Beate S. Lech voc,
Marius Reksjø b
Jørn Øien keyb
Erik Holm dr
Eine der spannendsten Norwegischen Formationen, Beady Belle, legt nach ihren letzten hochbeachteten CDs „Belvedere“, und „At Welding Bridge“ ein neues Album (ihr mittlerweile Sechstes) vor: „Cricklewood Broadway“.
Neues Album – neuer Sound, das kennt man von diesem NuJazz, NuCountry Gespann. Außergewöhnliche Soundlandschaften sind die große Stärke dieser Musiker um die Sängerin Beate Lech, die sicherlich zu den bemerkenswertesten Vokalistinnen Skandinaviens zählt. Diesmal ergeben Stimme, Schlagzeug, E-Bass, Drum-Machine und Keyboards einen Vintage orientierten Sound. Mit diesem reduzierten Instrumentarium durchstreifen sie ein minimalistisches musikalisches Gefüge von hoher Energie.
Aufgeladen wird das Ganze durch die Texte, die den Erfolgsroman „Zähne zeigen“ von Zadie Smith reflektieren. Die englische Autorin schildert in ihrem Erfolgsbuch den Kampf um kulturelle Identität, die Assimilation von Immigranten in ihre neue Heimat und so blitzen all diese musikalischen Funken durch das Programm: R'n'B, Funk, Soul, Latino-Rhythmen, Reggae, Jazz – das sind solide Songs mit intelligenten Texten, humorvoll und trotzdem ernsthaft, kraftvoll und voller Energie.
Beady Belle, schon immer auf sehr hohem Niveau agierend, haben sich mal wieder neu erfunden. Und wie man das von früheren Konzerten kennt, darf man sicherlich erwarten, dass diese Band auch live ihr Konzept perfekt umsetzen wird: Beady Belle ist berühmt für ihre hochexplosive Bühnenpräsenz, hier agiert kein Heimchen am Herd, hier wird Musik gelebt.
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Dass Stillstand im Musikbusiness Rückschritt bedeutet, wissen auch Sängerin Beate S. Lech und ihr Bass spielender Partner Marius Reksjø. Als sie 2000 ihr gemeinsames Projekt Beady Belle ins Leben riefen, lag ihr musikalischer Fokus noch ganz auf NuJazz-Klängen mit elektronischen Beats. Ein Sound wie geschaffen zum jazzigen Chillen in hippen Clubs. Zwei Alben nahmen Beady Belle als Duo in diesem Stil auf: 2001 "Home" und zwei Jahre später den Nachfolger "CEWBEAGAPPIC". Dann holten sie weitere Musiker fest an Bord und änderten sie nach und nach ihren musikalischen Kurs.
Kennengelernt hatten sich Beate S. Lech und Marius Reksjø schon geraume Zeit, bevor sie Beady Belle gründeten. Die beiden arbeiteten bereits miteinander, als sie in Oslo noch Musik studierten. Beate war damals unter anderem Mitglied der Bands Insertcoin, Metropolitan und Folk & Røvere, aus der sie erst 1999 als Leadsängerin ausstieg, trat aber auch mit Bugge Wesseltoft, den Brazz Brothers und Jon Eberson auf. Auch Marius war vor Gründung von Beady Belle Mitglied von Insertcoin gewesen und sammelte als Bassist Spielerfahrung an der Seite von Eivind Aarset, Bugge Wesseltoft, Jan Eggum und in der Bobby Hughes Experience.
1999 fragte Bugge Wesseltoft Beate Lech, ob sie nicht ein Soloalbum für sein noch junges Label Jazzland Recordings machen wolle. Er versprach ihr vollkommene künstlerische Freiheit. Und die wollte die junge Künstlerin ausgiebig nutzen. Also nahm sie sich vor, ihr Debütalbum im Alleingang zu machen: vom Schreiben der Songs und Texte über das Programmieren und Arrangieren bis hin zum Aufnehmen und Produzieren in ihrem eigenen Studio. Doch dann trat Marius Reksjø in Erscheinung. Beate spielte ihm irgendwann die bis dahin fertigen Aufnahmen vor und im Nu entspann sich zwischen den beiden ein fruchtbarer Gedankenaustausch, der dazu führte, dass Marius in das noch unfertige musikalische Projekt involviert wurde. Dies war die Geburtstunde von Beady Belle.
2001 brachte die zwei, das beinahe im Alleingang aufgenommene Debütalbum "Home" heraus, das nicht nur in ihrer Heimat Norwegen sofort einschlug, sondern wenig in ganz Europa sowie in Japan, Kanada, Korea und Australien für Furore sorgte. Nicht nur die Kritiker überschlugen sich vor Begeisterung. Im Handumdrehen konnten Beady Belle unter scheuklappenlosen Pop-, Clubmusik- und Jazzfans eine eingeschworene Hörerschaft für sich gewinnen. Den Erfolg konsolidierten sie 2003 mit ihrem zweiten Album "CEWBEAGAPPIC". Der unausprechbare Titel, der zusammengescrabblet zu sein schien, hatte in Wirklichkeit ein Bedeutung, das bandwurmartige Kürzel stand für eine Reihe von Gegensätzen: Complex + Easy, White + Black, Electronic + Acoustic, Groovy + Ambient, Played + Programmed, Improvised + Composed.
2005 erschien mit "Closer" der dritte Streich des sich so hervorragend ergänzenden Gespanns Beady Belle, das mittlerweile auch privat ganz offiziell ein Paar war. Aufgenommen wurde dieses Album in enger Kooperation mit Keyboarder Jørn Øien und Schlagzeuger Erik Holm (die Beady Belle schon seit geraumer Zeit bei Live-Auftritten unterstützt hatten) und einigen Gastmusikern (u.a. Bugge Wesseltoft am Fender Rhodes). Die neuen Songs bestachen durch stilistischen und atmosphärischen Abwechslungsreichtum. Beady Belle hatte sich vom elektronischen NuJazz-Duo zu einer organischen, von Soul und Funk inspirierten Band gemausert.
Drei Jahre später - Beate und Marius waren inzwischen Eltern geworden - gab es auf dem vierten Album "Belvedere" einen neuen musikalischen Richtungswechsel, diesmal hin zu einem poppigeren Format und Einflüssen moderner Country-Musik. Mit Jamie Cullum und India.Arie präsentierten Beady Belle auf dem Album als Gäste außerdem zwei internationale Stars.
In den seither verstrichenen Jahren ist Beady Belle als Band immer mehr zusammengewachsen. Und Beate S. Lech ist, wie man auf dem aktuellen Album "At Welding Bridge" hören kann, stimmlich erstaunlich weitergereift. Sie klingt zielstrebiger, kraftvoller, erdiger und verführerischer - aber sie hat sich zugleich ihren ursprünglichen Charme bewahrt. Auch stilistisch offenbaren Beady Belle auf ihrem fünften Album jede Menge neue Facetten, von denen sie einige zuvor nur angedeutet hatten.
In Norwegen haben sich Beady Belle längst einen Platz in der Musikszene erobert und wurden bereits dreimal für den norwegischen Grammy, den "Spielmansprisen" nominiert. Wer Beady Belle Live erlebt, wird von einer Woge aus Leidenschaft, Erotik und Freude an der Musik mitgerissen - die unglaubliche Präsenz der Sängerin und ihrer Musiker wird ihn nicht so schnell loslassen.
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Zukunftsmusik ist nur so gut, wie sie im Moment funktioniert. Seiner Zeit voraus zu sein ist ebenso frustrierend, wie ihr hinterher zu hinken. Ein Dilemma? Modern soll die Musik der Gegenwart sein, aber bitte nicht modisch. Visionär und aktuell. Irgendwie avantgardistisch und bestimmt anders. Man muß sich für ihre Coolness erwärmen und über ihre Entspanntheit ereifern können. Dazu darf sie bitte stylish im Sinne von stilvoll und urban wie kosmopolitisch sein. Gesucht, gefunden: In der zukunftsorientierten Gegenwärtigkeit von Beady Belle.
Nach dem weltweit gefeierten Debüt "Home" aus dem Jahr 2001, dessen Singles "Lose & Win" und "Ghosts" in kaum einer Jahresbestenliste der Jazz/Not Jazz-Welt fehlten, und den beiden Beiträgen zum kürzlich erschienenen Labelsampler "Jazzland Remixed 2", legt das norwegische Ensemble um Sängerin/Songwriterin Beate Lech und Bassist/Produzent Marius Reksjø jetzt sein mit Spannung erwartetes zweites Album vor. Auf dem cool groovenden, eleganten Album "CEWBEAGAPPIC" bieten die beiden zehn neue moderne Klassiker mit viel Seele und Klasse. Filmreife Vignetten, stimmungsvolle Meditationen und charmante Chansons mit elektronischen Beats und organischen Vokalarrangements. Faszinierend in seiner Vielschichtigkeit, dabei überwältigend eingängig und im besten Sinne Pop wird auch das zweite Kapitel der Beady Belle-Historie die Kritiker rätseln lassen, wieso niemand zuvor so stimmig und sensibel die musikalischen Welten von "4hero und den Brand New Heavies" (DJ Magazine), "Billie Ray Martin und Mariah Carey" (Q) und sogar "Björk und Sade" (Aftenposten) miteinander zu vereinen wußte.
Beady Belle, was soviel wie "perlige Schöne" bedeutet, ist vor allem die Sängerin, Songwriterin, Produzentin und Mastermind Beate Lech. Seitdem die energische Endzwanzigerin Mitte der 90er ihre Studien an der staatlichen norwegischen Musikschule (u.a. bei Sidsel Endresen) abschloß, macht die stimmgewaltige Schönheit mit der Löwenmähne singend von sich reden. Zuerst bei der TripHop-Combo Folk & Røvere, die ein gefeiertes Album bei Universal Norway veröffentlichte, dann bei Auftritten und Aufnahmen mit dem Jazzprojekt Metropolitan und außerdem mit Jon Eberson, Bugge Wesseltoft, den Brazz Brothers oder auch mit Insertcoin. Der Bassist der letztgenannten Band war Marius Reksjø, inzwischen "Groovemeister" von Beady Belle. Der also, der das Rhythmusgeflecht, die schweren Dub- und Bop-Basslines und die mal heftigen, mal vertrackt beschwingten Rhythmen unter die Songs, Texte, Arrangements und Programmings webt. Der studierte Musiker ist allerdings auch durch seine Arbeit mit Eivind Aarsets Électronique Noir, der Bobby Hughes Experience und dem norwegischen Tausendsassa Bugge Wesseltoft bekannt. Letzterer, natürlich auch Chef des Jazzland-Labels, ermöglichte Beady Belle schon das erste Album "Home". Auch bei "CEWBEAGAPPIC" vertraute er Beate und Marius vollkommen, ließ ihnen wieder alle denkbare kreative Freiheit. Gemeinsam mit Schlagzeuger Erik Holm, Keyboarder Jørn Øien und dem Gaststar Per Martinsen von Illumination/Chilluminati an den Programmings enttäuschte Beady Belle auch auf "CEWBEAGAPPIC" keineswegs die hohen Erwartungen. Im Gegenteil: Die Band überraschte und übertraf sich mit diesem songstarken Meisterwerk selbst.
Sanft und sinnlich bewegt sich "When My Anger Starts To Cry", die erste wunderschönen Melodie dieses Albums, ein psychoanalytisches Geständnis über Leiden und Wüten, zwischen bewegender Ballade und herzergreifender Hymne hin und her. Und spätestens wenn der Chor zum zweiten Mal "Start feeling sorry"singt, kann man nicht mehr genug von diesem Hook kriegen. Ein housiger, schnell klickender und klackender Beat kontert die herrlich herzlichen Harmonien von "Hindsight". Der Song ist eine bittersüße Abrechnung mit einem Ex-Lover. "Big Balloon" beginnt mit warmen Klavierakkorden über einem Echolot-Sound, der auch weit in den Soul-Dub des Songs piept. Zu mystischen Chören und verführerisch vollen Vokalarrangements singt Beate diesen sagenhaften Song als Allegorie auf ihre Existenz (dabei ist es allerdings keine Weight Watchers-Hymne). Eine seltsame anonyme Stimme führt ein in das jazzige "One And Only", bei der Beady singt "I don't think it would be right to call you the one and only / I cannot tell yet cause we have never met". Schon bald groovt sich dieser perkussive Track zu einer Jazzland-typischen House-Bop-Hymne zurecht (was für eine Bassline!). Düster legt sich der "Shadow" eines heimlich beobachteten Nachbarn über den gleichnamigen Song. Melancholische Gitarren und ein subtiles LoFi-Orchester führen in die herrlichen Hörner, das sanfte E-Piano und den unglaublich tiefen NuSoul/Jazz-Groove dieses süchtig machenden Ohrwurms. Verhalten funky und sogar ein wenig "jamiroquasi" discoid schwankt "On The Ground", textlich eine weitere Trennungsverarbeitung, zwischen Kopfnicker und Tanzbeinschwinger. Was sicher ebenso an den sagenhaften Streichern wie an einer weiteren dieser treibend tanzinduzierenden Basslines liegt. Sentimentale Klaviersprensel mäandern durch "April Fool", das ansonsten ebenfalls von einem sensiblen Groove und sagenhaft sinnlichen Vokalarrangements getragen wird. Das neue Leben der "Bella", gefeiert mit einem unwiderstehlichen Pop-Soul-Hook ohne Reue, begleiten Orgel- und E-Piano-Akzente und ein hüpfender Housebeat (der ein wenig an Incognito erinnert, mit denen Beady Belle immerhin letztes Jahr auf Tour waren). "Wounded Pride" beginnt mit einem gesprochenen Reim und mutiert dann zum dreckig-dramatischen, schwelend-schwärmerischen Beat-Brand im Breitwandformat. Dann beschließt die Ballade "September" mit sanfter Harfe, traurigem Cello und merkwürdig spannenden Stimmklecksen das neue Beady Belle-Album. "Tonight there are people gettin' just what they need" singt Beate und dann auch "Somewhere people are so happy, they have entirely forgotten about tomorrow". Damit meint sie sicher diejenigen, die "CEWBEAGAPPIC" gehört haben, den neusten Jazzland-Klassiker. Ein glücklicher, geglückter Wurf.