Traktorsessel
Wenn man auf einem Landtagssessel sitzt, sollte man angegurtet sein, denn es herrschen dort gewaltige Fliehkräfte. Deshalb hat ja auch der neue Landesrat für Bauern die größten Chancen, alle anderen zu überleben, weil er von Bauernkindheit an am Traktor gelernt hat, wie man angeschnallt und zäh im Sessel bleibt.Damit es nicht auffällt, dass seine Hauptaufgabe im Aussitzen der Sitzungen besteht, hat man ihm zwei Ressorts zugeteilt, die verblüffend gut zueinander passen: Landwirtschaft und Nahverkehr.
Der Nahverkehr in Tirol ist nämlich so ziemlich das Letzte, was man sich wünschen kann. Der höhere Sinn dieses Nahverkehrs besteht darin, möglichst alle halbwegs intelligenten User auf das eigene Auto umzudirigieren und die geistig etwas minder ausgestatteten Tiroler so lange in der Kälte an Haltestellen stehen zu lassen, bis sie restlos doof und apathisch sind.
Jetzt kommt die Landwirtschaft ins Spiel! Diese verkauft den Städtern zitzerlweise Träume und Grundstücke. Und die Städter ziehen wie wild zu den Bauern aufs Land, um sich dann ein Häuschen zu bauen, wie man es in der Gartenlaube gelesen hat.
Die Träume der Städter freilich zerbrechen bald, denn ganz Tirol ist eigentlich schon eine Stadt geworden mit kleinen Naturreservaten, die wir für Berge halten.
So, und nun hocken die armen Häuslbauer alle am Land, die Kinder stehen sich die Füße im Nahverkehr in den Bauch oder saufen sich zu Hause an, weil im Dorf nichts los ist. Die Erwachsenen pendeln geduldig in die Stadt und hören bei dieser Gelegenheit die Stausendungen des Landesfunks, der im Minutentakt aufmunternde Worte und Musik spielt. Völlig apathisch und lebensunlustig kommen diese armen Tropfs wieder am Abend nach Hause, wenn sie nicht der Bus überhaupt irgendwo an einer Haltestelle vergisst. Und dann werden alle alt und die Altenpflege fährt von Dorf zu Dorf, um die vereinsamten und wund gelegenen ehemaligen Häuslbauer irgendwie mit Trost zu versorgen.
Der neue Kombilandesrat für Nahverkehr und Bauern könnte also zwischen den Sitzungen zweierlei veranlassen: a) Die Grundstücke der Bauern sollen nur mehr dann verkauft werden dürfen, wenn auch eine Infrastruktur für die späteren Bewohner da ist, b) die Kommunalpolitiker sollten bis dahin zwingend einmal in der Woche mit dem Nahverkehr fahren müssen, damit sie persönlich sehen, wo sie bleiben.