Eine bildhübsche Schwedin ist die neue Muse der französischen Jazzszene.
Eine bildhübsche Schwedin ist derzeit die Muse der französischen Jazzszene.
Ihr Debüt-Album "A Fraction Of You" ist gleich nach Veröffentlichung der französischen Charts knapp hinter Norah Jones auf Position zwei eingestiegen! Fredrika Stahl ist Komponistin, Texterin und Interpretin in Personalunion. Obwohl erst 21jährig, erstaunt sie durch die Reife ihrer Persönlichkeit. Die Grenzen zwischen den Musikgenres ignoriert sie. Stattdessen pflegt sie ihren ganz eigenen, unverwechselbaren Personalstil, irgendwo zwischen Pop und Jazz. Und das mit Erfolg: Die Festival-Organisatoren stehen Schlange.
RISING STAR
Mit der erst 21-jährigen Fredrika Stahl steht ein neuer Stern am Gesangshimmel des Jazz. Die gebürtige Stockholmerin lebte schon als Kind in Paris, kehrte nach Schweden zurück, bevor sie sich 2002 endgültig in Paris niederließ. Sie begann früh mit dem Singen und orientierte sich an Sängerinnen wie Lisa Ekdahl, Tracy Chapman und Norah Jones. Nun erscheint ihr Debüt-Album "A Fraction Of You", das in Frankreich sofort auf die Nummer 2 der Jazz-Charts kletterte. In zwölf Songs, die alle aus ihrer Feder stammen, präsentiert sie in Englisch und natürlich perfektem Französisch ihre fantastische Stimme und ganze Bandbreite von stimmungsvollen Balladen ("Try Again"), swingenden Up-Tempo-Nummern ("Please Let Me In") bis zu leicht folkigen Stücken ("What About..."). Zusammen mit ihrem Produzenten Geef Ekodo sammelte sie eine Band von erstklassigen Musikern um sich: u.a. den berühmten Jazz-Pianisten Tom McCung, den Gitarristen José Palmer (Dee Dee Bridgewater) und den Saxophonisten Hervé Meschinet (Charles Aznavour). Die junge Sängerin mit ihrer samtig zarten Stimme wird mit diesem Album und ihren zeitlos schönen Songs sicher nicht nur in der Jazz-Szene für Furore sorgen.
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Die Straßen des Pariser Viertels Pigalle werden von der Spätnachmittagssonne beleuchtet. Die Fassaden sind in gleißendes Licht getaucht und auf den Bürgersteigen wimmelt es nur so von Menschen. Im Rotlichtviertel schlägts fünf Uhr und ich habe eine Verabredung mit einer Puppe: Blond, mit einem Porzellanteint, der nicht besser zu den feinen Gesichtszügen passen könnte: Fredrika Stahl, gerade 21 geworden, erwartet mich – gefolgt von ihrem Produzenten, ihrer Pressesprecherin und ihrer Mutter. Seit der Veröffentlichung ihres ersten Albums „A Fraction Of You“ im März klopft der Erfolg an die Tür: Hochgelobt von den Kritiken tummelt sich ihr Album an der Spitze der Virgin Jazz-Charts, direkt vor der letzten Platte von Norah Jones.
Stahls augenscheinliche Zerbrechlichkeit wird schnell von ihrer Stimme widerlegt. Ihr Klang ist zart, aber sehr reif. „Deine Stimme muss aus dem Bauch heraus kommen, nicht aus der Kehle – das ist wichtig, um den Ton herauslassen können“, erklärt sie mir in perfektem Französisch. Kein Gesangsunterricht, ein paar Grundlagen in Musiklehre und Klavier, und vor allem ein unglaubliches Gehör. Ihre Methode ist wenig orthodox: „Ich schreibe zuerst die Texte in englisch und entsprechend der Aussage des Songs finde ich dann Tonart und Rhythmus.“
Ruhige Exilzeit
Englisch hat die hübsche Schwedin auf verschiedenen internationalen Schulen gelernt. Im Alter von vier Jahren kommt sie mit ihrer Familie in Frankreich an. Sie machen zuerst in Saint-Germain-en-Laye Station, einem schicken Vorort von Paris. Acht Jahre später folgt der nächste Umzug in Richtung Schweden. Eine Mobilität, die Stahl heute als Vorteil betrachtet „auch wenn ich mich während meiner Kindheit entwurzelt und überall fremd gefühlt habe.“ Über die Franzosen sagt sie, „dass sie sich mehr an den Dingen des Lebens erfreuen als die Schweden. Auch wenn es oft chaotisch ist.“ Und wenn sie an ihre schwedischen Landsleute denkt, dann fällt ihr vor allem „die Liebenswürdigkeit hinter der kühlen Fassade und eine große Offenheit“ ein.
Aber ihr Herz bleibt zerrissen „zwischen der Musik in Paris und der Familie in Schweden“. Dabei kultiviert die Wahlpariserin ein enthusiastisches Weltbürgertum: „New York oder Spanien, es gibt keinen Ort, den ich nicht besuchen will. Es gibt an jedem Ort so viel zu entdecken“, fügt sie hinzu.
Das Abitur in der Tasche entscheidet sie sich für ein Sabbatjahr „um zu machen, was ich wollte: Wieder Französisch sprechen und in die Welt der Künstler eintauchen.“ Obwohl das Tanzen zu diesem Zeitpunkt ihr ein und alles ist, machte die Musik Stück für Stück an Boden gut. „Tanzen ist vor allem Interpretation. Ich wollte aber unbedingt etwas Eigenes schaffen“, sagt sie. Mit 17 nimmt sie ihr Leben in die Hand – und macht sich auf den Weg nach Paris.
Der Weg ist das Ziel
Die Künstlerwelt hat zunächst einmal einen bitteren Beigeschmack: Stahl arbeitet abends in einer Bar um ein bißchen Geld zu verdienen und komponiert einige Songs. Um durchzuhalten, wiederholt sie sich immer wieder ihr Mantra: „Im schlimmsten Fall klappt es nicht. Aber ich werde auf keinen Fall die Chance verpassen, dass zu tun, was ich will.“
Diese Durststrecke diente vor allem der Inspiration. „Ich hatte meine Familie verlassen, ich kannte niemanden und fühlte mich sehr einsam – vor allem mit mir selbst.“ Ein melancholisches Lächeln huscht über ihr Gesicht, während ihr Blick in einem exotischem Frucht-Cocktail versinkt. Hinter der Sensibilität dieser Sirene aus dem Norden steckt eine entschlossene Zielstrebigkeit. Unterstützt wird sie dabei von ihrer Mutter, einer Malerin. Der Name „Stahl“ ist Programm.
Die Frage, ob sie kämpfen mußte, liefert Stahl ihr Stichwort: „Ich hatte das Glück, sehr schnell meinen Produzenten zu treffen, aber wir haben dann trotzdem noch vier Jahre hart an diesem Album gearbeitet.“ Kurzum, der Erfolg ist ihr nicht über Nacht in die Hände gefallen. „Natürlich hatte ich keine Ahnung davon, ob es klappen würde. Aber ich wußte sehr genau, dass ich nicht den Rest meines Lebens als Kellnerin arbeiten wollte.“
In guten Händen
2004 winkte ihr dann das Schicksal zu: Tom McCung, Pianist der Jazzlegende Archie Shepp, stolperte in ihr Leben. Ihre Folk-Pop-Melodien hatten ihn magisch angezogen und er schlug ihr vor, ein paar Arrangements daraus zu machen. Und ehe sie sich versah, fand sie sich zwischen renommierten Musikern wieder um ihr erstes Album aufzunehmen, darunter auch der Saxophonist von Dee Dee Bridgewater. Stahl erinnert sich an eine bewegende, aber auch stressige Zeit: „Was wir da an einem Stück im Studio aufgenommen haben bleibt für die Ewigkeit – ich musste erst lernen, mich zu entspannen.“
Als das Album aufgenommen war, mußte der Vertrieb in Angriff genommen werden. Und das war gar nicht so einfach. „Es gab immer ein ‚ja, aber...‘ von den Plattenfirmen“, erinnert sich Stahl. „Das Problem? Es war unmöglich, dieses Album mit einer Mischung aus verschiedenen Musikstilen in eine der gängigen Schubladen zu stecken.“ Schließlich unterschreibt sie bei Sony BMG, Garant für internationale Aufmerksamkeit.
Von ihren ersten Auftritten, die sie unter anderem im prestigeträchtigen Pariser Jazzclub New Morning absolviert, schwärmt sie noch heute: „Wenn die Zuschauer reagieren und klatschen, dann weißt du, dass du das alles nicht umsonst machst. Es ist sehr wichtig, ein Feedback auf seine Arbeit zu bekommen.“ In Schweden wäre der Weg, den Stahl gegangen ist, vielleicht gar nicht möglich gewesen. „Es ist einfacher, sein Glück weit weg von zu Hause zu versuchen“, erzählt sie. „Wozu sollte man sonst ins Unbekannte aufbrechen, wenn man Menschen um sich hat, die einen schätzen?“ Stahl weiß um ihr Glück, „sehr schnell die richtigen Menschen getroffen zu haben“ und betont, wie wichtig es ist, eine stabile Umgebung und eine gesunde Beziehung mit sich selbst“ zu haben. Das Wesentliche ist, „genau zu wissen was man will, bevor man sich ins Abenteuer begibt.“ Der Stern kann aufgehen – Fredrika Stahl steht mit beiden Beinen auf der Erde.