Von Politik wird hier nicht geredet, dazu schmecken Bier und Sau zu gut. Es soll nicht um gesellschaftliche Probleme, sondern um geselliges Beisammensein gehen! Damit wird Grillenparz zur privatpolitischen Groteske über Menschen, die ihre Wunden in keiner Öffentlichkeit mehr bereden, sondern in den blutroten, heimatlichen Bächen im Wald ertränken. Die Vergangenheiten nicht überwinden, sondern zwangsläufig erneuern. Und deren Verantwortung dort endet, wo die Leichen begraben liegen. Grad so, wie's der Chor der Grillen zirpt:
Obmstehiaufdahä. Obischauiiüberslaund. Außischauibiszuagrenz. Drüberschauiobanet. Zubischauizudeleidl. Einischauiindehittn. Drunterschauiuntadbettn. Weggaschauiwaunswostinkt.
Die politische Leerstelle ist in Grillenparz ein kollektives Heimatverbrechen. Niemand scheint darüber zu reden. Alle wollen ihm entfliehen. Und jeder würde es wieder tun. Tatort ist eine voralpine Binnenwelt. Zwischen Zivilstadt und Wildland. Zwischen Geldmensch und Geiltier. Zwischen Schweißbadetag und Spätsommernacht. Bestimmt in einer Binnensprache. Nicht mehr Volksmaul, noch nicht Staatsnorm. Nicht mehr Rohschnitt, noch nicht Figurenfleisch. Nicht mehr Naturgesetz, noch nicht Moral. Welche Moral auch? Die des Jägers am Hochstand, der aufs Wild lauert und die Schlechten von den Guten sortiert? Die des Geldes, das im alljährlichen Firmenfest versoffen wird und die Schwachen von den Starken scheidet? Oder die des Gewissens, das hinter dem Schweigen lauert und die Vergessenden von den Erinnernden trennt? (Thomas Arzt)