Carla Bley ist in die Männerdomäne Jazz eingedrungen wie keine andere und gilt als kreativste, originellste und humorvollste Komponistin und Arrangeurin des Jazz
Dieses Projekt wurde geboren, während ein anderes noch lief. Als die Carla Bley Big Band im Sommer 2002 programmatisch-ironisch Amerika suchte, fixierte ihre Leiterin im Umkleideraum schon erste Stückideen auf der Rückseite des Programmheftes, das sie aber prompt verlor: The Lost Chords. So viel blieb klar: Die Besetzung sollte kleiner sein und neu, jedenfalls relativ. Also keine schwierigen Duos mit Steve Swallow und nicht schon wieder zu dritt mit Andy Sheppard. Daher kam Billy Drummond zum Quartett. Von der Big Band und überhaupt kennt man sich, auf alte Themen konnte man aufbauen, neue würden sie finden. So viele, dass Stoff für die nächste und übernächste Platte bleiben wird. Und immer so weiter und wieder so fort.
Im Herbst 2003 ging's quer durch Europa. Dass auch nach Jahrzehnten unterwegs „Tour" nicht ganz zufällig nach „Tortur" klingt, kann man im Booklet nachlesen. Der Musik nämlich wird man es nicht anhören. Leicht, geschmeidig, locker, verzwickt und doch sehr einnehmend kommt die daher. Nie war Carla Bley so nah bei Monk. Das stolpert, stolziert und geht los. Drummond macht im Hintergrund genau das Richtige, Sheppard schrillt und schwelgt und schwebt, Swallow federt hoch vom tiefen Grund und singt kompakt zurück. Und Frau Bley tastet über die Tasten. Das ist nicht wirklich neu, aber immer wieder schön.