Gerardo Núñez: Neue Schule der Flamenco-Gitarre
Die Flamenco-Gitarre hat in den letzten 30 Jahren eine grundlegende Erneuerung erfahren, in der sich die traditionellen Spielweisen mit den unterschiedlichsten Strömungen und Stilen (Jazz, Rock, klassische Gitarre, lateinamerikanische Rhythmen, arabische Elemente etc.) vermischt haben. Unter den zahlreichen Gitarristen der Neuen Schule, die den Spuren des Revolutionärs der Flamenco-Gitarre Paco de Lucía gefolgt sind, ist an erster Stelle Gerardo Núñez zu nennen.
Gerardo Núñez gilt neben Paco de Lucía als einer der wichtigsten Vertreter des zeitgenössischen Flamenco. Er ist ein inspirierter Meistergitarrist und virtuoser Grenzgänger, der aus der reichen Tradition des andalusischen Flamenco schöpft, ihn aber auch mit Elementen des Jazz und Rock bereichert. Núñez arbeitete in den vergangenen Jahren unter anderem mit Andreas Vollenweider, dem Pop-Idol Julio Iglesias und der Rock Formation Mecano, außerdem entstammen zahlreiche Kompositionen seiner Feder. Seine aktuelle CD 'Neue Schule der Flamenco-Gitarre' widmet sich den Hoffnungsträgern seiner Zunft, eine Unterstützung, die - aus Núñez Sicht - seiner wie auch früheren Generationen fehlte. So lud er im Frühjahr 2002 fünf Gitarristen im Alter zwischen 15 und 31 Jahren zu sich ins Studio ein, um einige ihrer Kompositionen gemeinsam auszuarbeiten und aufzunehmen. In den daraus entstandenen 67 stilistisch sehr vielfarbigen und intensiven Minuten wird deutlich, dass der einst vom Revolutionär der Flamenco-Gitarre Paco de Lucía weitergereichte Staffelstab bei den jungen Kollegen längst in guten Händen ist.
In der 'Neuen Schule der Flamenco-Gitarre' geht es im Vergleich zu ihren historischen Vorläufern großen heterogener und individueller zu. Einen wesentlichen Bedeutungswandel erfuhr die Flamenco-Gitarre Mitte des 19. Jahrhunderts während der Hoch-Zeit der sogenannten Cafés Cantantes. Ursprünglich lediglich der Gesangsbegleitung dienend, wurde jetzt das Gitarrenspiel durch die zunehmende Virtuosität der Spieler zur eigenen Kunstform. Was Ramón Montoya, eine Art Neo-Klassizist auf der Flamenco-Gitarre, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in dieser Hinsicht für den 'toque' leistete, setzte später Paco de Lucía auf seine sehr eigene Art fort. Er erweiterte den Aktionsradius der Flamenco-Gitarre durch die Einbeziehung anderer Musikstile und -traditionen.
Núñez trägt dieses Erbe weiter, und in Begleitung der drei jungen Gitarristen José Manuel León, 'Cano' Juan Antonio Suárez und Miguel Angel Cortés sowie dem Perkussionisten Angel Sanchez verspricht er dem Publikum einen Abend voller Geschichten, die von Meistern des Neuen Flamenco erzählt werden.
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Neben Paco de Lucia gilt der Gitarrist Gerardo Nunez als Institution des Flamencos. Weltweite Beachtung erfuhr er als Kopf des international besetzten Nu Flamenco-Projekts »Jazzpana II«, das auf dem World-jazz-Label ACT erschien. Die Produktion mit Michael Brecker, Fareed Haque, Renaud Garcia-Fons und Colin Towns überzeugteKritiker, Booker und Fans gleichermaßen und bescherte einen feinen finanziellen Rückfluss. ACT-Chef Siggi Loch verwirklichte damit wieder mal eine Vision sehr erfolgreich. Der Flamenco-Liebhaber hatte die Fusionvon Flamenco und Jazz im Jahr 1993 mit dem Produzenten Arif Mardin angeschoben und erhielt für »Jazzpana (I)« zwei Grammy-Nominierungen. Für Nunez war das Nachfolgeprojekt eine exzellente Plattform, um seinekünstlerische Breite zu dokumentieren, stilistisch wie auch von der Expression her, die den Bogen vom puristischen Konzert bis zur Funken sprühenden Fiesta spannt. Der Andalusier gehört zu den wenigen Musikern des Genres, die auch mit Vertretern anderer Stilrichtungen zusammenarbeiten, etwa mit Plácido Domingo, Julio Iglesias, Andreas Vollenweider oder der Rockband Mecano. Er formierte zusammen mit Enrico Rava, Richard Galliano und Eberhard Weber ein außergewöhnliches europäisches Quar-tett. Für Carmen Cortes’ weltweit bekannte Compania de Danza schrieb Nunez verschiedene Werke, die in Kooperation mit dem spanischen Kulturministerium weltweit aufgeführt wurden. Mit seinem zweiten Album »La nueva escuela de la guitarra flamenca - The New School Of Flamenco Guitar« gelang es ihm, den Stellenwert der regen spanischen
Szene ins europaweite Licht zu rücken. Für Nunez sind Tanz und Emotion wichtig: »Ich liebe die Flamenco-Rumba, sie ist ein Mix verschiedener Einflüsse von Afrika bis zur Karibik. Sie steht für Fröhlichkeit mit Niveau.« Sie kontrastiert mit Melancholie und Traurigkeit, wie sie auch der Blues so schön transportiert: »Ja, es gibt gewisse Parallelen zwischen Flamenco und Blues. Die Menschen, die diese Musik spielen, stammen aus verschiedenen Lebenskreisen, aber es verbindet sie die Lebenserfahrungen, ihre Gefühle und die Geschichten, die sie zu erzählen haben.«