Watschengesicht
Der Tiroler ist in seinen Beobachtungen sehr genau, weshalb er der ideale Zeuge für jedes Vorkommnis ist. Mit dem Ausdruck „Watschengesicht“ meint er beispielsweise ein Gesicht, in das man einfach hinein hauen muss!Und siehe da, die Realität gibt der Sprachpotenz immer wieder Recht.
Als dieser Tage eine Speckschwarte einer Liftstütze eine in die Gosche haute, sagten neun von zehn Tirolern, das ist richtig, ein Watschengesicht muss gewatscht werden. Selten einmal wurde eine Watsche als so gesund empfunden wie, jene, die der selchende Ober-Oberländer dem seilbahnenden Hinter-Oberländer verpasst hat. Selbst Pädagogen, die sonst jede Watsche strikt verbieten, sagen einhellig, dieses Mal musste sie sein, denn jede Ausnahme bestätigt die pädagogische Regel.
Freilich gibt es in Wirtschaftskreisen eine leichte Irritation, weil nicht klar ist, ob es sich beim "Watsching" um eine neue Marketingstrategie handelt oder jemandem nur zufällig die würzende Speckhand ausgekommen ist. Beides ist für das Leitbild von Wirtschaftstreibenden gleich schlimm.
Handelt es sich nämlich um einen Trend, dann haben ihn alle verschlafen, „handelt“ es sich aber um einen Ausrutscher auf tiefstem Niveau, dann ist das hohe Niveau der Wirtschaftstreibenden gefährdet. Vermutlich wird man beim nächsten Neujahrsempfang der Wirtschaft einen generellen Watschentanz aufführen und die Siebzigstundenwoche für alle einführen.
Die gewöhnlichen Menschen freilich, die die Wirtschaft als Konsumenten sinnloser Produkte erleben, ahnen die pure Wahrheit: Selbst bei den Gestopften und Betuchten geht es ziemlich primitiv zu, wenn es sich dabei um Tiroler handelt.