Er ist ein Künstler der Sonderklasse, nicht nur aufgrund seines extravaganten Aussehens. Es hat lange gedauert, bis er seinen eigenen künstlerischen Stil gefunden hat. Das Leben der "singenden Bohnenstange", wie er in den Anfangszeiten seiner ersten Band Mink DeVille genannt wurde, hätte wohl kaum wechselhafter verlaufen können.
Musikalischer Misserfolg und preisgekrönte Alben, 1980 die Wahl zu Stimme des Jahres, der Drogentod seiner Frau und die eigene Sucht gehören zur bemerkenswerten Biographie des Jimi Hendrix- und Bob Dylan-Anhängers.
Willy DeVille ist Urgestein, Zorro und Voodoo-Priester in einem. Ein Mann, der schon viel, sehr viel durchgemacht hat. Und doch ist er präsent wie kaum je zuvor: Rauh, dunkel, abgrundtief ist seine Stimme. Und wenn er,die Songs aus längst vergangenen Zeiten des Amerikanischen Südens intoniert, dann ist das das reine Bekenntnis zur ehrlichsten Art amerikanischer Musik. Und immer wieder Grund für Gänsehaut.
Willy DeVille wurde ganz schlicht 1953 als William Borsay in New York geboren. Beeinflußt vom R&B und Doowop alter Schule, aber auch von der Energie des Punk, begann er Mitte der siebziger Jahre in Schwulenbars und Punkhöhlen aufzutreten. Seine Bands hießen damals Lazy Eights und Billy de Sade and the Marquis und tönten eher giftig. Mit seiner ersten großen Formation Mink de Ville hingegen entriegelte der Ghettottroubadour einen herrlich romantischen R&B mit Latineinschlag, der sofort einschlug. Ein paar Songbeiträge für den eher rüden Punksampler "Live At The CBGB´s" brachten dem smarten Willy einen Plattenvertrag mit Capitol Records ein.
Seine ersten beiden Alben "Cabretta" (1977) und "Return to Magenta" (1978) wurden vom legendären Jack Nitzsche betreut, der all die Songjuwelen von "Mixed up, Shook Up Girl" bis "Guardian Angel" mit höchster Finesse arrangierte. Auf einigen Songs war sogar R&B-Legende Doc Pomus Songwritingpartner des aufstrebenden Sängers. Auch "Le Chat Bleu", das sich auf Chanson- und Jazzcroonertradition berief, wußte zu entzücken. Wundervolle Streetcornerhymnen und R&B-Hämmer, hinter denen eigene bittere Erfahrungen Stichwort Drogen standen. Viele Rückschläge des Business wie auch privater Natur verarbeitete er in Songs. Etwa auf den schönen Platten "Sportin´ Live" und "Where Angels Fear To Tread". Schwächeren Alben wie dem von Mark Knopfler produzierten Songzyklus "Miracle" folgten wieder Meisterstücke à la "Backstreets Of Desire". Ein besonderes Highlight war auch "Victory Mixture", wo sich der New Yorker nach New Orleans begab und mit der Crème der dortigen Musiker wie etwa Eddie Bo, Dr. John und Allen Toussaint ein Sammlung aus Mississippi-Delta-Klassikern aufnahm.
Auch in den letzten Jahren machte der alte Held mit feiner bluesiger und souliger Wirkware auf sich aufmerksam. Famose Liedersammlungen wie "Loup Garou" (95), "Horse Of A Different Color" (99) und "Crown Jane Alley" (2004) zeigen einen Willy De Ville in Hochform. Superb geriet auch sein Live-Doppelalbum "Acoustic Trio In Berlin". Auch wenn der Mann dieser Tage ein wenig steckengeblieben aussieht, trägt er doch ziemlich sicher das längste Haupthaar im Popbusiness. Zudem hegt er eine Vorliebe für exzentrische Hüte, die sonst nur Damen bei englischen Pferderennen zu tragen pflegen, sowie äußerst eigenwillige Bartformen. Und auch wenn seine zahlreich getragenen Tatoos schon etwas ihre Leuchtkraft veloren haben, ist Willy DeVille nach wie vor ein äußerst eindringlicher Vokalist. Ähnlich wie Aaron Neville, das Soul-Lercherl aus New Orleans, vermag Willy de Ville trotz martialischem Äußeren in die Herzen vorzudringen. Ganz in diesem Sinne meinte er im Vorjahr zur Presse:"Das Wichtigste an Musik ist, daß sie Gefühle aus lösen kann. Alle große Kunst muß die berühren, Emotion ist ihre Essenz."