Shakespeare, die Bibel und Grimms Märchen haben die Mannen vom Feinripp-Ensemble bereits lustvoll verarztet.
Jetzt wagt sich das Trio ins Schwank-Fach. Ja und?
Guat?
Sauguat!
PREMIERENKRITIK: TT
Zwei Mal Tränen gelacht – wie früher bei Bud Spencer und Terence Hill. Ein Mal versehentlich der Sitznachbarin auf den Oberschenkel gehaut – blöderweise im Kichertaumel das eigene Bein verfehlt. Mit einem Ohrwurm nach Hause gegangen – und auch am Morgen noch „Mia sein mia, mia sein mia, mia sein stärker wie die Stier“ gesungen. Wehmütig an Mittwochabend gedacht. Und schon wieder gelacht.
Alles wegen drei Kerlen in Altherren-Unterhosen, die man hierzulande als „Feinripp-Ensemble“ kennt – und für ihren lustigen und lustvollen Umgang mit Literaturschwarten schätzt. Shakespeares sämtliche Werke haben sie kultverdächtig gekürzt, der Bibel einen himmlisch-humorvollen Anstrich verpasst und Grimms Märchen ideenreich aus der Es-war-einmal-Ecke gehievt. Mit „Die Rippenhof-Saga“ haben sich Thomas Gassner, Markus Oberrauch und Bernhard Wolf nun ins Schwank-Fach gewagt – und dabei ein Stück auf die Beine gestellt, das vor bauernschlauer Power nur so strotzt. Die Regiefäden hat dabei erstmals Johannes Gabl in der Hand, der damit Susi Weber ablöst, nach deren Pfeife das Trio bislang tanzte. Geblieben sind dafür die ausgeleierten Liebestöter, die im vierten Streich der Feinripper allerdings nicht sofort zum Einsatz kommen. Am „Rippenhof“, der seit Mittwoch im Treibhaus-Turm angesiedelt ist, herrscht zunächst Hosenträger-, Hut- und Jangger-Pflicht, an die sich der Älteste (Gassner), der Mittlere (Oberrauch) und der Jüngste (Wolf) brav halten. Noch lieber halten sich die drei Brüder, die der nahende Tod ihres Vaters am Stubentisch vereint, aber an ihren Schnapsglasln fest – und an Dialogen, die wortkarger nicht sein könnten. Doch in dieser Kargheit, die Erinnerungen an den Alpenwestern „Das finstere Tal“ wach werden lässt, liegt jede Menge Witz begraben – und den buddelt das Trio in Gemeinschaftsarbeit wieder aus. In Gabls rhythmisch-rasanter Regie kommt das Feinripp-Ensemble in Fahrt: Hier spielt sich keiner aus, sondern jeder die Bälle zu. Manchmal sind’s auch fiepende Luftballons, die nicht nur in den Rängen, sondern auch auf der Bühne für Lacher sorgen.
Doch „Die Rippenhof-Saga“ ist mehr als nur lustig. Die pointenreiche Persiflage auf bäuerliche Seichtigkeits-Paraden ist auch eine Liebeserklärung an die Spielfreude. Vor allem nach der Pause stellen Gassner, Oberrauch und Wolf ihre Wandelbarkeit unter Beweis – da wird leichtfüßig zwischen heroischem Hofer und dahinsiechendem Franzosen geswitcht, bekommt der streitlustige Haspinger ein Aggro-Profil verliehen, mit dem er sofort bei „Full Metal Jacket“ anheuern könnte, und wird aus einem putzigen Biber ratzfatz ein größenwahnsinniger Napoleon. Glücklicherweise bleibt auch noch Zeit für einen mitreißenden Matschgerer-Rap und die Feststellung, dass Theater nicht immer eine Aussage haben muss. Manchmal kann man es auch einfach fein haben. Um im Rippenhof-Jargon zu bleiben. Ja und? Guat? Sauguat!
Von Christiane Fasching
Ein Ansager belehrt: »William Shakespeare: Dramatiker, Dichter, Schauspieler, Philosoph; ein Mann, dessen schöpferisches und literarisches Genie Bewusstsein und Kultur der gesamten zivilisierten Welt grenzenlos und von Grund auf beeinflusst hat. Und doch: wir, die wir im Einundzwanzigsten Jahrhundert zu Hause sind, wie viel kennen wir – ich spreche von wirklichem Kennen – von dem gewaltigen Komplex? Zu wenig, würde ich sagen!«
Um diesen Missstand zu beheben, bieten drei Schauspieler in knapp zwei Stunden das gesamte dramatische Werk Shakespeares, immerhin 37 abendfüllende Stücke mit insgesamt 1 834 Rollen. Als Zugabe gibt’s noch 154 Sonette.
In voller Länge ergäbe das eine Aufführungs¬dauer von fünf Tagen und fünf Nächten. Um der Überforderung vorzubeugen, hat man sich für weise Kürzungen und kluge Zusammenfassungen entschlossen, leichte Veränderungen, Improvisationen und Unstimmigkeiten nicht ausgeschlossen.
Und ist auch nicht jeder Satz von Shakespeare, so könnte er doch von dem Meister aus Stratford-on-Avon sein, von dem Großmeisters der englischen Dramatik, dem Schöpfer von Tragödien, Komödien und Königsdramen – so schön sind die Sätze, die geboten werden.
Und ist letztlich nicht egal, von wem die Worte stammen? Eine humoristische Fachzeitschrift hat einmal den alten Philologen-Streit: Wer schrieb Shakespeares Werke? mit dem versöhnlichen Urteil beendet: Es steht fest, dass Shakespeares Dramen nicht von Shakespeare stammen, sondern von einem Mann gleichen Namens!
Von diesem menschenfreundlichen Geist ist auch die Revue Shakespeares Sämtliche Werke (leicht gekürzt) beseelt. Kein Wunder, dass sie seit ihrer Uraufführung Erfolg hat, wo immer auf der Welt sie gespielt wird!
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DIE BIBEL. leicht gekürzt - auf eine GöTTLICE KOMÖDIE.
Am Anfang war das Wort :
Die Feinripps kürzen die ganze Bibel auf eine göttliche Komödie zusammen: Altes & Neues Testament, köstlich gerippt.
Nachdem der Feinripp-Trupp – Thomas Gassner, Bernhard Wolf und Markus Oberrauch - auf seinen biblischen Pfaden bereist durch halb Tirol pilgerte, kehrt es mit seiner legendären Kurzversion der „Bibel – leicht gekürzt“ ins Innsbrucker Treibhaus zurück. Das erfolgreiche Dreiergespann wuchtete bereits „Shakespeares sämtliche Werke“, leicht gekürzt auf zwei Stunden auf die Bühne und machte das Unmögliche möglich. Grimms Märchen ergings nicht besser: alle Schwiegertöchter, Prinzessinnen, Frösche und Wölfe mußten sich zum Gaudium des Publikums feinrippen lassen.
Mit „Die Bibel - leicht gekürzt“ fegen die drei nun durch das Alte und Neue Testament und zeigen, was man damit alles anstellen kann. Ein Wirbelwind ist harmlos dagegen.
Dabei entpuppt sich die Heilige Schrift als echte Vielseitigkeitsprüfung für die Schauspieler, die den Abend zu dritt tragen. Wer schon katholisch ist, wird es bleiben. Es werden ist für den Besuch aber nicht notwendig, wer nicht lacht, ist ein Wunder.
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Unter der Fuchtel von Susi Weber spielen die Weberknechte Bernhard Wolf, Markus Oberrauch, Thomas Gassner die „Kinder und Hausmärchen“ der Gebrüder Grimm - hart gekürzt und kaum beschnitten - Im wesentlichen bleiben allen Prinze, Schwiegertöchter und bösen Stiefmütter erhalten und eine vierte feingerippte Unterhose hat einen Werkvertrag. Es ist - ein märchenhaftes Schauerspiel für Erwachsene. Nach Shakespeares sämtliche Werke und der Bibel präsentiert das Feinripp Ensemble den dritten und hoffentlich nicht letzten Streich - Man kann sich auf einen Abend mit 280 Märchen mundgerecht serviert gefasst machen....
PREMIERENKRITIK
christiane fasching
tiroler tageszeotung
Schrille Märchenstunde hinterm Plastik-Hexenhaus
Fabelhaft: Es waren einmal drei Männer in Unterhosen. Oder fast vier. Das Feinripp-Ensemble kürzt sich „Grimms Märchen“ zurecht.
Die Erfolgsgeschichte des Feinripp-Ensembles klingt märchenhaft. Im Jahr 2008 spielten sich Thomas Gassner, Markus Oberrauch und Bernhard Wolf – in weiße Unterwäsche gewandet – mit „Shakespeares sämtliche Werke: leicht gekürzt“ erstmals in die Herzen der Zuschauer. Zwei Jahre später wagte sich das Trio – abermals textilarm und pointenreich – an die Kürzung der Bibel und landete auch mit dieser göttlichen Komödie einen Publikumshit. Kein Wunder also, dass auf den zweiten ein dritter Streich folgen musste, der erneut von Regisseurin Susi Weber inszeniert wird und seit Samstag im Innsbrucker Treibhaus zu sehen ist. „Grimms Märchen hart gekürzt“ nennt sich der Theaterspaß, der mit einer Lüge beginnt. Man könnte auch Märchen dazu sagen.
So macht der Möchtegern-Ensemble-Chef Gassner seinen Mitspielern weis, dass er mit Theater-, Film- und Fernsehstar Tobias Moretti ganz dick befreundet ist und dieser der Unterhosen-Gang beitreten will. Wolf ist aus dem Häuschen, Oberrauch traut dem Braten nicht – aber da geht die schrille Märchenstunde auch schon los. Ohne Moretti – denn der hat in Wahrheit noch nie was von Gassner gehört und lässt die Truppe im schleißig zusammengezimmerten Märchenwald stehen.
Zumindest fast. Weil Gassner Angst vor der Wahrheit und der darangeknüpften Pleite hat, pocht er nämlich auf das verspätete Kommen Morettis – und verkleidet bis zu dessen Erscheinen eine Lautsprecherbox mit einem Paar Liebestötern. Und auch stimmlich schwindelt er den Mimen auf die Bühne – behauptet er doch, dass Moretti märchenhafte Erzählpassagen auf Kassetten hinterlassen habe. Dass in Wahrheit er selbst ganz kehlig von „Rotckäppchhen“ fabuliert, verschweigt er lieber.
Was kompliziert klingt, ist unglaublich lustig – und ein gelungener Start in einen turbulenten Theaterabend, der vor allem durch die fabelhaft aufeinander eingespielten Feinripper besticht. Oder um mit Bernhard Wolf, dem bejubelten Publikumsliebling der Truppe, zu sprechen: „Die Leute kommen nicht wegen Shakespeare, der Bibel oder der Märchen. Sie kommen wegen uns.“ Und damit hat er Recht – die Story ist nebensächlich, Hauptsache die Männer in Unterhosen sind in Aktion. Aber wie schon bei der Einkürzung der Bibel hakt auch bei der Kompakt-Version der Grimm‘schen Märchen immer wieder der Plot und hängt so mancher Gag im ideenreichen Raum, der von einem mit Kassetten verzierten Plastik-Hexenhäuschen geschmückt wird. Spaßig und vif bleibt der „Grimmi“ trotzdem – so wird der böse Wolf zum schmusigen Hunderl degradiert, darf der gestiefelte Kater den „Kaufmann von Venedig“ zitieren und Kommissar Schneiderlein die Rapunzel-Causa klären. Dem nicht genug, wird die Mär der sieben Geißlein ins Privatsender-Universum verlegt, in dem Jeremy Pascal und Peter Zwegat regieren. Selbst „Apokalypse Now“ wird zitiert – 240 Märchen in zweieinhalb Stunden unterzubringen, ist ja auch „The Horror, The Horror“.
Weil die drei Kürzungsexperten am Ende nicht gestorben sind, fabulieren sie auch noch über Fortsetzungspläne. Gibt‘s bald eine Feinripp-Operette oder einen Tschechow-Trip? Man weiß es nicht. Vielleicht klappt‘s ja dann mit Moretti. Kann sein, dass er sich im Kirschgarten wohler fühlt als im Froschkostüm.
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Größenwahn hat Methode
Das Feinripp-Ensemble zeigt 280 Grimm‘sche Märchen hart gekürzt.
Von Alexandra Plank
Shakespeares Werke in zweieinhalb Stunden, die Bibel zusammengezurrt auf dieselbe Länge, geht das? Es geht, zeigt das Feinripp-Ensemble, drei urkomische Burschen, die in Unterhosen die Herzen der Tiroler erobert haben. Nachdem Shakespeare und die Bibel leicht gekürzt wurden, folgt der dritte Streich: „Grimms Märchen hart gekürzt“.
Jeweils 6000 Besucher wollten in den vergangenen fünf Jahren die blutige Shakespeare-Kochshow sehen oder sich darüber amüsieren, wie sich der Biber in die Bibel verirrt. Größenwahn hat sich das eigenwillige Trio unter der Regie von Susi Weber zum Motto gemacht. Ausufernde Werke werden mundgerecht aufbereitet. Jetzt setzt das Team, das die Theaterstücke selbst erarbeitet, noch eines drauf: „Es gibt unterschiedliche Angaben zur Anzahl von Grimms Märchen. Unser Höchststand liegt bei 280 und die wollen wir alle auf die Bühne bringen.“
Mit der Teamarbeit haben die Autoren kein Problem. „Es ist so, dass man an der Reaktion der anderen sofort merkt, ob eine Idee Potenzial hat. Das andere wird verworfen, da fühlt sich niemand in seiner Eitelkeit gekränkt.“ Die Truppe stößt bei den Märchen aber personell an ihre Grenzen. „Wir suchen einen weiteren Mitspieler und haben schon einige in die engere Wahl gezogen“, erzählt Weber.
Viel will sie über das Stück, das ohne Pause zwei Stunden dauern soll, noch nicht erzählen. Nur so viel: „Wir beschäftigen uns auch damit, wie Geschichten filmisch umgesetzt werden, und nützen die Methoden für die Bühne.“ War es bei der vergangenen Produktion die Rolle des Jesus, um die sich die Männer rauften, so will nun jeder eine Prinzessin sein. Das Lieblingsstück steht auch fest: „Die wunderliche Gasterei“, eine Geschichte über eine Blut- und eine Leberwurst. Das Märchen endet mit dem Satz: „Wenn ich dich hätt‘, dann wollt‘ ich dich.“ Es bleibt noch Zeit zum Grübeln. Premiere ist am 13. Oktober im Treibhaus.
Tiroler Tageszeitung, Printausgabe vom Mi, 19.09.2012
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„Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt) – RELOADED“
Männer in Unterhosen müssen nicht peinlich sein. Nicht, wenn sie – auf der Bühne agierend – über jegliche Peinlichkeit erhaben sind und „Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt)“ zum besten geben. Zehn Komödien, fünf Romanzen, drei Problemstücke, acht Historiendramen, zehn Tragödien und ein Sonett ergeben insgesamt 37 Stücke – und damit knapp an die 100 Stunden Theater. Die erfolgreiche Bühnenversion von Daniel Singer, Adam Long und Jess Winfield benötigt für alle Stücke nur einen Theaterabend!
In knapp 2 Stunden rasen die „Fantastischen Drei“ (Tiroler Woche) Thomas Gassner, Markus Oberrauch und Bernhard Wolf durch die dramatische Welt von Shakespeare. Gemeinsam machen sie das Unmögliche möglich – und aus dem Shakespeare’schen Oeuvre eine rasante Komödie, bei der kein Auge trocken bleibt. Die drei haben sich – in der Regie von Susi Weber – letztes Jahr zu den absoluten Publikumslieblingen der Tiroler Volksschauspielen in Telfs aufgespielt. Sie verlegen „Titus Andronicus“ kurzerhand ins TV-Kochstudio und machen aus den Königsdramen ein spannendes Fußballspiel, in dem auf Abseits die Todesstrafe steht. Sie kompremieren die Komödien zu einer wortgewaltigen Performance, die von einer Choreographie begleitet wird, die jede Boygroup neidisch machen würde. Sie fetzen & fechten, kleckern & klotzen, zappeln & zappen über die Bühne (und darüber hinaus), als ob es kein Morgen gäbe.
„Dieser Abend hat den Blues. Dieser Abend rockt.... Faszinierend, mitreißend, Maßstäbe setzend. (Kronen Zeitung, 08)“. „Ein Bühnenereignis der Extragüte!“ (TT, 08). „Eine Beschwörung für das Theater von heute.“ (Krone)
In der jetzt neuen Version (reloaded) kommen sie nun nach Innsbruck ins Treibhaus. Noch rassanter, noch rockiger. Noch mehr Morde, noch mehr Rezepte und noch weniger Klamotten, kurz: NOCH BESSER! Ein Abend mit „herzerfrischender, anarchistischer Selbstironie“ (Standard), der zwar Platz für regionale Statements, aber keine Wünsche offen läßt!
Es spielen: Thomas Gassner, Bernhard Wolf, Markus Oberrauch
Regie: Susanne Weber
Kostüme: Andrea Kuprian
Produktion & PR: 8ungKultur (Robert Renk) und kitomer.com (Claudia Warwas) featuring Tiroler Volksschauspiele
Premiere: Donnerstag, 29. Juli
Weitere Aufführungen: 1., 6., 8., 12., 13., 15., 18., 24., 25., 26. und letztmalig am Donnerstag, den 27. August
premierenkritik von den telfer volksschauspielen 2008
Übermut tut manchmal gut
von christiane fasching
Mit „Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt)“ zaubern die Tiroler Volksschauspiele Telfs eine hinreißende Komödie auf die Bühne, bei der auch Tränen fließen. Lachtränen, um genau zu sein.
Zehn Komödien, fünf Romanzen, drei Problemstücke, acht Historiendramen, zehn Tragödien und ein Sonett ergeben in Summe 37 Stücke – und damit knapp 100 Stunden Theater vom Feinsten.
Wenn man William Shakespeare mag. Wer am Sonntag im Kranewitter Stadl in Telfs saß, der wird von nun an Shakespeare lieben – selbst wenn er nur zwei Stunden im Theater verbrachte.
Doch diese 120 Minuten hatten es in sich. Schließlich waren Regisseurin Susi Weber und das bezaubernde Schauspieler-Trio Bernhard Wolf, Thomas Gassner und Markus Oberrauch am Werk.
Himmlisches Höllentempo
Gemeinsam machten sie das Unmögliche möglich – und aus dem Shakespeare‘schen Oeuvre eine rasante Komödie, bei der kein Auge trocken blieb.
Das Stück „Shakespeare‘s sämtliche Werke (leicht gekürzt)“ stammt zwar aus der Feder von Jess Winfield, Adam Long und Daniel Singer – ihres Zeichens US-amerikanische Autoren und Schauspieler – wurde für die Volksschauspiele allerdings passagenweise so „telfisiert“, das es seinen ganz eigenständigen Touch bekam.
Drei Schauspieler stellen sich dem Wagnis, alle Werke Shakespeares an einem Abend auf die Bühne zu bringen. Und rasen dabei in einem Höllentempo durch Klassiker wie „Romeo und Julia“, „Wie es euch gefällt“, „Maß für Maß“, „Macbeth“, „Hamlet“ und Co.
Sie zappen sich durch Liebe, Tod und Intrigen – und fallen hin und wieder aus den Rollen, weil sie die Kraft des großen Meisters übermannt und die Ebenen zwischen Spiel und Wirklichkeit zu verschwimmen drohen.
Sie verlegen „Titus Andronicus“ ins TV-Kochstudio, machen aus den Königsdramen ein spannendes Fußball-Match, in dem auf Abseits die Todesstrafe steht, und komprimieren die Komödien zu einer wortgewaltigen Performance, die von einer Choreographie begleitet wird, die jede Boygroup neidisch machen würde.
Bei ihrer Hetzjagd durch die Theatergeschichte geben sich die fantastischen drei jedoch nicht nur mit der Hauptbühne zufrieden. Sie erklimmen das Geländer, balancieren wagemutig über Holzbalken, lassen sich in – übers Publikum gespannte – Netze plumpsen und durchbrechen die Zuschauerbarriere, um sich unters Volk zu mischen.
Regisseurin Weber lässt Wolf, Gassner und Oberrauch so leidenschaftlich leben, lieben, leiden, lachen und sterben, dass man ihnen am liebsten im Minutentakt Applaus spenden würde.
Selbst Gassners temperamentvoller Publikumsbeschimpfungs-Monolog im zweiten Akt wird mit Bravo-Rufen gewürdigt. Und wenn Hamlet am Ende das Zeitliche segnet, ist der Rest ausnahmsweise nicht Schweigen – sondern Gelächter.
Ein Ansager belehrt: »William Shakespeare: Dramatiker, Dichter, Schauspieler, Philosoph; ein Mann, dessen schöpferisches und literarisches Genie Bewusstsein und Kultur der gesamten zivilisierten Welt grenzenlos und von Grund auf beeinflusst hat. Und doch: wir, die wir im Einundzwanzigsten Jahrhundert zu Hause sind, wie viel kennen wir – ich spreche von wirklichem Kennen – von dem gewaltigen Komplex? Zu wenig, würde ich sagen!«
Um diesen Missstand zu beheben, bieten drei Schauspieler in knapp zwei Stunden das gesamte dramatische Werk Shakespeares, immerhin 37 abendfüllende Stücke mit insgesamt 1 834 Rollen. Als Zugabe gibt’s noch 154 Sonette.
In voller Länge ergäbe das eine Aufführungs¬dauer von fünf Tagen und fünf Nächten. Um der Überforderung vorzubeugen, hat man sich für weise Kürzungen und kluge Zusammenfassungen entschlossen, leichte Veränderungen, Improvisationen und Unstimmigkeiten nicht ausgeschlossen.
Und ist auch nicht jeder Satz von Shakespeare, so könnte er doch von dem Meister aus Stratford-on-Avon sein, von dem Großmeisters der englischen Dramatik, dem Schöpfer von Tragödien, Komödien und Königsdramen – so schön sind die Sätze, die geboten werden.
Und ist letztlich nicht egal, von wem die Worte stammen? Eine humoristische Fachzeitschrift hat einmal den alten Philologen-Streit: Wer schrieb Shakespeares Werke? mit dem versöhnlichen Urteil beendet: Es steht fest, dass Shakespeares Dramen nicht von Shakespeare stammen, sondern von einem Mann gleichen Namens!
Von diesem menschenfreundlichen Geist ist auch die Revue Shakespeares Sämtliche Werke (leicht gekürzt) beseelt. Kein Wunder, dass sie seit ihrer Uraufführung Erfolg hat, wo immer auf der Welt sie gespielt wird!
Doch bevor die Schauspieler mit ihrem Übermaß an Text und Songs beginnen (gesungen wird natürlich auch noch, und zwar in Monty-Python-Manier!), bevor also das Alles beginnt, macht der Ansager kurz darauf aufmerksam, dass während der Vorstellung das Fotografieren mit Blitzlicht sowie der Mitschnitt der Aufführung auf Bild- oder Tonträger nicht gestattet sind, dass kein mitgebrachtes Essen verzehrt werden darf und dass im Fall der Fälle (Druckabfall im Zuschauerraum) automatisch Sauerstoffmasken herabfallen. Er demonstriert, was dann zu tun ist: »Halten Sie die Maske einfach vor Mund und Nase und atmen Sie ganz normal weiter.«
Nachdem dieser Punkt geklärt ist, verlangt der Ansager: »Bitte richten Sie Ihre Aufmerksamkeit jetzt für einen Augenblicke auf die Notausgänge und überzeugen Sie sich, welcher Ihrem Platz am nächsten liegt.« Die dazu gehörige Regieanweisung lautet: Zeigt auf die Ausgänge wie eine Stewardess im Flugzeug!
Dann geht’s aber los: eine Achterbahnfahrt ohnegleichen beginnt. Nicht eine einzige Komödie oder Tragödie, nicht ein Königsdrama wird ausgelassen. Von ›Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage‹ ist es nur ein kurzer Weg zu ›Hast du zur Nacht gebetet, Desdemona?‹, bevor man bemerkt: ›Es war die Nachtigall und nicht die Lerche‹.
Selbstverständlich gibt es auch Abwandlungen vom Bekannten: Othello hatte man vorher noch nicht als Rapper erlebt und dass Richard III. seinen Widersacher Heinrich V. durch einen exzellenten Fallrückzieher erledigt, war vorher ebenfalls unbekannt.
Die drei Schauspieler treten in beinahe sämtlichen Männer- und Frauenrollen Shakepeares auf. In Sekundenschnelle verwandeln sie sich von Romeo, Julia und Pater Lorenzo in Macbeth und Macduff oder in Caesar und Cleopatra.
Das Ganze ist geistvolles Entertainment mit einem Schuss Welttheater für alle Shakespeare-Fans und solche, die es werden wollen. Womöglich hat sich schon Shakespeare die Unterhaltung des Publikums so vorgestellt.
Unverschämt und absolut verdreht!
1981 hatte alles angefangen: Daniel Singer brachte in Kalifornien eine selbstverfasste halbstündige Vier-Personen-Version von Hamlet auf die Straßen von San Francisco: Die ›Reduced Shakespeare Company‹ war geboren! Mehrere Kurzfassungen von Shakespeare-Stücken folgten, das Ensemble veränderte sich, doch 1985 formierte sich die eigentliche Gruppe: Zu Daniel Singer waren Adam Long und Jess Borgeson, heute unter dem Namen Jess Winfield arbeitend, gestoßen. Zwei Jahre lang spielten sie zu dritt Hamlet und Romeo und Julia. 1987 zeigten sie beim renommierten Edinburgh Fringe Festival erstmals The Complete Works of William Shakespeare (Abridged).
Der Erfolg war so außerordentlich, dass Gastspiele in Los Angeles, New York, Montreal und Tokio folgten. Dann trat das Stück seinen Siegeszug auf zahlreichen Bühnen Europas an.
»The Complete Works of William Shakespeare (Abridged) embodies one of comedy's most essential impulses: the adolescent urge to take a baseball bat to the culturally revered. A mix of pratfalls, puns, willful misreadings of names and dialogue, clunky female impersonations, clean-cut ribaldry, and broad burlesque. The gung-ho vitality is impossible to resist.«
The New York Times
»The complete works of William Shakespeare in one evening? Ambitious? Foolhardy? Insane? Absolutely! … Audiences will be forced to throw out every preconceived notion of Shakespeare as Tampa's original Bad Boys of Abridgement condense his complete works into a single theatrical experience.«
Tampa Bay Informer
»Urkomisches Bühnenspektakel. Spritziger Theaterabend mit reichlich Applaus.«
dpa
»Eine der interessantesten Klassik-Crossover-Ideen!«
Rheinische Post
»Absolut sehenswert!«
Express