Baustelle Parlament
Wer dieser Tage beim Hohen Haus vorbei fährt, liest an der Fassade „Baustelle Parlament“. Zwei Worte sagen mehr als tausend Bilder. Diese Baustelle ist keinesfalls metaphorisch zu verstehen, denn tatsächlich macht man nun ernst mit der baulichen Sanierung. Die Demokratie weicht derweil auf den so genannten Heldenplatz aus. Um dies zu verdeutlichen, brachte man heldenhaft Gesetzestexte an den dortigen charmanten Übergangsquartieren an. Provisorische Legislative sozusagen in einer Demokratie im Container. Wir werden bald sehen, wer dort bald heraus- oder hineingewählt wird. Leider verzögert sich der Umbau etwas, denn bei den Baumeistern wurden Preisabsprachen vermutet. Unglaublich, gerade dort? Etwas Schadenfreude mischt sich darunter, denn warum sollte es gerade beim Hohen Haus anders zugehen als bei einem ganz normalen Reihenhaus? Das ist ein Demokratisierungsprozess, vor dem Baumeister sind eben alle gleich. Durch diesen Umbau wurde es auch leichter einen Parlamentssitz zu erobern. Denn ab August kann die gesamte Möblage des Sitzungssaales ersteigert werden. Ob die Sitze noch für den täglichen Gebrauch tauglich sind, ist unsicher. Gerüchtehalber sind die meisten durchgesessen durch jahrzehntelanges schwerfällig gelangweiltes Sesselkleben. Nicht versteigert wird hingegen der Bundesadler. Der wird nicht einmal übersiedelt, eine Kopie wurde angefertigt, die wesentlich leichter ist als das Original. Die beauftragte Firma könnte sicher auch andere Symbole der Republik kopieren. Wie etwa den Zankapfel, der im provisorischen Ministerrat nicht fehlen sollte. Insgesamt ist diese republikanische Erneuerung positiv zu bewerten. Wie bei jedem Umzug entledigt man sich bekanntlich des Überkommenen. Vielleicht sollte man neben neuen Sitzbänken gleich über ganz neue Abgeordnete nachdenken. Dann wäre unser Parlament keine ewige Baustelle mehr.