Keiner, der eins der vielen Konzerte dieses einmaligen, mittlerweile legendären Chores erlebt hat, kann sich dem Zauber und der Faszination dieser Stimmen entziehen. Vor dem Fall des Eisernen Vorhangs noch ein Geheimtip im Westen, gelang den Bulgarischen Stimmen seit dem Ende der 80er Jahre eine beispiellose Karriere. Die Sängerinnen konnten auf ihren Konzertreisen durch nahezu die ganze Welt unzählige Menschen mit ihrem überraschenden, betörenden, unglaublich präzisen, die Seele berührenden Gesang begeistern. Der Lohn: 1993 wurde der Chor in den USA für einen Grammy nominiert.
Ihr glockenheller Gesang, der durch die Räume zu schweben scheint, machte die 24 bulgarischen Stimmen zu internationalen Stars, deren hypnotischer Gesang den Erdball umkreist. Für Momente haben es diese mystischen Stimmen geschafft, die Trennung zwischen Ost und West, Jung und Alt, Pop und Klassik aufzuheben.
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Musik-Geschichte
Bestimmt durch die Besonderheit der Geschichte Bulgariens ist der Begriff "Bulgarische Musik" weitestgehend synonym mit dem Begriff "Bulgarische Volksmusik". Allerdings haben seit den ersten Arrangements von Philip Koutev bis heute viele Komponisten die traditionelle Musik erfolgreich als Grundlage für ihre Bearbeitungen oder als stilistischen Nährboden für ihre Kompositionen verwendet. Mit einer Tradition, die bis zum legendären Ensemble von Philip Koutev zurückreicht, ist der Bulgarische Frauenchor zum führenden Klangkörper dieser Komponistenschule geworden.
"Bemerkenswert ist zum Beispiel, was Ivan Spasov an kühner atonaler Harmonik und differenziertesten Klanggestalten in sein Stück "Mechmetico" eingearbeitet hat, ohne dabei je seine bulgarischen Wurzeln zu verleugnen. Bemerkenswert ist freilich auch, wie enthusiastisch das Stück bejubelt wird - von einem Publikum, das in anderer Umgebung um Neue Musik einen grossen Bogen macht. Dies ist wohl das eigentliche Geheimnis der bulgarischen Stimmen - die Selbstverständlichkeit, mit der in dieser Musik Stile, Zeiten und Traditionen zusammenfliessen. Es ist zeitgenössische Musik ohne die unseligen Abgrenzungsdebatten. Ein Wunder."
Bulgarische Vokalmusik wird meist von Frauen gesungen. Zwei Gruppen von Sängerinnen oder zwei Solistinnen wechseln sich im Vortrag ab und ergänzen sich. Das wohl auffälligste Merkmal bulgarischer Volksmusik ist ihre enorme rhythmische und metrische Vielfalt. Zu den symmetrischen Metren treten häufig asymmetrische wie 5/8, 7/8, oder sogar 15/8 und 17/8 auf, die auch noch miteinander kombiniert werden können.
Dieser Vielfalt entspricht die Vielfalt an Tonskalen: Diatonische Tongattungen dominieren, in den Rhodopen werden aber auch pentatonische Lieder gesungen, in Thrakien sind chromatische Tongattungen mit übermässigen Intervallen (ähnlich wie in der Musik des antiken Griechenlands) in Gebrauch. Auch die Intonationsmöglichkeiten sind vielfältig und unterscheiden sich sehr von der temperierten Stimmung, an die mitteleuropäische Ohren gewöhnt sind. Abhängig davon, ob die Melodie sich aufwärts oder abwärts bewegt, kann ein melodisches Intervall um einen Viertelton verengt oder erweitert werden.
"Ein in westlicher Opernkunst erfahrener Gesanglehrer kann ob der sonderbaren Vokaltechnik eigentlich nur entsetzt die Hände vors Gesicht schlagen - alles falsch! Kein einziger Ton ist ist mit dem Zwerchfell gestützt. Ganz tief nach hinten, in die Enge des Halses scheint den Sängerinnen der Stimmansatz gerutscht. Schneidend, manchmal fast metallisch wirkt ihr Timbre. Hart und brüchig klingen die Registerwechsel. Nicht einmal die Zähne kriegen sie schulgerecht auseinander, wenn sie zu einem Forte ansetzen. Und überhaupt, wie kann man so ausdauernd so kehlige Töne hervorbringen, ohne sich die Stimmbänder zu ruinieren?
Alles richtig! Die 24 Frauen machen das so wie ihresgleichen seit musikalischen Urzeiten. Die Wurzeln ihrer Gesangstechnik liegen im Orient des Mittelalters. Manche vermuten sie sogar bei den Thrakern vorchristlicher Zeit. Es ist eine Technik mit verblüffenden Qualitäten: Ganz leicht und doch mit trompetengleicher Strahlkraft lassen die Sängerinnen ein Forte erklingen. Manche Töne können hinab bis in die tiefen Tenorlagen singen. Und was den vermeintlichen Verschleiss durch den Kehlkopfansatz betrifft - im Gegensatz zu unseren Opernsängerinnen klingen bei den bulgarischen Frauen die Stimmen auch noch nach sechzig Jahren noch jugendlich und glockenhell."
The Bulgarian Voices - ANGELITE bestehen aus 24 Snngerinnen aus allen Teilen Bulgariens, die in traditioneller Musik ausgebildet sind, aber auch reiche Erfahrungen mit der westlichen Kunstmusik haben. Sie können Klangfarben und Stimmtechniken aus der Volksmusik mit den manchmal sehr komplexen musikalischen Strukturen der neuen Kompositionen verbinden. So ist es oft schwierig zu bestimmen, ob es sich eigentlich um einen klassischen Chor oder um einen Volkschor handelt: vielleicht sind die Sängerinnen mehr als die Summe beider Traditionen. Ihre Konzerttourneen führten sie in die USA, nach Mexiko, Japan, Indien, in nahezu alle Nord-, Mittel- und Südeuropäische und viele osteuropäische Länder.
Seit 1994 arbeitetet The Bulgarian Voices - ANGELITE mit dem jungen bulgarischen Dirigenten Nikolay Merdjanov zusammen, der seine Ausbildung nach Studien in Sofia und Italien 1989 an der Akademie seiner Heimatstadt Plovdiv abgeschlossen hat. Der gelernte Pianst und Dirigent gewann zahlreiche internationale Chorwettbewerbe in Österreich, Deutschland und Italien als Dirigent des gemischten Chores Bulgariens. 1991 errang er den ersten Preis der Meisterschaft der Chöre in Nentershausen und 1993 die gleiche Auszeichnung in Varna, Bulgarien. Seit 1994 leitet er The Bulgarian Voices - ANGELITE.
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Der Name
Bis 1990 waren die besten Stimmen von Chorsängerinnen aus ganz Bulgarien entweder an das nationale bulgarische Fernsehen oder Radio in der Hauptstadt Sofia gebunden. Wann immer ein Chor zu Konzertreisen ins Ausland reiste, trat er unter einem französischen Namen auf, manchmal mit dem Untertitel "Bulgarian State Radio Choir", "Bulgarian State TV Choir" oder "Bulgarian Women's Choir".
Von 1988 bis 1993 organisierte JARO die weltweiten Tourneen des Chors und veröffentlichte verschiedenen CD's unter dem französischen Namen.
Mit dem Ende des Sozialismus und der Öffnung der Grenzen wurde es möglich, dass unterschiedliche Chöre zusammengestellt wurden und im Ausland auftraten. Jeder Chor benutzte natürlich den eingeführten französischen Namen. 1994 trennte sich der beim Radio und Fernsehen angestellte Chor. Ein Teil organisierte sich als Genossenschaft und stellte die langjährige Managerin Tanja Andreeva ein, um seine Geschäfte zu führen. Dieser Chor entschloss sich, zukünftig weiterhin eng mit JARO zusammenzuarbeiten.
Wegen der zunehmenden Irritationen und Streitigkeiten um den Namen (unter dem französischen Namen traten drei verschiedene bulgarische Chöre auf) entschied sich dieser Chor 1995/96, einen neuen, eigenen Namen (mit einem weltweiten Copyright) zu wählen, der den Chor unverwechselbar machte. The Bulgarian Voices ANGELITE hat seitdem bei JARO vier neue CDs aufgenommen; weitere Projekte sind für die nächsten Jahre geplant. Neben der anerkannten Qualität und Professionalität des Chores ist die Offenheit für Kooperationen, die ANGELITE mit Musikern aus anderen Kulturen eingeht, sowie das Erschliessen neuer musikalischer Wege neben der Pflege des Repertoires von traditionellen und zeitgenössischen bulgarischen Liedern, eine Besonderheit, die ihn aus der Masse der Chöre heraushebt.
Aus der Zeit, als der Name ANGELITE noch nicht existierte, gibt es bei JARO drei Aufnahmen. Diese CD's werden von JARO seit 1996 auschliesslich unter dem neuen Namen des Chores vermarktet. JARO hat sich verpflichtet, den französischen Namen nicht mehr zu benutzen. Für alle Partner von JARO gilt die gleiche Verpflichtung. Sie ist Voraussetzung für eine Zusammenarbeit.
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Biographie
1987
Start der Zusammenarbeit zwischen JARO und ANGELITE, besiegelt am 6.12.1987 in Bremen.
1988
Erste Tournee und weltweite Promotion durch JARO. Beginn des Siegeszugs des Chores, der damals noch unter französischem Namen auftrat. Erste CD-Veröffentlichung bei JARO: A CATHEDRAL CONCERT (JARO 4138-2).
1989 & 1991
Zusammenarbeit mit dem Münchener Musikwissenschaftler Dr. Vladimir Ivanoff und dem international besetzten Alte Musik-Ensemble SARBAND für die CD MYSTÉRES.
1992
Zusammenarbeit mit der italienischen Rockgruppe Elio E Le Storie Tese. Gemeinsame Aufnahme der Single "Pipppero". Nr. 1-Singlehit in Italien, Top 40 Niederlande. Neuer Dirigent: Ivan Topalov (verstarb 1993). Musik für einen Fernsehwerbespot des spanischen Energiekonzerns ENDESSA.
Trennung des Chores in einen Radio- und einen Fernsehchor. Übernahme der einen Häfte durch das bulgarische Fernsehen, Privatisierung der anderen Hälfte (als Kollektiv). Dieses Kollektiv bindet sich vertraglich an JARO, um weiter zusammen zu arbeiten. Ausgedehnte Tourneen in ganz Europa.
1993
Interimsdirigentin: Vanja Moneva (1993-1994) Grammy Nominierungen für die beiden CD's:
The Pop Album: FROM BULGARIA WITH LOVE (JARO 4165-2)
Live-Doppel-CD: MELODY, RHYTHM AND HARMONY (JARO 1993-2)
1994
Neuer Dirigent: Nikolai Merdjanow. Aufnahmen dreier Solistinnen (Nadka Karadjova, Anastassia Kostova, Kera Damianova) des Chores für das Feuer-Requiem "FLAMMA FLAMMA" von Nicolas Lens für Sony Belgien. Erstmals Konzerte in Alaska und Mexiko.
1995
Endgültige Umbenennung des Chores in THE BULGARIAN VOICES ANGELITE. Musik des Chores für eine Frauen-Kampagne von Amnesty International, Italien.
Erste Tournee in Japan. Zusammenarbeit mit den KODO-Trommlern von den SADO-Inseln.
Aufnahmen mit den tuvenischen Obertonsängern HUUN-HUUR-TU aus dem zentralasiatischen Republik Tuwa unter der Leitung des russischen Pianisten Mikhail Alperin und mit Beteiligung des russischen Sängers Sergej Starostin.
1996
Neuer Dirigent: Valentin Velkov. Erstes Konzert in Istanbul, Türkei mit Huun-Huur-Tu. Aufnahmen mit der amerikanischen Art-Rock Gruppe UK.
Konzert bei der Gala zur Verleihung des Friedensnobelpreises im Nationaltheater in Oslo. Zu diesem Anlass; Zusammenarbeit mit Jan Garbarek.
1997
Tourneen in Europa. Fortführung des gemeinsames Projektes mit Huun-Huur-Tu, Sergej Starostin und Mikhail Alperins Moscow Art Trio. Europäische Festivals.
7. September 1997: Konzert auf dem Roten Platz in Moskau anlässlich der 850 Jahr-Feier von Moskau in einem Programm mit Pavarotti.
Dezember 1997: Aufnahmen zur neuen CD mit Huun-Huur-Tu und dem Moscow Art Trio in den USA.
Nordamerika Tournee mit 15 Konzerten. Zu den begeisterten Konzertbesuchern gehörten Musiker wie Ry Cooder und Stevie Wonder, der sein Interesse an einer späteren Zusammenarbeit bekundete.
ANGELITE erhält den "Contemporary A Cappella Recording Award 1997" - Best Classical Song: "Wave" vom Album FLY, FLY MY SADNESS (JARO 4197-2) verliehen von der CONTEMPORARY A CAPPELLA SOCIETY OF AMERICA.
1998
Veröffentlichung der CD MOUNTAIN TALE von ANGELITE und dem Moscow Art Trio mit Huun-Huur-Tu. Zur Veröffentlichung der CD Konzerte in Belgien, Italien, Österreich und Deutschland. Premiere eines 45 minütigen Fernsehfilms über drei Sängerinnen des Chores im holländischen und belgischen TV. Welturaufführung von MERCY FOR THE LIVING.
1999
TV-Produktion für das spanische Fernsehen TVE mit dem spanischen Star-Flamenco-Sänger Enrique Morente. Konzertreisen in Europa, Erscheinen der CD MERCY FOR THE LIVING
2000
Konzerte und Festivals in ganz Europa. Veröffentlichung der CD MOUNTAIN TALE in den USA. Unter dem Titel STORY OF LIFE erscheint zur Nordamerikatournee bei Globe Music eine "Best of"-CD.
2002
Im April erscheint das Konzeptalbum BALKAN PASSIONS, auf dem ANGELITE zusammen mit Maria Farantouri, Sezen Aksu, Okay Temiz und Fanfare Ciocarlia traditionelle Lieder der Balkanregion präsentieren, ein kulturpolitisches Statement über die Gemeinsamkeiten der Balkankultur. Ziel des Albums ist es, das Traditionelle zu bewahren und die Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sich Musik des Balkans mit Einflüssen von gestern und heute verbinden kann.
2003
Das Weihnachtsalbum ANGEL'S CHRISTMAS wird veröffentlicht. Auf dieser CD interpretiert der Chor verschiedene traditionelle bulgarische und europäische Weihnachtslieder in seinem unvergleichlichen Stil. Begleitend dazu finden Fernsehauftritte in Deutschland (Bayerischer Rundfunk) und Italien statt.
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