Stutzenpeter
Bei jedem Tiroler Schützenkongress werden am Schluss die Säbel aus der Hüftpfanne gerissen und während alte Filzhüte im Fotografenlicht verwittern, wird die heimliche Hymne angestimmt:
Jetzt schien die Sonne gar zu sehr,
Da ward ihm sein Gewehr zu schwer.
Er legte sich ins grüne Gras,
Das alles sah der kleine Has'.
Und als der der Jäger schnarcht' und schlief,
Der Has' ganz heimlich zu ihm lief
Und nahm die Flint' und auch die Brill'
Und schlich davon ganz leis' und still.
Genau, diese Hymne stammt aus dem Struwwelpeter, aber sie trifft die Seele der Tiroler Stutzenpeter recht genau. Jahr für Jahr nämlich betteln die Tiroler Nordschützen, dass sie mit Säbel und Gewehr nach Südtirol einreisen dürfen. Nicht mit einem kastrierten Gewehr, sondern mit echter Puffen, wie die Offiziere in ihren Knallfroschuniformen immer wieder betonen.
Als ob es keine anderen Dinge zu tun gäbe.
Warum kümmern sich Schützen nicht darum, dass es eine geregelte Handyverbindung zwischen Nord- und Südtirol gibt? Warum gibt es noch immer keinen Taktverkehr zwischen den Bahnhöfen Bozen und Innsbruck? Warum dürfen die Südtirioler Kids nicht FM4 empfangen? Warum kostet das Verschicken eines Buches zwischen den Ländern mehr, als wenn man gleich selbst hinfährt?
Das wären Schützensachen! Das wäre Heimat-Irgendwas! Das wäre patriotisch!
Aber nein, die Seppls und Peters wollen bloß mit der Puffen einreisen und herumballern.
Da ist es nur gut, wenn diesem schläfrigen Haufen der schlaue Hase die Puffen klaut wie im Struwwelpeterlied.