Lernfrosch
„Heute keine Hausübung“ war einer der besten Sätze unserer Schulzeit. Weil selten. Doch das soll jetzt zur Regel werden.
An ganztägig geführten AHS-Unterstufen sollen künftig die Aufgaben in der individuellen Lernzeit am Nachmittag absolviert werden. Per Verordnung natürlich. Die Lehrer-Gewerkschaft meint allerdings, das sei „für die Tribüne“. Vermutlich soll das eine Metapher sein für praxisfernes Schaulaufen. Also eigentlich jene Disziplin, in der es die Lehrergewerkschaft zur Meisterschaft gebracht hat. Doch es geht um mehr. Völlig richtig wird hier ein generelles Hausübungsverbot festgestellt. Denn die Verordnung sieht vor, dass Aufgaben nur insofern berechtigt seien, wenn sie nicht zu Hause erledigt werden müssen. Lernen nach Vorschrift sozusagen. Das hat sich bisher ja auch bewährt. Denn bekanntlich lernt man dann am meisten, wenn die Lernzeit limitiert wird. Unentwegtes Lernen ist Schnee von gestern. Anachronistisch die Vorstellung unser Hirn würde in Lernpausen weiter arbeiten. Wie seltsam war es anzunehmen, dass der Faktor Zeit im Lernprozess eine Rolle spielen könnte. Lernreservat ist das Wort der Zukunft. Workshop statt Nachhaltigkeit. Informative Amuse gueles statt ausführlicher Menüs, die wie bei der Nahrungsaufnahme das Hirn nur schwer machen und mit unnötigem Ballast versehen. Lernen modernen Zuschnitts muss easy going sein und häppchenweise. Intellektuelles Finger Food sozusagen. Denn dann bekommt man endlich den erwünschten Bildungsoutput. Überblick war gestern, in der geistigen Brötchenkultur genügen winzige Inselbegabungen im unendlichen Wissensmeer.
Und wenn dereinst das Land endlich flächendeckend bestückt ist mit lauter kleinen Lernfröschen im Brunnen, wird sich etwas zeigen.
Nämlich, dass es für das Bildungsministerium vielleicht doch zuweilen gut gewesen wäre seine Hausaufgaben zu machen.