Andere Zeiten
‚Wir haben die Winterausrüstung, es braucht aber keine Schneeräumung, wenn es nicht geschneit hat.‘ Vor einem Jahr noch teilt uns der ÖSV mit diesem poetischen Gleichnis mit, dass er in der glücklichen Lage sei, „niemals einen derartigen Fall gehabt zu haben". Nun soll es aber doch „Fälle“ gegeben haben. Das berichten zumindest ehemalige Läuferinnen. Die Rede ist von sexuellen Übergriffen. Kaum vorstellbar, denn der Präsident wusste von nichts. Er steht seit 1990 diesem Verband vor. Neidlos rätselt man, welch geheime Qualitäten, die bislang noch nicht zu uns durchgedrungen sind, ihn so lange im Amt hielten. Außer im entscheidenden Moment nichts zu wissen. Er wusste dann aber doch, dass es immer das eine oder andere Pantscherl gab. Aber ein Pantscherl ist eben kein Übergriff. Basta. Es hat also, um mit ÖSV-Deutsch zu sprechen, nicht geschneit. Vermutlich ist es seine Feinfühligkeit, die ihn so lange im Amt hielt. Und seine Offenheit. Denn im Ernstfall wäre der ÖSV "nicht wirklich darauf eingestellt“ sollte er sich mit Vorwürfen dieser Art konfrontiert sehen, räumte er ein. Also doch nicht so weit her mit der Winterausrüstung. Zumindest eine Schneeräumung hat der ÖSV. Da hofft man, dass alle Betroffenen "sofort zur Frau Kronberger gehen“. Das ist die tapfere Frauenbeauftragte des Schiverbands. Klingt wie nackt unter Kannibalen oder Umweltbeauftragte bei VW. Denn es schneit immer mehr. Zunehmend melden sich Athletinnen, die wie Freiwild behandelt wurden. Zum Glück hat auch hier der Präsident den richtigen Satz parat. "Das waren damals sicher andere Zeiten.“ Na also, wozu die Aufregung?