treibhaus

Kulturprogramm für Stadtbenützer

Spielplatz am Volksgarten. Angerzellgasse 8, 6020 Innsbruck. Geöffnet alltäglich von 16:00 bis Sperrstund ist.

GIANMARIA TESTA

Sind es Lieder oder sind es Geschichten, die Gianmaria Testa mit ruhiger, rauchiger Stimme vorträgt? Ganz auf das Wesentliche reduziert: Aus Text, Melodie und Harmonie entfaltet sich eine eigene Welt. Nur auf den ersten Blick scheint sie klein: Gesten und Blicke gewinnen Bedeutung und das Warten auf einem stillen Bahnhof kann der Beginn einer weiten Reisen zu sich selbst sein.
Der  Bahnhofsvorsteher aus dem Piemont erzählt von alltäglichen Menschen und alltäglichen Situationen. Teils melancholisch und manchmal mit einem Hauch von Ironie ist er der Poesie des Alltags auf der Spur. Dabei schafft er es, mit rauchiger Stimme und Gitarre seinen Liedern ein Gewicht zu geben, wie sonst nur wenige.
Gianmaria Testa zählt zu den mit Abstand interessantesten italienischen "cantautori", in seiner Heimat und in Frankreich ist er schon lang ein Star.

"Mehr noch als aus der Musik entspringt meine kulturelle Identität dem Fakt, dass ich seit vielen Jahren auch Bauer bin. Mein Vater war schon Bauer und die ersten 20 Jahre meines Lebens habe ich mit ihm gearbeitet. Und ich habe das Gefühl, dass sich durch die Arbeit auf der eigenen Scholle die eigenen Wurzeln noch tiefer in diesen Boden graben. Das vergesse ich nie, wo auch immer ich bin. Und ich identifiziere mich auch mit meinem Dialekt. Mit meinem Bruder, meinem Vater und meiner Mutter spreche ich nur Piemontesisch. Das ist meine Muttersprache, das ist meine kulturelle Identität."

So beschrieb sich Gianmaria Testa selbst. Und er war immer ein wenig stolz darauf, seinen eigenen Wein oder das eigene Olivenöl zu produzieren. Nicht um es zu verkaufen, sondern um etwas Sinnvolles zu erschaffen. Dieses Bild von ihm als Bauern fand auch oft Eingang in seine Konzerte. Man hatte ohnehin den Eindruck, er würde lieber viel mehr Geschichten erzählen, als immer nur die gleichen Lieder zu singen. Denn eigentlich wollte er das Publikum - egal ob in Italien, Frankreich oder Deutschland -  nicht unterhalten. Er wollte auch dessen Geschichten hören. Eben weil er so in seiner Erde verwurzelt war.

"Verwurzelt zu sein bedeutet, sich nicht von anderen abzugrenzen. Wenn man weiß, woher man kommt, kann man sich für andere öffnen. Das ist genau das Gegenteil von dem, was uns politische Parteien wie die Lega Nord erzählen. Und jeder, der in das Gebiet kommt, wo ich meine Wurzeln habe, der bereichert es mit seinen Erfahrungen, die über meine hinaus gehen. Ohne mich zu entwurzeln."

Die Karriere Gianmaria Testas begann spät. Erst als ein Freund einige seiner Lieder an einen Wettbewerb nach Frankreich schickte, wagte sich der auf eine Bühne. Da war er schon 30 Jahre alt. In Frankreich erschien dann Jahre später auch seine erste CD. Was seine mediale Präsenz anging, hielt er sich meist sehr zurück. Er trat lieber in Theatern und unabhängigen Buchhandlungen auf, die von Schließung bedroht waren. Er hatte stets das Gefühl, im Ausland würde man ihm viel genauer zuhören. So tourte er ausgiebig durch Frankreich, kam sogar bis nach Japan und in die USA – um über alles, ohne ein einziges Wort Englisch, auf der Bühne zu sprechen. Bei seinen Konzerten hatte er dafür immer einen Dolmetscher mit dabei, denn Gianmaria Testa wollte lieber gut übersetzt werden, als dass er sich selbst schlecht und vor allen Dingen ungenau ausdrücken würde.

Gianmaria Testa war kein Sänger für die Hitparaden. Er wollte am liebsten immer nur auf der Bühne stehen. Noch lieber allerdings wäre es ihm gewesen, wenn sein Publikum zu ihm gekommen wäre, denn die Tourneen bedeuteten auch stets eine Trennung von seiner Familie. Die war ihm wichtiger als seine Karriere. Um diese ging es Testa ohnehin nie. Wenn, dann ging es um das Lied selbst.
"Ein Lied hätte eine kleine Funktion. Aber es ist, mehr noch als andere Formen der Kommunikation, ein Opfer des Marktes geworden. Es dient nur noch dazu, Platten oder Eintrittskarten zu verkaufen. Das ist mir stets bewusst. Deswegen habe ich ja 25 Jahre bei der Bahn gearbeitet. Dadurch war ich als Musiker völlig frei. Ich hatte ja meine Arbeit! Es ist schade, dass es nicht mehr so ist, denn jetzt muss ich von meiner Musik leben und für mich ist es absurd, dass man seine Lieder in Geld umrechnen muss. Das ergibt keinen Sinn!"

So setzte er das um, was ihm sein großes Idol, der französische Chansonnier und Anarchist Leo Ferré vorgelebt hatte: Erfolg drückte sich nicht in Geld aus, sondern im Lachen des Publikums über einen kleinen Witz von ihm. Und hätte er keinen Erfolg gehabt, er hätte trotzdem diese kleinen, ruhigen Lieder geschrieben, die dem Publikum ein feines Lächeln aufs Gesicht zaubern oder eine Betroffenheit. Laute Gefühle auf der Bühne waren ihm immer fremd. Denn dort, auf der Bühne, da ging es nur um seine Lieder - niemals um ihn.

"Als Fotograf macht man ein Foto, ein anderer schreibt ein Gedicht oder in meinem Fall ein Lied. Aber nicht, damit es jemand anderes hört. Es geht doch nur darum, die eigenen Gefühle wie bei einem Psychoanalytiker an die Oberfläche zu holen. Wenn man das einmal geschafft hat, kann man sich den Luxus gönnen, sie jederzeit anzuschauen oder nachzuerleben. Das heißt es für mich, ein Lied zu schreiben. Mehr nicht."

Gianmaria Testa wird 1958 in der italienischen Provinz Cuneo geboren. Als Spross einer Bauernfamilie, in der alle singen, beginnt auch Gianmaria schon als Junge, am Sonntag in der Kirche zu singen. Gleichzeitig lernt er als Autodidakt das Gitarrespiel und komponierte -  kaum dass er die ersten Akkorde gelernt hatte -  sein erstes Lied. Nach einigen kurzen Erfahrungen als Gitarrist und Sänger von kleineren Rockgruppen entdeckt er seine Ader als einsamer Instrumentalist.

1993 und 1994 gewinnt er den ersten Preis des Festivals von Recanati, das dem Liedermacher-Nachwuchs gewidmet ist. Im ersten Jahr wird ihm von ein paar begeisterten Kennern der Branche nahegelegt, mehr Rhythmus in seine Kompositionen einfließen zu lassen und sich einen melancholischen Look für die unumgänglichen Fernsehauftritte zuzulegen. Doch Gianmaria, der sich mit den zynischen Regeln des Marktes nicht so recht anfreunden kann, kehrt lieber wieder in seinen Beruf als Bahnhofsvorsteher von Cuneo zurück. (Ein Thema, über das er nicht gerne viele Worte verliert: Seiner Meinung nach ist es nichts Außergewöhnliches, dass ein Bahnhofsvorsteher Lieder schreibt...)

Im darauffolgenden Jahr stellt ihn ein Journalist die französische Produzentin Nicole Courtois Higelin vor, die sich seine Lieder für Stimme und Gitarre auf einem Demoband anhört und gut findet. Ein knappes Jahr danach, 1995, produziert sie in Frankreich die erste CD von Gianmaria Testa, "Montgolfières", auf der seine warme, verhangene Stimme eine Welt aus Wind und Erinnerung, aus Erde und Nebel beschreibt, aus Gegenständen, die von einem Himmel in den nächsten fliegen und aus 'Frauen auf Bahnhöfen' (Donne nelle stazioni), die am Arm irgendeines Anderen wegfahren, ohne sich umzudrehen. Die Musik besteht aus klaren Melodien, die aus einem ebenso üppigen wie persönlichen Universum auftauchen, in welchem Tango, Bossanova, Habanera und Jazz Seite an Seite stehen. Und dennoch sind seine Linien auf das Wesentliche beschränkt, rein und einfach wie festgehaltene Skizzen.

Auf die von der Kritik bestens aufgenommene CD folgt im Februar 1996 der Auftritt in einem der wichtigsten Clubs von Paris, dem New Morning. Bei dieser Gelegenheit entpuppt sich Testa als ein Künstler mit großer Präsenz, der die Freude am Musizieren mit einer ausgezeichneten Gruppe von Musikern wie David Lewis (Trompete), Jon Handelsman (Saxophon, Klarinette), den Brüdern François und Louis Moutin (Kontrabaß bzw. Schlagzeug), Leonardo Sanchez (Gitarre) und René Michel (Akkordeon, Klavier) teilt.

Im Oktober 1996 erscheint seine zweite CD "Extra-Muros" (ebenfalls von Nicole Courtois Higelin produziert). Die Stimme scheint noch reicher und tiefer, während die Instrumentalparts seiner Partner auf im New Morning von großer Freiheit geprägt sind.

Zwischen pulsierenden Jazzrhythmen, ausbrechenden Fanfaren, Pianosoli und plötzlichen Ruheinseln erzählt uns Gianmaria Testa von den Schwierigkeiten, den Tag von der Nacht zu unterscheiden (Il mio gallo), von einer Frau, die es zu entdecken gilt (Come un'America), vom Paradies, das niemals für die Armen bestimmt ist (La ca sla colina), von der Lust, "bis zu dem Punkt, wo der Fluß das Meer streichelt" zu gehen (Il viaggio).

Wenn Testa die Liebe besingt, benutzt er unkonventionelle Bilder: "Deine Liebe ist eine Kastanie, die auf den Lippen und in den Händen brennt und einen Sonntag lang wärmt und satt macht." (Extra-Muros).

Die Kraft und die tiefe Faszination von Testa liegen gerade in der Aufrichtigkeit und in seiner eleganten, gemessenen Art, von der Melancholie, dem Licht und dem Schmerz zu erzählen. Am Bahnhof von Cuneo sieht Gianmaria nicht die Züge, sondern nur leuchtende Punkte auf dem Bildschirm, alles andere gehört der Ebene des Traums und der inneren Freiheit, der Philosophie eines Traumreisenden an.


PRESSE


“Frauen am Bahnhof, Flüsse, die ins Meer münden, das Automobil, in dem jemand wartet - unaufgeregt beschreibt der norditalienische Liedermacher Gianmaria Testa Alltägliches und bringt das Sinnbildliche zur Sprache.” (Süddeutsche Ztg)

"Ein Meisterwerk intimer und privater Musizierfreude."
BAYERISCHER RUNDFUNK

"Seine im Plauderton zur akustischen Gitarre vorgetragenen Lieder auf "La valse d'un jour" haben den Charme des mediterranen Intellektuellen, der Chanson mit Canzone verknüpft und dafür aus dem lyrischen Fundus von Generationen schöpft. Liebe und Verlust, Freude und Abschied – kleine Themen werden bei Testa zu großen Liedern, melancholisch, mit einem Hauch von Ironie, der Poesie des Alltags auf der Spur."
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG

"Aber wenn es einen Bänkelsänger alter Schule gibt, dessen lyrische Erzählkünste keine vokalen Skurrilitäten, keine verkrampften Sidesteps via Jazz benötigen, dann ist es eben Testa. Ohne Hast und doppelten Boden, aber mit der Verführungskraft eines grappagetränkten Tiramisù hat der Mann aus dem Piemont viele seiner Ohrwürmer wie Lampo auf den intimen Ausdrucksradius zurückgeschraubt. Singt er den post-alpinen Blues als eine versöhnliche Liaison aus Melancholie und verzaubernder Schönheit."
JAZZTHETIK

"Seine Stimme drängt sich nicht auf, und ist doch ständig präsent, setzt Nuancen, wo sie notwendig sind, und verzichtet, wie auch sein Partner, auf überladene Elemente. Das nicht Gesungene und nicht Gespielte ist ein wertvoller Teil des Albums, es entfaltet die Poesie und führt uns zum Song hinter dem Song. Die Intimität der Lieder zeichnen den Alltag nach, verlegen ihn für uns Großstädter jedoch ins Abstrakte. [...] Nehmen Sie sich Zeit. Versäumen Sie nichts. Sie werden es nicht bereuen."
JAZZ ZEIT

"Testa hat diese besondere Unbeschwertheit mediterraner Intellektualität. Seine Lieder sind geplauderte, andeutungshaft gesungene Miniaturen des Alltags, die ohne großen Pomp direkt die rotweinverhangenen sehnsüchtigen Seelen treffen."
BLUE RHYTHM

"Eine rauchige Baritonstimme, die ein unglaubliches Charisma ausstrahlt, sparsam nur von akustischer Gitarre und Akkordeon begleitet. Eine Musik, die mit Bezeichnungen wie Folk oder Chanson nur einseitig etikettiert werden würde: gefühlvoll, aber nicht sentimental, melodisch, aber nicht schnulzig. Gianmaria Testa beweist hier ein überragendes Niveau, ohne seine italienische Herkunft zu verleugnen."
STEREO

"Da singt das Publikum begeistert den vokalen Refrain mit, und fordert folgerichtig die Zugabe. Testa erfüllt mit zwei seiner Hits, bei denen Mirabassi teilweise perkussiv arbeitet und der prasselnde Regen, wie schon den ganzen Abend seinen Soundtrack liefert. Zauberhaft!"
Thüringer Allgemeine
,,Ein magisches Konzert: Es dauerte zwar kaum zwei Stunden, bot aber eine Fülle an Liedern, da Testa nur selten zwischendrin etwas sagte. Zwei Mal ließen sich die drei vom Publikum zurück auf die Bühne klatschen bis zum finales ,,Arrivederci“. Das Reutlinger Publikum will das als ,,Auf Wiedersehen“ übersetzt wissen – mit Sicherheit.“
Tagblatt

"Ein Meisterwerk intimer und privater Musizierfreude."
Bayerischer Rundfunk

"Hingerissen war das Publikum von Gianmaria Testa im Landsberger Stadttheater. Testa, dessen Stimme an Paolo Conte erinnert, brachte es im Stadttheater auf einen Besucherrekord."
Landsberger Tageblatt
"So geriet das Konzert von Gianmaria Testa, neben den politisch wie poetisch gehaltvollen Texten seiner Lieder, vor allem zu einem sehr leisen und akustisch anspruchsvollen Erlebnis."
Süddeutsche Zeitung

"Der Mann mit der dunklen, rauen Stimme aus dem Piemont findet ungeheuer poetische Bilder, die tief unter die Haut gehen."
Folker

"Gianmaria Testa beweist hier ein überragendes Niveau, ohne seine italienische Herkunft zu verleugnen."

Stereo
"kleine Themen werden bei Testa zu großen Liedern, melancholisch, mit einem Hauch von Ironie, der Poesie des Alltags auf der Spur."
Süddeutsche Zeitung

"eine versöhnliche Liaison aus Melancholie und verzaubernder Schönheit."
Jazzthetik