Arabian Waltz feat. Dunia White Caravan
Das neue Projekt von Sigi Finkel
Der unermüdliche Sigi Finkel verchlägt es von westafrikanischer Musik zu orientalischen Klängen. Das afrikanische Herz schlägt zwar weiter und was gleich bleibt, sind rasante Grooves, doch basieren sie diesmal auf den exotischen Skalen der arabischen Musikkultur, kombininert mit komplexen Horn-Lines in einer ungewöhnlichen Besetzung (Sax, Tuba, Drums). Hinzu kommt eine mitreißende Performance arabischer Bauchtanzkultur, abwechselnd verpackt in spannend jazzige Sounds, gefühlvolle Balladen und raffinierte Rhythmen. Hombase-Records - ein von Christian Kolonovits neu gegründeter Label - wird das Ganze in Form einer CD/DVD-Paketes veröffentlichen.
Im Haus von Christian Kolonovits trifft sich CONCERTO mit dem Hausherrn und Sigi Finkel zu Kaffee und Gespräch. Der Stiegenabgang zum Studio ist gespickt mit an der Wand hängenden Schallplatten-Preisen. Der Mann hat ja auch schon jede Menge erfolgreicher Produktionen hinter sich und ihn hier vorzustellen, würde den Rahmen sprengen – aber mit Produktionen abseits vom Mainstream wird ihn wohl kaum jemand in Verbindung bringen. Doch gibt es jetzt eine neues Gesicht an Christian Kolonovits zu entdecken: eine bisher heimliche Liebe zu World und Jazz soll sich in seinem neu gegründeten Label – Homebase-Records – entfalten können. „Es gibt so viel Musik, die interessant ist, und ich bin jetzt mittlerweile in der Situation und Lage, Musik abseits vom Mainstream, wenn schon nicht zu fördern, dann zumindest möglich zu machen. Es macht Spaß zuzusehen was entstehen kann und mich bei solchen Produktionen einzubringen, was bei einem kleinen Label viel besser funktioniert als bei den Major-Labels, wo ja schon fast Musikverbot herrscht“, so der Studioinhaber und Produzent.
Dabei konnte man die Namen Kolonovits und Sigi Finkel schon bei der letzten „African Heart“-Produktion in Zusammenhang bringen, denn auch diese wurde im Kolonovits-Studio aufgenommen. Die Zusammenarbeit begann, als Christian Kolonovits im Rahmen einer Auftragsarbeit Instrumente aus fünf Kontinenten im Zusammenhang mit Symphonieorchester vorstellen sollte. Nachdem er unter anderem nach afrikanischer Musik Ausschau hielt, fiel seine Wahl auf Sigi Finkel’s African Heart. „Das war eine fantastische Geschichte – afrikanische Trommler mit Symphonieorchester, das hat es vorher noch nicht gegeben“, meint Christian Kolonovits. „Es erweitert einerseits meinen Horizont immens, mit Leuten wie Sigi Finkel zusammenzuarbeiten und zu diskutieren, andererseits werden auch die Möglichkeiten im Studio erweitert, es entstehen neue Situationen und es gibt nicht das übliche: Click on – Programming – Los geht’s. Hier geht es um wirkliche Musik, so wie ich sie seit jeher empfunden habe“.
Augen- und Ohrenschmaus
Homebase-Records wird mit der Arabian Waltz-Produktion ein österreichisches Novum auf den Markt bringen. Um dem akustischen und visuellen Anspruch Genüge zu tun, wird das Produkt nämlich in einer CD-DVD-Kombination erhältlich sein. Ein wesentlicher Bestandteil des Projektes ist nämlich die Performance von arabischer Bauchtanzkultur, wobei man den Star unter den Bauchtanzkünstlerinnen – Dunia – gewinnen konnte. Die in Ägypten geborene und im Libanon aufgewachsene Tänzerin gehört seit vielen Jahren zu der Weltspitze dieses schwierigen Genres. Seit Jahren verzaubert sie die Tanzwelt mit ausdrucksstarkem orientalischem Tanz, der aus alten ägyptischen Traditionen schöpft. Die sinnliche Darbietung Dunias verleiht jedem Arabian Waltz-Konzert einen dramaturgischen Höhepunkt. Für dieses Trio hat sie extra eine eigene Choreographie gestaltet, die in Zusammenarbeit mit der Band entstand.
Waren es bei African Heart die Rhythmen, so sind es jetzt die exotischen Skalen, die es Sigi Finkel angetan haben. Der Saxophonist ist ja als musikalisches Chamäleon bekannt, und so ist der Weg von afrikanischer zu arabischer Musik für ihn kein Tanz auf dem Vulkan. Ursprünglich wurde er vom Tuba-Spieler Raoul Herget zu diesem Projekt eingeladen. Jener fühlte sich von Rabih Abou-Khalil inspiriert und ließ sich Noten von diesem schicken. Gemeinsam mit Richard Filz an der Perkussion begann das Trio Abou-Khalil-Stücke zu interpretieren, doch wurden die Grenzen hier bald zu eng.
„Wir haben im Laufe der Zeit immer mehr Abstand davon genommen, Rabih Abou-Khalil nachzuspielen, obwohl man viel dabei lernen konnte. Ich hab mich viel mit den arabischen Skalen und ungeraden Rhythmen auseinandergesetzt, herumexperimentiert und fühlte mich bereit, eigene Stücke für dieses Trio zu schreiben, woraufhin ein ganz neues, eigenes Programm entstand“. In Finkel’s Kompositionen geht es nicht darum, arabische Musik nachzuspielen, sondern vielmehr um eine Reflexion. „Wir haben auch gar nicht die Instrumente dazu, dass wir in diesen arabischen Modes spielen könnten, weil diese Skalen ja auf Vierteltönen basieren. In der arabischen Welt gibt es sehr viele unterschiedliche Skalen und ich hab mir welche ausgesucht, die mit den unseren besser korrespondieren. Man hört diese arabische Musik, nimmt Dinge an, es vermischt sich mit dem Eigenen, und im kreativen Prozess ergibt sich dann ein ganz eigener Output. Es ist viel spannender aus dem Eigenen etwas Neues zu kreieren, wo man sich drin wieder finden kann und hinter dem man stehen kann, als etwas zu imitieren, das es eh schon gibt. Das brauch ich nicht.“ Dieser Output ist naturgemäß ein völlig anderer als beispielsweise bei African Heart, denn der Input kommt diesmal unter anderem von einer orientalischen Tänzerin.
Als die Bauchtänzerin Dunia zu dem Projekt eingeladen wurde, bekam Arabian Waltz eine neue Dynamik, weil es nun wesentlich mehr darum ging, sich am Arabischen zu orientieren. Komplizierte Rhythmen, fixe Abläufe und Choreographie sind notwendige Bestandteile des Projektes. „Ich hab es hier – im Gegensatz zu African Heart – nicht mit Musikern zu tun, die aus der Region kommen, sondern mit einer Tänzerin, die oft ganz anders denkt als die Musiker und gewisse Voraussetzungen braucht, um tanzen zu können. Sie ist abhängig von einer Dramaturgie und ich hab mich deshalb mit ihr getroffen, um eine solche zu erarbeiten. Dunia hat mir auch einige Hörbeispiele nahe gelegt, von denen ich profitieren konnte. Ich hab mich dann noch mehr in diese Skalen und Rhythmen vertiefen müssen, um diese Welt besser zu verstehen.“
Näher an der Wurzel
sieht sich Sigi Finkel zwar mit African Heart, weil er hier mit drei afrikanischen Musikern arbeitet, doch ist Arabian Waltz feat. Dunia offener und lässt innerhalb eines gewissen Rahmens mehr Platz, sich selbst einzubringen. Das Programm ist zweigeteilt: in einen reinen Trio-Auftritt und eine Performance mit Tänzerin, wobei vor allem ohne Tanz die Musik viel Individualität zulässt, aber auch mit Dunia lässt das Arrangement trotz Choreographie Freiräume offen. „Die Form ist zwar festgelegt, und es ist auch relativ viel ausgeschrieben, aber es gibt jede Menge Interaktion bei Saxophonsolo mit Tanz, oder Perkussion mit Tanz.“
Auf die Frage, wie Dunia zu dem Projekt gestoßen sei, erklärt Sigi Finkel: „Es war meine Idee, dem Projekt eine gewisse Authentizität zu verleihen. Es gab die Überlegung, entweder ein zusätzliches Instrument einzubringen – eine Oud oder eine Violine – oder wegzudenken vom Instrument und sozusagen über die Grenzen zu schauen. Es könnte ja eben auch eine Tänzerin sein, und das war dann der viel attraktivere Gedanke für uns. Ich hab mir die Interaktion und Spannung, die sich zwischen Bauchtanz und Spiel aufbauen kann, gut vorstellen können.“
Christian Kolonovits, während des Gesprächs mit Sigi Finkel zumeist nur noch Kaffee trinkender Zuhörer, schwärmt von der Arabian Waltz-Performance: „Es war unglaublich. Ich hätte mir nie gedacht, dass Tanz die Musik auch wieder so positiv beeinflussen kann. Man merkt, dass diese zwei Medien aus Urzeiten miteinander verknüpft sind.“ War Steptanz früher ein wesentliches Element im Jazz, ist Tanz im heutigen Jazz nur noch in seltenen Fällen ein aktiver Bestandteil. Tanz ist auch der Berührungspunkt von Arabian Waltz und African Heart. „Es gibt ja eine Verbindung in der afrikanischen Musik. Bewegung und Musik gehören untrennbar zusammen. Der Djembe-Solist spielt da gewisse rhythmische Abfolgen, worauf der Tänzer seine Bewegungen koordiniert. Der Trommler gibt das Signal für die nächste Schrittfolge, oder der Tänzer beendet das Ganze mittels Handzeichen. Die sind da sehr eng miteinander verwoben, und wir versuchen das auf die arabische Musik zu transferieren.“
Ein weiterer ungewöhnlicher Bestandteil des Arabian Waltz-Projektes ist die originelle Besetzung. Sigi Finkel spielt Saxophone und Flöten, Raoul Herget die Tuba, und Richard Filz trommelt an Schlagwerk und Perkussion. „Es war von Anfang an geplant im Trio zu spielen, und ich bin sehr froh, dass Richard Filz in dem Projekt mit dabei ist, weil gerade diese komplexeren Stücke, die ich für dieses Trio geschrieben habe, sehr viele schwierige Taktwechsel haben. Da gibt’s 6/16-, 11/16-, 7/8-, _-Takte in einem Stück. Das ist wirklich heavy, aber Richard und Raoul können das spielen, und da kann ich nur glücklich sein.“ Christian Kolonovits wirft ein, dass durch das Fehlen eines Harmonieinstruments die Perkussion und das Schlagwerk eine große Spielwiese bekommen, um sich auszubreiten und dabei auch zu einem Melodieinstrument zu mutieren. Die reiche Klangpalette der Drumset-ähnlichen Perkussionsburg von Richard Filz ist dafür wie geschaffen.
Auch der Kontrast in Ton und Umfang von Tuba und Sopransaxophon gibt dem Gesamt-Sound einen eigenen Charakter. Unisono oder Kanon-ähnlich verschmelzen die beiden Blasinstrumente zu einer einzigartigen Einheit. Gemeinsam mit der Dichte des Schlagwerks entfaltet sich das Trio zu einem nicht trennbaren Konglomerat, wo es an nichts fehlt.
Wer Sigi Finkel kennt,
weiß um seine Vorliebe, Musik mit elektronischen Sounds zu würzen. „Elektronik ist diesmal kein Thema. Arabian Waltz ist ein rein akustisches Set, und ich find das auch gut so. Die Tuba bringt in diesem Zusammenhang eine gewisse Exotik, und die Perkussion ist derart reichhaltig, dass Elektronik eigentlich störend wäre. Es geht auch darum, dem Klischee einer Bauchtanz-Performance (ein im Hintergrund stehender Keyboarder, der zum programmierten Instrument ein bisschen orgelt) entgegenzuwirken.
Am 12. Jänner fand sich ein kleiner Kreis im „Aux Gazelles“ in Wien, Rahlgasse, ein, um beim Video-Dreh als Publikum mitwirken zu dürfen und einen ersten Eindruck von der DVD gewinnen zu können. Spärliches Licht, stimmungsvolle Muster, die von marokkanischen Gitterlampen an die Wand geworfen werden, üppige Kerzenbeleuchtung und an der Wand drapierte Stoffe sorgen dafür, dass man sich in die orientalische Welt versetzt fühlt. Das Publikum sitzt dabei auf Polsterhockern rund um die Tanzfläche und lässt sich von der faszinierenden Darbietung mitreißen. Im Mittelpunkt steht natürlich der Bauchtanz, der von Dunia vor den groovenden Musikern im orientalischen Ambiente souverän dargeboten wird. Durch die Transformation der Musik in Bewegung und Ausdruck werden die Rhythmen und Klänge unmittelbar spürbarer, und die Intensität des Erlebens wird dadurch gesteigert. Da man die Musik nicht nur hören, sondern auch sehen kann, kann der Tanz als Vermittlung zwischen Musikern und dem Publikum gesehen werden, was sich auf den DVD-Seher unmittelbar überträgt.
Sigi Finkel schlägt ein neues Kapitel in seinem musikalischen Lebensbuch auf. Es ist nur eines von vielen, aber es ist ein äußerst spannendes und intensives Erlebnis, und wir können nur noch hoffen, dass das die CD-DVD-Kombination Schule macht.
SIGI FINKEL
chronologie
2003
Im Dezember 2002 und Januar 2003 spielte Sigi mit African Heart einige Konzerte in Ougadougou und Bobo (Burkina Faso).
Im Rahmen der Frühjahrs-Konzertserie 2003 spielten African Heart im
März auch im RadioKulturhaus des ORF in Wien. Dieses Konzert wurde von Ö1 live übertragen.
Zur Sommerfestivalsaison wurde African Heart zum Weltnacht-Festival in Gütersloh-Deutschland, Lent Festival in Slowenien und zum Tabarka Festival in Tunesien eingeladen.
Im Juli wurden bei verschiedenen Radiointerviews im In- und Ausland die neuen Formationen "Arabian Waltz" und "A*SK" - The Austrian-Slovakian Electric Connection - von Sigi vorgestellt
Anfang November spielte Sigi mit dem polnischen Gitarristen Jarek Smietana, dem amerikanischen Bassisten Ed Schuller und dem polnischen Schlagzeuger Adam Czerwinski eine einwöchige Tournee in Österreich, Polen und Tschechien.
Weiters gab es einen neuerlichen Aufenthalt in Dakar/Senegal. Sigi erarbeitete zusammen mit tschechischen und senegalesischen Musikern ein neues Programm, das bei zwei Konzerten (unter anderem im Goethe-Institut Dakar) präsentiert wurde.
2002
Für seine Gruppe African Heart war es ein sehr arbeitsreiches Jahr.
Neben einer Frühjahrstour in D/Ö/CH, und vielen Festivals im Sommer brachte die Band im Oktober das neue Album "Spirits of Rhythm" heraus (special guests Joseph Bowie, Mastermind von Defunkt & Soriba Kouyaté). Eine 5-wöchige Tournee zur CD Präsentation folgte im Spätherbst.
Für das "5 Kontinente" Projekt des Voestival 2002 in Linz arbeitete Sigi als Koarrangeur des Afrika-Blocks mit Christian Kolonovits zusammen.
Weitere Projekte in diesem Jahr:
Ende April 2002 fand im Radiokulturhaus/Wien (initiiert vom ORF/Jazzredaktion) ein Konzert unter dem Motto "Bratislava meets Vienna" statt. Sigi wurde eingeladen, dazu ein Projekt mit österreichischen und slowakischen Musikern zusammenzustellen. A*SK - The Austrian-Slovakian Electric Connection wurde geboren.
Das Trio Arabian Waltz tourte Anfang Mai erfolgreich in Italien.
Das tschechische Fernsehen gestaltete mit Sigi als Moderator ein 20 min. Portrait über "Wien als Jazzstadt". Die Sendung wurde am 13. Oktober 2002 ausgestrahlt.
Seine Komposition "Whaatam" für Streichorchester und Saxophon wurde in Wiener Neustadt uraufgeführt.
2001
April/Mai: Sigi tourte 3 Wochen mit African Heart in Zimbabwe und Südafrika (u.a.Teilnahme an den Festivals in Chimanimani & Harare)
Mai: Gastsolist in Milan Svoboda's Contraband für ein Konzert beim Prager Frühlingsfestival
Sommer: Diverse Festival Konzerte u.a. Afro-Festival Osnabrück, Musikfestival Waidhofen, Jazz across the border - Berlin, Worldmusicfestival Stuttgart
2000
Im Februar war Sigi mit African Heart zum 2. Mal in Senegal.
Im April Tournee mit Tim Richards Soundscape in D, GB, F, CD - Festivalkonzert beim Eurojazzfestival Rabat/Marokko im Oktober.
Im September/Oktober wurde die neue CD "African Echoes" mit African Heart veröffentlicht. Tournee in D, A, Griechenland & Türkei.
Im November Tournee mit DOOP TROOP, u.a. Salzburger Jazzherbst und Ingolstädter Jazztage.
Wahl zum Österreichischen Jazzmusiker des Jahres 2000!
1999
Im Laufe des Jahres spielte Sigi Finkel mit African Heart in Tschechien (Jazz Festivals Hradec Kralove & Ustinad Labem), Deutschland (Geburtstagsfest Radio MultiKulti Berlin), Israel (Jerusalem Jazz Festival), Senegal (St. Louis Jazz Festival), Kap Verde (Treffen mit der Gruppe Simentera),Österreich (Wiesen Sunsplash), Kroatien (Krk Jazz Festival) & Slowakei (Bratislava Jazz Days).
Finkel bringt zusammen mit Tim Richards in England die CD "Shibop" heraus/Englandtournee im April.
DOOP TROOP veröffentlicht im November die erste CD "Don't tell me" bei SONY/Columbia und unternimmt eine Tour durch Polen/Deutschland/Österreich/Italien.
1998
Mit African Heart veröffentlicht Finkel die CD "Heart Beat". Die Gruppe spielt im Lauf des Jahres ca. 50 Konzerte im deutschsprachigen Raum.
Gründung von DOOP TROOP feat: Joseph Bowie und Kelvyn Bell / Erste Tour der Band im November
1997
nahm er mit Tim Richards eine Duo-CD "Dervish Dances" auf.
Dezember : Sigi Finkels Komposition "Satoon" wird von den "Österreichischen Kammersymphonikern" mit großem Erfolg uraufgeführt.
1996/97
war Sigi Finkel live mit Tourneen in England, den USA, Deutschland und Österreich präsent. Als Gast konnte man ihn auf Festivals wie den Ingolsstädter Jazztagen, dem Kemptener Jazzfrühling, dem Musikfest Waidhofen, dem Music Festival Bath, dem Jazzfest Wien und dem London Jazzfestival sehen und hören. Auch ein Gastspiel in der Knitting Factory in New York stand auf dem Programm.
Beginn der Zusammenarbeit mit dem englischen Pianisten Tim Richards. Seitdem regelmäßige Konzerttätigkeit in England.
1995
spielte Finkel mit John Abercrombie und Enrico Rava sowie Wolfgang Reisinger und Ed Schuller in der Formation "S.F.'s Special Station" die CD "Sweet Sue"ein.
1993
wirkte Caoma beim Festival "Wien modern" an Bernd Alois Zimmermanns "Requiem für einen jungen Dichter" mit . Im gleichen Jahr spielte die Gruppe die CD "Caoma" ein.
1991
gründete Finkel mit Tomasz Stanko, Ed Schuller und Billy Elgart die Formation Caoma (ab 1993 in neuer Besetzung mit Herb Robertson, Mike Richmond und Wolfgang Reisinger).
1990
entstand die zweite CD der Gruppe: "Voyeur, Voyeur" - diesmal mit Enrico Rava und Wolfgang Reisinger als Gastsolisten.
1989
gastierte die Powerstation bei den Jazz-Festivals in Montreux und Leverkusen und tourte durch mehrere eurpäische Länder.
1988
nahm die Gruppe mit Wolfgang Puschnig als Gastsolisten das Album "NIL" auf.
1984/85
Nach einem längeren Indienaufenthalt gründete er nach seiner Rückkehr die Gruppe Powerstation.
1982
ließ sich Finkel in Wien nieder, wo er seither lebt.
1960
Geboren am 13.Oktober 1960 in Günzburg.
Sigi Finkel studierte zunächst klassische Klarinette beim Soloklarinettisten der Ulmer Symphoniker, später nahm er Privatunterricht in München bei dem Saxophonisten Bobby Stern.
Sigi Finkel - Meisterstücke am Saxophon
veröffentlicht in Concerto 4/1996
Immer öfter taucht in den Musikmagazinen der Name Sigi Finkel auf. Das hat einen bestimmten Grund: Seine musikalische Vielschichtigkeit und sein großes musikalisches Können, aber auch die Wandlungsfähigkeit in der Vielzahl seiner Projekte zeigen das solide Handwerk des geborenen Günzburgers. der seit 1982 In Wien lebt.
Seit der Produktion der ersten Platte der "Sigi Finkel Powerstation: Nil", mit Paul Urbanek am Klavier, dem Kalifornier Glen Fisher am Bass, Gerald Endstrasser an den Drums und drei Features des phantastischen Wolfgang Puschnig am Altsaxophon und an der Baßklarinette, ist viel Zeit vergangen - und Sigi Finkel hat in der Zwischenzeit noch weiter in Richtung internationaler Karriere gearbeitet. 1989 nahm er am berühmten Jazzfestival in Montreux und den Jazztagen in Leverkusen teil. Schon im Jahr darauf nahm Finkel seine zweite Platte "Voyeur, Voyeur" mit seiner "Powerstation" und dem italienischen Trompeter Enrico Rava auf. Rava, der in der Fachwelt als "stilistisch eigenständig, mit einer Verbindung von Melos und Feuer" beschrieben wird, verwendet verschiedenste Stilelemente, die von Avantgarde bis hin zu seinen heimatlich anmutenden Melodien reichen. Die offene Haltung gegenüber neuen Bereichen der Musik und den vielen verschiedenen Stilfacetten ist ein wesentlicher Bestandteil von Sigi Finkels Interpretation.
Von Projekt zu Projekt
1991 stand Sigi Finkel mit seiner neuen Band "Caoma" im Plattenstudio. Mit ihm spielten der wunderbare polnische Trompeter Tomasz Stanko, der als die europäische Antwort auf die amerikanische Free Jazz-Szene und Fortführer des Erbes von Coltrane und Ornette Coleman gilt, der Bassist Ed Schuller, der Sohn des großartigen amerikanischen Komponisten und Musiktheoretikers Gunther Schuller, und der amerikanische Schlagzeuger Bill Elgart. Diese Formation tourte erfolgreich durch vier Länder, nahm an großen Festivals in Deutschland und Österreich teil und war zu Gast bei mehreren Rundfunksendungen und einem Femseh-Special. Das "Jazzpodium" lobte in einer Rezension die CD in den höchsten Tönen: "...mehr als exzellent besetzt ...eine faszinierende CD Produktion. Sämtliche Titel des Leaders Finkel werden mit großer musikalischer Bravour dargestellt." Das musikalische Repertoire spiegelt die Vielschichtigkeit der Musikerpersönlichkeit Sigi Finkel wider: Hardbop-Elemente, Free Jazz ä la Coleman, swingende Passagen und balladeske Momente - alles hat Sigi Finkel in dieser Formation verpackt.
Parallel zu "Caoma" arbeitet Finkel seit 1986 an seinem Projekt "Powerstation" weiter. Das musikalische Gesamtkonzept beschreibt er so: "Meine Absicht ist es, den Zuhörer teils durch akustischen, teils durch elektrischen Sound, vor allem aber durch meine Kompositionen einmal in verträumte Klangwelten zu wiegen, dann aber wieder durch Drive und Groove in Bann zu schlagen". Die " Powerstation "- Band wurde immer wieder aufgrund der geographischen Gegebenheiten umgebaut: der Wiener Pianist Paul Urbanek, der Bassist Karl Sayer und der französische Schlagzeuger Patrice Heral tourten gemeinsam mit Sigi Finkel durch Österreich, Deutschland, Belgien, die Slowakei, Tschechien, Italien und die Schweiz.
Mit Robert Weiß arbeitet Finkel im Duo. Sigi Finkel meinte dazu: "Das Zu- sammenspiel mit Robert ist sehr inspirierend für mich, da er die Fähigkeit hat, die Magie der Musik hörbar zu machen. Dies führt unsere Musik zu einer außerordentlichen Dichte, weit über die Grenzen konventioneller Interpretation hinaus. Daher bekommen unsere Stücke, egal ob Eigenkompositionen oder Standards, einen unverwechselbaren Charakter". Der unverwechselbare Charakter der einzelnen Kompositionen entsteht erst durch die Veränderung der Melodik als auch der Rhythmik. Dies bedeutet für Sigi Finkel "das Verlassen der ursprünglichen Ebene", den"Stakkatolinien vorn Saxophon", den "Aufschrei des Saxophones in schrägen Intervallen" und das "Wiederfinden in einem schnellen Unisono mit Aufbau des Funk-Rhythmus in groovigen Lines". RobertWeiß schreibt über die Arbeit mit seinem Partner Sigi Finkel: "Unsere Arbeit basiert auf der Freude am Spielen: wir spielen nicht nur die Stücke, wir wollen genauso mit den Stücken spielen. So können wir etwas Neues kreieren ohne den Anspruch, anders sein zu müssen. Wenn die Kunst der Improvisation als das "Komponieren im Moment" angesehen wird, so ist unser Duo-Spiel ein "Arrangieren im Moment" Das beschreibt aber nicht nur die Tätigkeit im Bereich des Duoprojektes, sondern vielmehr den Charakter und die Philosophie von Sigi Finkeis musikalischer Intention.
Im Dezember 1995 präsentierte Finkel seine jüngste CD, "Sweet Sue". Für dieses Werk konnte er wieder einen großartigen internationalen Solisten gewinnen: den Gitarristen John Abercrombie. Am Baß spielt wieder Ed Schuller, an der Trompete Enrico Rava, und an den Drums spielt Vienna Art Orchestra Mitglied - Wolfgang Reisinger. "Sweet Sue" ist ein weiteres Beispiel für die phantastische Musikalität Finkels: die Stilelemente reichen von Reggae-Rhythmen über langsame Balladen, hin zum feurig heißen "Tobasco"-egal in welcher Spielart sich die Band bewegt, allen Mitmusikern wird genug Platz gelassen, sich frei zu entfalten. Die Unisono-Parts von Gitarre, Saxophon und Trompete auf "Sweet Sue" sind großartig.
Vielschichtige Persönlichkeit
Seit Dezember 1995 arbeitet Sigi Finkel mit einem weiteren Ensemble zusammen, das sich "African Heart" nennt. Musiker aus drei Kontinenten spielen in dieser Band mit: die drei M'Boup Brothers aus Senegal an den diversen Trommeln und Perkussionsinstrumenten, der australische Posaunist und Didgeridoo-Spieler Adrian Mears, der Österreicher Robert Riegler am Baß und Sigi Finkel am Saxophon. Finkels "musikalische Philosophie" ist das Gemisch von traditionellen Trommelklängen mit fetzigen, jazzinspirierten Bläsersätzen, afrikanischen Gesängen und dem tiefen, röhrigen Sound des australischen Busches - dem Didgeridoo. Das Publikum nahm die Musik begeistert auf, und die Pressestimmen waren sich einig über die großartige und gelungene Mischung.
Neben der Tätigkeit als praktizierender Musiker arbeitet Sigi Finkel aber auch an Kompositionswerken. So schrieb er unter anderem für das "Wiener Saxophon Quartett" 1993 die Auftragskomposition "SAX" und ein "Konzert für Solo-Saxophon, Streichorchester und Percussion" für das "Kleine Orchester". Diese Komposition soll im April 1996 in Wien uraufgeführt werden. Anfang April spielt die "Powerstation" wieder Konzerte in Deutschland und der Schweiz und wird in der Besetzung John Abercrombie, Enrico Rava, Ed Schuller und Wolfgang Reisinger beim Jazzfestival Raab auftreten. Ab Herbst tourt Sigi Finkel dann wieder mit "Caoma" durch Polen und Frankreich. Für alle, die in Ostösterreich zu Hause sind, gibt es einen Tag, an dem sie Sigi Finkel mit seiner "Powerstation" in Wien genießen können: am 11. 3. 1996 im Porgy & Bess in Wien.
von Wolfgang Weitlaner
Sigi Finkel - "Nicht Jazzmusiker, Musiker!"
Der seit 1982 in Wien lebende Saxophonist Sigi Finkel ist bekannt für seine zahlreichen, buntschillernden Projekte im Schnittpunkt zwischen Weltmusik und Jazz. Mit seinen global angelegten Konstellationen ist er in den unterschiedlichsten Ländern unterwegs. Neu dabei ist die "East-West-Connexion", die, mit Christoph Spendel, Yuri Goloubev und Asaf Sirkis, laut Finkel "zwischen mediterran-nahöstlichen, russischen und afrikanischen Einflüssen liegt".
Sigi Finkel
Anklang findet Sigi Finkel auch in seiner österreichischen Wahlheimat: im Jahr 2000 erhielt er den "Österreichischen Jazzpreis". - In diesen Tagen wird ein neues Album seiner Band "African Heart" erscheinen.
Carina: Mit "African Heart" hast du eine neue CD eingespielt, die gerade veröffentlicht wird. Was sind die Kernthemen dieses Albums, wie grenzt du es zum Vorgängeralbum ab?
Sigi: Ich habe bei den zwei bisherigen Platten mit senegalesischen Musikern gearbeitet, die aus einer reiner Trommeltradition kommen. Zwei meiner jetzigen Musiker stammen aus Burkina Faso - dort ist das Balaphon ein prägendes Instrument. Diesmal sind zwei Songs mit diesem Instrument auf der Platte, aber in Zukunft möchte ich das weiter ausbauen.
Wir haben wesentlich mehr Elektronik eingesetzt als auf den ersten CDs. Gerade das finde ich spannend: Traditionelle afrikanische Rhythmen mit Samples und Loops zu kombinieren, ohne die Substanz zu zerstören. Da ist sicher für die Zukunft noch viel Potential drin. Zudem steht die Band wirklich als Team hinter mir, was natürlich ein ganz wichtiger Faktor ist.
Carina: Joseph Bowie (Defunkt) wird als Gast bei dem CD-Release-Konzert mitwirken, ihr beide werdet Ende Oktober bei der Aufführung von Musik der Defunkt-Bigband durch das "Hauer Konservatorium Wiener Neustadt" dabei sein. Bereits bei "Doop Troop" habt ihr zusammengearbeitet. Wie kam es zur Arbeit mit Joe Bowie?
Sigi: Ich habe Joseph lustigerweise in der Sauna eines Hotels in Ingolstadt kennengelernt, als wir beide während des dortigen Festival mit unseren eigenen Bands gespielt haben. Er war mir sympathisch und mir hat seine Performance gut gefallen.
Als ich später über ein neues Projekt nachgedacht habe, ist er mir automatisch in den Sinn gekommen. - Joseph ist nun auch wieder auf der neuen "African Heart"-Platte als Gast dabei - ich freue mich schon auf die Livekonzerte mit ihm im Oktober/November.
Sigi Finkel & African Heart - "Spirits Of Rhythm" (11-02)
Carina: Du streckst deine Fühler musikalisch außer nach Afrika auch im europäischen Kontext in East-West-Richtung aus - zusätzlich nun auch noch in Richtung arabische Musik. Davon abgesehen hast du eine Zeitlang in Indien gelebt. Wie bindest du deine Erfahrungen mit den unterschiedlichen musikalischen Lebenswelten in dein eigenes Spiel mit ein?
Sigi: Ich komme eigentlich aus der Modern Jazz Tradition. Die Beschäftigung mit den vielen Einflüssen und Stilmitteln aus der afrikanischen und arabischen Musik, sowie auch die neuen Möglichkeiten mit Computern, Samplern und Software haben meinen Horizont ungemein erweitert. Ich würde mich auch nicht mehr als "Jazzmusiker", sondern als "Musiker" bezeichnen. Das Wort "Jazz" davor empfinde ich fast als Einschränkung.
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Ich würde mich nicht als "Jazzmusiker" bezeichnen.
Das Wort "Jazz" empfinde ich fast als Einschränkung!
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Was ich konkret von den Ethno-Musikern gelernt habe: aus ihrem Selbstverständnis heraus sehen sie Musik nicht als Selbstzweck, sondern spielen für die Zuhörer - und nur für sie! Kommt man da mit seinem "Kunstanspruch" daher, gibt das erst mal einen Clash. Für mich war das durchaus heilsam.
Ich denke, es ist mir im Laufe der Zeit gelungen, eine Balance zu finden zwischen innovativer Musik und der intensiven Kommunikation mit den Zuhörern durch "Dinge, die bekannt sind". Es macht sicher auch einen Teil des Erfolges der afrikanischen Band aus, dass es eine neue Kombination von Elementen gibt, die aber für sich gesehen "geläufig" sind.
Sigi Finkel
Carina: Mit "African Heart" seid ihr im Senegal, in Südafrika usw. unterwegs gewesen - ein Teil deines Reiseberichtes wurde im Jazz Podium im Sommer 2001 veröffentlicht - wie hast du dich dort als Weißer gefühlt bzw. welches war dein prägenstes Erlebnis dieser Reisen? Was hast du für dich mit nach Hause genommen?
Ich finde, jeder Weiße sollte mal nach Südafrika fahren - und nicht nur die Nationalparks besuchen, sondern sich wirklich auch im Land umschauen; es ist eine Schande für alle Weißen, was dort mit diesem blödsinnigen Rassendenken angerichtet wurde. Die Gesellschaft ist nach wie vor tief in zwei Teile gespalten, ökonomisch und sozial.
Für mich war es mehr als bezeichnend, als ein junges Mädchen bei einem Workshop in den Townships einen meiner afrikanischen Musiker voll Erstaunen gefragt hat, wie er das denn gemacht hat, daß er diese Weißen getroffen hat - dh. die Gesellschaft ist so gespalten, daß man sich fragt, wie man denn überhaupt jemanden von der anderen Seite treffen kann.
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Es ist eine Schande für alle Weißen, was in Südafrika
mit diesem blödsinnigen Rassendenken angerichtet wurde!
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Und wenn dann hier in Österreich oder Deutschland wieder bestimmte Zeitungen oder politische Gruppierungen mit ihren Ausgrenzungsspielchen anfangen, so muß man da genauso entgegenhalten. Da hat die Band sicher auch eine wichtige Signalfunktion: Wenn da immer wieder mal der schwarzafrikanische Drogenhändler stilisiert wird, so sollen die Leute ganz im Gegenteil sehen, daß hier normale Menschen zusammenarbeiten, die Ihre Ziele haben, die Spaß an der Zusammenarbeit haben und miteinander was erreichen wollen.
Carina: Generell - wieviel Bedeutung haben deiner Meinung nach bei der Zusammenarbeit von Musikern unterschiedlicher Kulturen Respekt, Identität, Freundschaft?
Sigi: Gegenseitige Akzeptanz und Respekt sind unabdingbare Voraussetzung, um miteinander arbeiten zu können. Würden die afrikanischen Musiker oder auch ich lediglich mit unseren überlieferten Maßstäben messen, so könnten wir dem Können des jeweils anderen in keiner Weise gerecht werden.
Wie kann ich die unglaublich komplexen afrikanischen Rhythmen schätzen, wenn ich mir denke, dass in einem Stück soundso viele Harmonien enthalten sein sollen - und die kommen dann nicht? Man muss sich also schon die Mühe machen, die jeweiligen Ressourcen sehen zu wollen!
In meiner Zeit mit den senegalesischen Musikern war ich dreimal im Senegal. Dadurch habe ich sehr viel über ihre Art zu leben, zu denken und zu spielen gelernt. Jetzt, von Dezember bis Januar, werde ich nach Burkina Faso gehen, - inzwischen sind ja zwei Musiker von dort in der Band -, um mich speziell mit der Balaphonmusik näher zu beschäftigen.
Mamadou Diabate, einer meiner Musiker, stammt aus einer Region, in der man am Balaphon eine richtiggehende Sprache entwickelt hat. Er kann - nur mit Tönen - am Instrument jemanden bitten, ihm etwas zu trinken zu holen. Unglaublich! Er hat mir übrigens schon "Guten Tag" und "Wie geht's" beigebracht.
Wenn das so weite