KRAKAUER´s ANCESTRAL GROOVE
David Krakauer clarinet, Keepalive/sampler
Sheryl Bailey / guitar
Jerome Harris / guitar
Michael Sarin / drums
Die Begründung der dt.Schallplattenkritik für den Jahrespreis:
"Ohne die Seele der Klezmer-Musik zu verletzen, gelingt es dem Klarinettisten David Krakauer, diese Folklore in einen Kontext neuer künstlerischer Herausforderungen zu stellen. Die rhythmischen Kräfte der Rock-Musik, das Improvisations-Ingenium des Jazz und die Kollektiv-Erfahrungen seiner freieren Formen, aber auch Krakauers in Grenzgängen zu moderner Kammermusik gewonnenes Formbewusstsein verbinden sich zu einer spannenden, spieltechnisch überschäumenden, zeitgemäßen New Yorker Variante der ostjüdischen Party-Musik."
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MeisterKlarinettist Krakauer schmiedet Allianzen mit einer Vielzahl musikalischer Genres und definiert die Klezmer-Musik in seinen innovativen Bearbeitungen und leidenschaftlichen Bühnenperformances völlig neu. Er integriert die Tradition in sein eigenes musikalisches Universum, ohne einfach von den Ahnen zu kopieren. Krakauer, der die breiteste Palette an Gefühlen mit seinem Instrument ausdrücken kann, lässt in seiner Offenheit verblüffende Synthesen entstehen, und fast schon instiktiv scheint er immer aufs Neue zu einem Impulsgeber zu werden.
Der Titel der aktuellen CD "Bubbemeises - lies my gramma told me" ist ein jüdischer Ausdruck, der für einen urkomischen Unsinn steht. Das Programm präsentiert Klezmer-Musik wie sie Großmütter mögen, wenn sie auf chassidische Gesänge in einem Remix oder auf ein Tribute an James Brown stehen oder auf ein heftiges Ringen um das Neuerfinden jüdischer Identität mitten ins Gesicht.
Ein Konzertabend, der dem Klezmer die Inspiration seiner Ursprünge wiedergibt, seine gesellige Stimmung und nicht zu vergessen die Tanzfreude!
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Aufgewachsen in New York mit europäischer Klassik und auf diesem Gebiet bereits als Klarinettist profiliert, fand David Krakauer in den Klezmer-Klängen eine eigene musikalische Sprache und eine kulturelle Heimat. Nachdem er sich bereits Ende der achtziger Jahre den "Klezmatics" angeschlossen hatte, formierte er 1994 seine Band "Klezmer Madness!", die auf faszinierende Weise demonstriert, wie man traditionelle osteuropäische Überlieferungen mit Jazz, Rock, Funk, Soul und HipHop durcheinander wirbeln und auf diese Weise aus dem Bewusstsein für die Tradition eine neue Musik kreieren kann. David Krakauer schaut liebevoll und wehmütig in die Geschichte zurück und revitalisiert die Klezmer-Musik zugleich für das 21. Jahrhundert.
Mit "Abraham Inc." schlägt er, gemeinsam mit der Funk-Legende Fred Wesley und DJ Socalled, eine Brücke zwischen Klezmer, Funk und aktueller Jugendkultur. Überdies arbeitet der Klarinetten-Virtuose als Solist mit renommierten Sinfonieorchestern und Kammermusikensembles wie dem Kronos Quartet zusammen, wobei er auch speziell für ihn geschriebene Kompositionen interpretiert. Eng mit John Zorn verbunden und 1992 an der Aufführung von dessen Komposition "Kristallnacht" beim "Art Projekt" in München beteiligt, hat David Krakauer mit "Klezmer Madness!" (1995) die erste CD für Zorns Reihe "Radical Jewish Culture" für das Plattenlabel "Tzadik" eingespielt.
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DAVID KRAKAUER'S KLEZMER MADNESS
Die Tradition des Klezmer war noch nie so nah an der zeitgenössischen Musik wie bei David Krakauer. Und noch nie verband sich die Volksmusik der Juden so intensiv mit schrillem Jazz wie bei Klezmer Madness. Schmelzende, melancholische und freudig jubilierende Tradition wechselt abrupt mit chaotisch ausfasernden, ekstatisch pulsierenden Tutti des freien Jazz.
KRAKAUER´s ANCESTRAL GROOVE
David Krakauer clarinet, Keepalive/sampler
Sheryl Bailey / guitar
Jerome Harris / guitar
Michael Sarin / drums
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Der Klarinettist David Krakauer gilt als einer der weltweit bedeutendsten Vertreter der Klezmer-Musik und als gewichtige Stimme innerhalb der klassischen Musik. Seine Meisterschaft verschiedener Stile geht weit über das, was im Konzertbetrieb gemeinhin unter der Bezeichnung „Crossover“ gehandelt wird, hinaus. Sowohl seine Einspielungen des klassischen Repertoires als auch zahlreiche Klezmer-Aufnahmen zeugen von seinem brillanten Klang, seinem Einfallsreichtum und seiner Virtuosität.
Als ein Künstler, der sich nicht in eine bestimmte Schublade einordnen lässt, arbeitet David Krakauer mit unterschiedlichsten Instrumentalisten und Komponisten zusammen. Beispiele dafür sind Osvaldo Golijovs The Dreams and Prayers of Isaac the Blind mit dem Kronos Quartett, Tourneen mit dem Emerson String Quartet und mit dem „Musicians from Marlboro“ Tourneeprogramm sowie die Uraufführung von David Del Tredicis Magyar Madness mit dem Orion Streichquartett. Auch bei der BBC Dokumentation Holocaust, A Music Memorial from Auschwitz (Musik von Osvaldo Golijov), die 2005 einen Emmy Award in der Kategorie ‚Performance‘ gewann, wirkte er mit. Zudem arbeitete David Krakauer mit dem Juilliard und dem Tokyo String Quartet.
In den letzten Jahren hat sich David Krakauer mit seinem unverwechselbaren Klezmer-Klang auch als Gastsolist bei Sinfonieorchestern in den USA und Europa einen Namen gemacht. Er ist unter anderem mit der Dresdner Philharmonie, Pacific Symphony, Staatskapelle Weimar, Detroit Symphony, Seattle Symphony, Amsterdam Sinfonietta, New World Symphony, Phoenix Symphony, Colorado Music Festival Orchestra, Quebec Symphony, Brooklyn Philharmonic, dem Orchester der Komischen Oper Berlin und mit dem Orchestre Lamoureux aufgetreten und hat Konzerte von Osvaldo Golijov, Paul Moravec, Jean Philippe Calvin, Ofer Ben Amots und Wlad Marhulets zur Uraufführung gebracht. Dessen Konzert für Klezmer-Klarinette spielte er in 2012 in drei Erstaufführungen: Mit dem Orchestre National de Lyon unter Leonard Slatkin brachte er es in Frankreich, mit der Philharmonie Podlasie in Polen und mit dem Qatar Philharmonic Orchestra in der arabischen Welt erstmals zu Gehör. Nachdem er im Februar 2013 mit der Orchesterversion von Osvaldo Golijovs The Dreams and Prayers of Isaac the Blind beim Bilbao Orkestra Sinfonikoa zu Gast war, führt er das Werk im April 2014 mit dem Orchester des Teatro Comunale di Bologna auf.
Als eine Leitfigur der Weltmusik hat David Krakauer mit innovativen Aufnahmen und mitreißenden Liveauftritten den Klezmer neu definiert. Mit seiner Band Klezmer Madness! ist es ihm gelungen, Verbindungen zwischen Klezmer und einer Vielzahl musikalischer Genres wie Jazz, Funk oder Hip-Hop zu schaffen. Durch Auftritte bei renommierten Festivals und in bedeutenden Konzerthäusern wie der Carnegie Hall, der Biennale von Venedig, dem Kraków Jewish Culture Festival und den BBC Proms konnte Klezmer Madness! sein internationales Publikum immer wieder begeistern.
David Krakauers umfangreiche Diskographie umfasst unter anderem Aufnahmen von The Dreams and Prayers of Isaac the Blind (Nonesuch) mit Osvaldo Golijov und dem Kronos Quartett, ausgezeichnet mit einem Diapason d'or, The Twelve Tribes (Preis der Deutschen Schallplattenkritik als Jazz-Album des Jahres), In the Fiddler's House mit Itzhak Perlman und den Klezmatics (Angel) sowie Ayre mit Dawn Upshaw und Osvaldo Golijov (Deutsche Grammophon). Seine gemeinsam mit dem Posaunisten und Arrangeur Fred Wesley gegründete Band Abraham Inc veröffentlichte 2010 auf David Krakauers eigenem Label Table Pounding Records (in Europa „Label Bleu“) die CD Tweet-Tweet. Auch die Soundtracks von Ang Lees Komödie Taking Woodstock sowie von Sally Potters Tanzfilm Tango-Fieber prägt David Krakauer mit seinem einzigartigen Instrumentalklang.
Zeitungen und Zeitschriften wie die New York Times, The New Yorker und die International Herald Tribune, haben ihm ausführliche Porträts gewidmet. Als passionierter Lehrer unterrichtet er Klarinette und Kammermusik am Mannes College of Music, an der New York University, der Manhattan School of Music und dem Bard Conservatory of Music.
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Der Amerikaner David Krakauer, an der Juilliard School of Music in New York in klassischer Klarinette ausgebildet, hat einen großen Teil seiner Karriere der Kunst der Klezmermusik gewidmet. Seine erste Begegnung mit dieser Musik fand 1980 statt, als er den aus der Ukraine stammenden jüdischen Klezmervirtuosen Dave Tarras live erlebte. „Obwohl er damals schon sehr alt war und technisch nicht sehr präzise, erzeugte sein Ton bei mir Gänsehaut. Es war absolut unvergesslich!“, erinnert sich David Krakauer.
Jahrhundertelang war Klezmer in Osteuropa die Standardmusik bei Hochzeiten und anderen Feierlichkeiten der aschkenasischen Juden. Klezmer speist sich aus vielen Quellen: Volksmusik aus Griechenland, vom Balkan, aus Osteuropa und die musikalischen Traditionen der Roma fließen in dieser Musik zusammen, zu der in Gruppen oder paarweise getanzt wurde. Wie David Krakauer erklärt, unterscheidet sich Klezmer von anderen Volksmusiken durch den Einfluss der kantorischen Musik der Synagogen: „Insbesondere an dem auf Jiddisch Krekhts genannten Ornament, einer Art Seufzen, kann man den Klezmer-Klang sofort erkennen. Man erzeugt den Krekhts, indem man kleine angedeutete Extratöne einfügt. Das erzeugt die Illusion dieser emotionalen Qualität der Stimme, dieses klagenden Flehens, das man im kantorischen Singen findet.“ Der Klezmer-Stil versuche, die menschliche Stimme nachzuahmen – die Schluchzer, das Lachen, die Klagelaute der Menschheit.
Wellen osteuropäischer Immigranten erreichten die USA im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Die neuen Amerikaner hatten Klezmer im Gepäck, und in jüdischen Zirkeln florierte diese Musik ebenso wie jiddisches Theater und die Kunst des jüdischen Kantorengesangs. Ihr Klezmer absorbierte neue Einflüsse, besonders aus dem Jazz. Auch David Krakauer spielte schon als Jugendlicher Jazz, und neben seiner Violine spielenden Mutter nennt er als frühen musikalischen Einfluss den großen Jazzklarinettisten Sidney Bechet aus New Orleans: „Seine Musik wies mir den Weg zu einer Leidenschaft für den Jazz im Allgemeinen und insbesondere zu einer tiefen Bewunderung für die enorme Individualität von Künstlern wie Louis Armstrong, Coleman Hawkins, Billie Holiday, Charlie Parker, John Coltrane und dem großen Duke Ellington. Als ich anfing, Klezmer zu spielen, konnte ich diese Einflüsse, zusammen mit Klängen aus Avantgarde und Klassik, in den ‚traditionellen’ Klezmer mit einweben, um meinen persönlichen Improvisationsstil zu entwickeln.“
Als Folge des Assimilationsprozesses, den die Kinder jener Einwanderer durchliefen, war das Interesse an Klezmer in den 60er Jahren so gut wie ausgestorben. Ein erstes Revival regte sich in den USA in den 70ern, angeführt von Solisten wie Giora Feidman und Bands wie . Diese Musiker bemühten sich um eine authentische Rekonstruktion der Klezmermusik des frühen 20. Jahrhunderts anhand alter Aufnahmen und der Erfahrung noch lebender Musiker.
Während er in New York als klassischer Musiker arbeitete, inspirierte in den 80er Jahren das zweite Klezmer-Revival David Krakauer dazu, mit dieser Musik zu experimentieren. Mit seiner Band tourte er Ende der 80er weltweit. „Als ich bei den Klezmatics spielte, ging es nicht mehr darum alte Lieder nachzuspielen. Wir hatten Verstärker, wir waren laut, und wir hatten eine Haltung fast wie eine Punkband“, erklärt David Krakauer. Sowohl in Europa als auch in den USA gewann Klezmermusik viele nichtjüdische Fans. Eine Tournee aus seiner frühen Zeit mit den Klezmatics ist David Krakauer in besonderer Erinnerung: „Plötzlich war ich auf diesem Festival in Berlin. Wir spielten vor tausenden von jungen Berlinern. Sie feierten eine richtige Party, und ich dachte, das ist ja wirklich anders hier.“ Auf Konzertreisen durch ganz Europa hat David Krakauer immer wieder festgestellt, wie berührt Menschen von der Evolution dieser Musik sind, die aus Osteuropa nach Amerika wanderte und, transformiert durch die amerikanische Perspektive, nach Europa zurückkehrte. Hier wurde in den letzten zwei Jahrzehnten Klezmer auch zu einem Bekenntnis für den Multikulturalismus: „Vor dem zweiten Weltkrieg waren Juden die multikulturellen Europäer“, sagt David Krakauer. „Jüdische Klezmermusik zu spielen erscheint als ein pro-multikultureller, pro-humanistischer politischer Akt, ohne dass man dabei den pädagogischen Zeigefinger heben oder mit einer Flagge wedeln müsste.“
Mittlerweile sind auch Komponisten dem Reiz des Klezmer erlegen. Mit eigens für ihn geschriebenen Stücken wie Wlad Marhulets Konzert für Klezmer-Klarinette und Orchester, das er im Juni 2012 mit dem Orchestre National de Lyon aufgeführt hat, oder Osvaldo Golijovs The Dreams and Prayers of Isaac the Blind, das er in Städten wie Detroit, Berlin, München, Dresden und Madrid aufgeführt hat, trägt David Krakauer heute als gefragter Solist und Kammermusiker seine Erfahrungen aus Klassik und Klezmer in den Konzertsaal. Golijovs Komposition hat er ebenfalls als Streichquartettversion mit dem Kronos Quartet aufgenommen und getourt. Daneben geht er weiterhin mit seiner weltberühmten Band Klezmer Madness! sowie mit Abraham Inc., einem Projekt, das Klezmer mit Funk und Hip-Hop verbindet, auf Tournee.