Zwischen nuttig und Nutella
Mittlerweile werden die Tiroler Postkästen im Zweitagesrhythmus von mickrigen Gratiszeitungen vollgestopft. In Innsbruck erledigen diese Verstopfung immer das rote „tip“ und das blaue „Stadtblatt“.Diese Blätter haben ein geradezu Ekel erregend süßliches Niveau und die Klebrigkeit der Berichte erinnert an Nutella. Was heißt Berichte, in diesen roten und blauen Entsorgungsblättern steht mittlerweile rein gar nichts mehr drin.
Glossen, Gedanken oder gar recherchierte Beiträge sind längst samt ihren ehemaligen Schreibern in der Versenkung verschwunden. Jene paar Zeilen, die noch wie ein Beitrag ausschauen, sind nach dem Muster von geographischen Tatsachen und Bildbeschreibungen aufgebaut.
Die Museumstraße – immer noch da!
Die Erlerstraße – bald wieder da!
Die Speckbacherstraße – immer noch ausgestorben!
Die Straßenbahn – immer noch alt!
Die Stadtregierung – immer emsig da!
Während das rote Blatt zu einer reinen Fresszeitung verkommen ist, worin ständig berichtet wird, dass Kellnerinnen die Vorspeise zu Beginn und das Dessert am Schluss der Verdauungswinde servieren, gibt es im blauen Blatt Nutten, bis es einem die Augen verdreht.
Was denken sich die Herausgeber solcher Zeitungen eigentlich? Sie wollen Cash machen und verwenden unsere Postkästen dazu, aber warum können sie nicht wenigstens einen Hauch von Zuwendung mit ihrem Geschäft verbinden?
Warum werden wir Tiroler flächendeckend als Hormontrottel behandelt, die nichts als Geilheit im Kopf haben?
Und dann gibt es immer noch so kindische Kultureinrichtungen wie das Bierstindl oder das Literaturhaus, die in diesen Affenzeitungen inserieren. Als ob es Sinn macht, einen polnischen Literaturabend unter den Nuttennummern polnischer Einwegdamen zu verstecken.
Der Markt ist ja ein geduldiges Ding, aber manchmal kippt der Markt, und dann ist er hin. Diese Bezirks-, Stadt- und Blickblätter haben es mittlerweile geschafft, den Lesern die letzte Leselust zu nehmen. Das ist schade, denn es gibt ja jede Menge Nachrichten und Geschichten, die man den Tirolern durchaus erzählen könnte.